
Zitat von
Demokrat
Jepp, richtig. "KillFile" ist so ein alter Programmiererbegriff aus Zeiten vor dem allgemeinen Internet, der irgendwie bei mir hängengeblieben ist.
Ich fasse das mal alles zusammen und stimme dir gleichzeitig zu. Die etablierten Parteien haben sich völlig von ihrer ursprünglichen Klientel entfremdet und sind gleichermaßen formlos geworden. Das betrifft vor allem die "linken" Parteien, aber auch die CDU, während sich die FDP noch einigermaßen über Wasser halten kann, wenn auch nur bedingt.
Ich liste die Parteien mal auf, und zwar infolge meines persönlichen Unmuts:
SPD - Das war mal die Partei des kleinen Mannes, die Partei der Arbeiter und Angestellten, die Hand in Hand mit den Gewerkschaften agierte. Die SPD trug mal den Sozialismus im Emblem.
Seit Schröder ist das alles vorbei. Schröder senkte den Einkommenssteuerhöchstsatz, er lockerte das Kündigungsrecht, er verstärkte die Zeitarbeit, führte Hartz-IV ein und öffnete den deutschen Aktienmarkt für Heuschrecken. Seitdem ist die SPD kaum wiederzuerkennen und hat sich weiter verschlechtert. Heute ist die SPD eine Mittelschichtpartei für Bürger mit gesichertem Einkommen.
LINKE - Die Linke war ursprünglich ein Zusammenschluss aus Ex-SED und SPD-Abspaltung WASG, also die Partei des Prekariats, nachdem die SPD das nicht mehr sein wollte. Aber die Linke hat auch etliche Steinzeit-Kommunisten und Putin-Freunde, was sie für die meisten Bürger unwählbar macht. Und sie hat eben auch nie was erreicht, weil sie selber über Jahre verhindert hat, mit Rotgrün zu koalieren, da sie ja auch noch gegen NATO und z.T. EU waren. Und sie haben sich selber als eine Art Underdog gesehen, dem die Stimmen der Besitzlosen allein reichten. Aber als dann auch dank Wagenknecht immer mehr Wähler direkt zur AfD wechselten, und die Linke keine Hilfe wusste, wurde sie immer obsoleter. Auch die Linke hat heute kein griffiges Konzept mehr, was sie als Alleinstellungsmerkmal gegenüber Rotgrün geltend machen könnte.
GRÜNE - Ja, was soll man da noch sagen?! Von der liberalen Anti-Establishment-Partei der 80er zur konformistischen Vorschreibe-Partei der Gegenwart. Keine etablierte Partei hat so einen Wandel hingelegt wie die Grünen, die Realos haben vollständig über die Fundis gesiegt. Wer heute noch die Grünen wählt, der hat ein gesundes Bewusstsein gegenüber Umwelt-, Klima- und sonstigen Fragen, aber das kann er sich auch leisten, denn der ehemalige Protest ist komplett in bürgerlichem Gutwohlsein abgesoffen. Die grünen Studenten von damals sind die gut verdienenden Akademiker von heute, und grünes Bewusstsein ist vor allem eine Frage des Einkommens. Wenn andere Bürger dem Bewusstsein nicht folgen können, bleiben sie auf der Strecke oder wählen lieber anders.
CDU - Diese Partei hat mal alle rechts der Mitte abgeholt, und man musste aus ausgewiesener Neonazi o.ä. sein, um mit der CDU nicht übereinzustimmen. Da gab es dann in kurzen Wellen die NPD oder die Republikaner, aber die verschwanden auch wieder. Sicher, in der CDU versammelte sich vor allem in der Provinz oft übles Volk, aber man hatte sie im Zaum, und sie wählten eben auch niemand anderes. Merkel hat entgegen Schröder ein paar Jahre zuvor genau das Gegenteil bewirkt. Wo Schröder die SPD nach rechts führte, um der CDU Stimmen abzugraben, wendete Merkel das Blatt und führte die CDU nach links, wovon sich die Partei bis heute noch nicht erholt hat, und was letztlich auch den bisweilen erheblichen Spielraum für die AfD eröffnete.
FDP - Ja, die FDP hatte immer das liberale System im Blick mit einem möglichst schwachen Staat oder zumindest einem, der sich nicht einmischt, aber dazwischen verschwammen die Facetten doch deutlich. Von der nationalliberalen Partei der Nachkriegsjahrzehnte mit dem höchsten Ex-NSDAP-Anteil bis hin zur sozialliberalen FDP der 70er zu Zeiten von Willi Brandt, als wahrhaft große Politiker wie Karl-Hermann Flach, Walter Scheel und Gerhart Baum den Ton angaben. Heute stellt sich die FDP vor allem in den Dienst der besserverdienenden Bürger und versucht, die Staatskontrolle zurückzudrängen, während gleichermaßen für mehr Subventionen appeliert wird.
Ich wähle seit Jahren nur noch Kleinparteien. Sicher, die schaffen es wahrscheinlich nicht ins Parlament, aber dafür war meine Wahl wenigstens eine des Herzens und der Vernunft.