Welt / Geschichte / 16.08.2019
TRUMPS GRÖNLAND-PLÄNE
So kauften und raubten sich die USA halb Nordamerika
Donald Trumps Vision von einem Erwerb Grönlands hat zahlreiche Vorbilder in der Geschichte. Nach ihrer
Unabhängigkeitserklärung 1776 vergrößerten sich die USA vor allem durch
Kauf – und
Kriege.
Das Denkspiel, das US-Präsident Donald Trump offenbar gegenüber Vertrauten geäußert hat, ist nicht ohne jede Substanz: Er wolle mit
Grönland die größte Insel der Welt kaufen und zu einem
US-Bundesstaat machen. Noch sei es ihm nicht ernst damit, berichten amerikanische Medien. Aber so ganz ist die Sache nicht aus der Welt. Schon einmal, 1946, schlugen die USA Dänemark (dessen weitgehend autonomes Außengebiet Grönland ist) vor, das gut 2,1 Millionen Quadratkilometer große Areal in der Arktis zu kaufen.
Donald Trump denkt über Kauf von Grönland nach
Donald Trump hat mit Mitarbeitern und Vertrauten über den Kauf von Grönland für die USA gesprochen. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine politische Führung der USA den Kauf der größten Insel der Erde erwägt. So bizarr das Ansinnen auf den ersten Blick erscheinen mag, fügt es sich doch trefflich in die
Expansionsgeschichte der Vereinigten Staaten ein. Trump könnte sogar auf das Beispiel von Thomas Jefferson verweisen, einem der Gründerväter der USA, der als Erster mit einem Sack Geld die Grenzen der USA um mehr als 2,1 Millionen Quadratkilometer erweitert hatte.
Im Grunde ist die Geschichte der USA eine einzige Aneinanderreihung von Landkäufen und -eroberungen. Als die 13 englischen Kolonien 1776 ihre Unabhängigkeit erklärten, umfassten sie gerade einmal 151.000 Quadratkilometer, nur wenige Prozent der Fläche also, die die USA heute umfassen.
Noch während des Unabhängigkeitskrieges gegen die Briten und ihre hessischen Söldner kam es zur ersten großen Erweiterung dieses Territoriums:
Der Bundesstaat New York erklärte sich zum Eigentümer eines riesigen Gebiets von den Großen Seen im Norden bis an den Rand des von Georgia beanspruchten, von
Ureinwohnern bewohnten Gebietes. Irgendeine Rechtfertigung für diese Expansion gab es nicht. Vier Jahre später erklärte sich der Staat Virginia zum Eigentümer großer Gebiete zwischen dem Michigan- und dem Oberen See.
15 Millionen Dollar zahlte Washington 1803 an Frankreich für das riesige Louisiana-Territorium
Der Friede von Paris 1784, der den Unabhängigkeitskrieg beendete, definierte das Staatsgebiet der Vereinigten Staaten inklusive dieser Ansprüche, doch waren große Areale noch nicht annähernd erschlossen oder gar besiedelt. Die gewaltsame Expansion auf Kosten der Ureinwohner begann erst jetzt und dauerte Jahrzehnte. Formal legal war hingegen der Kauf des Territoriums von Louisiana 1803. Frankreich beanspruchte das riesige Gebiet von der Mündung des Mississippi bis an die heutige kanadische Grenze. Der dritte US-Präsident Thomas Jefferson wollte eigentlich nur die Stadt New Orleans kaufen, vielleicht mit der Umgebung, und setzte dafür einen Verhandlungspreis von zehn Millionen Dollar an. Allerdings bot Frankreich dann überraschend seine vollständigen Ansprüche westlich des Mississippi an – für 15 Millionen Dollar. Obwohl die Verhandlungsführer der USA, der spätere fünfte Präsident James Monroe und der Botschafter in Frankreich Robert Livingston, weder von Jefferson noch vom Kongress autorisiert waren, darüber zu verhandeln, griffen sie zu. Napoleon brauchte zum Ausbau seiner Grande Armée Geld, außerdem schwächte jede Stärkung der USA die Position seines Hauptgegners Großbritannien.
Fünf Millionen Dollar für Florida
Noch fehlte den USA aber die Halbinsel Florida, um die Ostküste Nordamerikas bis in die Karibik zu beherrschen. 1819 nutzte Außenminister John Quincy Adams die Schwäche Spaniens aus: Nach verlustreichen Kriegen gegen die Ureinwohner hatte die Seemacht nicht mehr genug Kapazitäten, alle seine beanspruchten Territorien zu halten. Die USA erkannten eine Linie aus Sabine River, Red River und Arkansas River sowie entlang des 100. Längen- und des 42. Breitengrades bis zur Pazifikküste als Grenze zum spanischen Gebiet an. Das war nur die Anerkennung der faktischen Lage, denn hier herrschte tatsächlich, von Mexiko aus, Spanien – einschließlich des heutigen
Bundesstaates Texas.
Florida und
spanische Besitzungen am Nordufer des
Golfes von Mexiko gingen an die Vereinigten Staaten. Im Gegenzug sagte Washington zu, Schulden der spanischen Krone bei den Einwohnern in Höhe von bis zu fünf Millionen Dollar zu übernehmen. An Spanien floss deshalb
kein Geld.
Im Krieg gegen Mexiko 1846 bis 1848 gewannen die USA fünf spätere Bundesstaaten
Doch auch diese Grenzlinie war nicht von Dauer: 1845 annektierten die USA die neun Jahre zuvor ausgerufene
Republic of Texas – allerdings mit Zustimmung der Mehrheit der europäisch verwurzelten Bevölkerung, die 1836 ihre
Unabhängigkeit von Mexiko erstritten hatte. Nach der Meinung der Ureinwohner fragte niemand; allerdings handelte es sich auch um vergleichsweise wenige. Die Aufnahme von Texas in die USA löste den
Mexikanisch-Amerikanischen Krieg aus, der nach knapp zwei Jahren mit einem klaren Sieg der USA endete. Im Vertrag von Guadalupe Hidalgo im Februar 1848 erhielten die USA die bis dahin mexikanischen, ehemals spanischen Gebiete westlich von
Texas bis an die
Pazifikküste; sie zahlten dafür eine eher bescheidene Ablöse von
15 Millionen Dollar und weitere
3,3 Millionen zur Tilgung von Schulden von US-Bürgern beim mexikanischen Staat.
Mit den späteren Bundesstaaten
Kalifornien, Arizona, New Mexico, Utah, Nevada und Teilen von
Colorado und
Wyoming verlor Mexiko
ein Drittel seines Staatsgebiets.
Parallel dazu hatten sich Großbritannien und die USA auf die
Aufteilung des
Nordwestens verständigt:
Entlang des 49. Breitengrades sollte jetzt die Interessengrenze zwischen der
Kolonie Kanada und dem
Oregon-Territorium verlaufen. Allerdings blieb der Status einiger Inseln zwischen dem Festland und
Vancouver Island ungeklärt. Der Streit, der darüber 1859 ausbrach, führte in den sogenannten
* Schweinekrieg, der sich allerdings zu keinem heißen Konflikt auswuchs. 1871 trugen die USA und Großbritannien ihren Streit
Kaiser Wilhelm zum Schiedsspruch an. Der setzte eine
Kommission ein, die die Inseln weitgehend den USA zuschlug.
Eine weitere Veränderung hatte sich zuvor
1853/54 ergeben:
Der Eisenbahn-Manager James Gadsen erwarb von Mexiko für zehn Millionen Dollar bergiges Wüstengelände vor allem im Süden von
Arizona. Das Ziel war, dort eine schnellere Eisenbahnstrecke nach Kalifornien zu bauen. Sie entstand jedoch niemals. Der größte Teil des heute noch nicht mit einem Zaun gesicherten Teils der Grenze zwischen den USA und Mexiko liegt in diesem unwirtlichen Gebiet; hier soll die umstrittene Trump-Mauer entstehen. Allerdings gibt es zum größeren Teil dieser Grenze bislang keine Straße, auf der schweres Baugerät herangeschafft werden könnte.
Der letzte Kauf von Territorium auf dem nordamerikanischen Kontinent, den die USA vereinbarten, fand am 30. März 1867 statt: Für 7,2 Millionen Dollar erwarb Washington die bis dahin
russische Kolonie Alaska. Damit wuchs die Gesamtfläche der USA nochmals fast um ein Viertel. Damit war das
nordamerikanische Festland endgültig zwischen den
Vereinigten Staaten (9.826.675 Quadratkilometer) und
Kanada (9.984.670) aufgeteilt. Aber Washington setzte
weiter auf Erwerbungen. Zwar war 1842 die
Souveränität des hawaiischen Archipels anerkannt worden. Aber nach dem Sturz der letzten Königin mehrten sich auf den Inseln die Stimmen, die einer
Annexion durch die USA das Wort redeten.
Den endgültigen Ausschlag gab der Spanisch-Amerikanische Krieg von 1898. Nicht zuletzt wegen seiner strategischen Bedeutung beschloss der Kongress die
Annexion von
Hawaii als
Territorium. Nachdem bereits
Alaska 1959 zum Bundesstaat gemacht worden war, wurde im gleichen Jahr
Hawaii zum 50. Bundesstaat erklärt.
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