Anscheinend ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker - eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein - in unserer Zeit völlig unter den Tisch gefallen.
Fakt ist, dass eine große Mehrzahl der Taiwaner nicht nach China angeschlossen und eingegliedert werden möchte. Und um dem Selbstbestimmungsrecht der Völker als unveräusserlichem und unverhandelbarem Menschenrecht genüge zu tun, sollte zumindest entweder eine Volksbefragung der Taiwaner oder sogar eine Wahl darüber entscheiden. Und sonst niemand.
Wo kämen wir hin, wenn jeder Staat plötzlich darüber verfügt, dass eine sich vor langer Zeit abgekoppelter und exoterritorial niedergelassener Bevölkerungsteil jetzt mit Gewalt wieder in dieses Staatsgebilde eingegliedert werden soll - und das auch noch über die Köpfe der betreffenden Bevölkerungsgruppe hinweg.
Kann ja wohl nicht wahr sein.
Man sollte auch nicht übersehen, dass die gleichen Figuren, die sich jetzt als Jubelperser ob der ihrer Meinung nach kurz bevorstehenden "Wiedereingliederung" Taiwans in die VR China betätigen vor lauter Hass und Wut rote Pickel im Gesicht bekommen, weil die Ukraine die arme gebeutelte Bevölkerung des Donbass nicht bereitwillig den Anschluss an Russland vollziehen lassen will.
Mit Zimt und Zucker
Wenn ich dazu noch etwas ergänzen darf:
Die Umstände und Voraussetzungen in Hongkong waren wesentlich kniffliger als jetzt in der Taiwan-Frage.
Die Hongkong-Insel Victoria war ja ursprünglich das einzige Territorium, das die Briten erobert und zur britischen Kronkolonie ernannt hatten.
Aber dann wurde der Platz zu knapp und die Versorgungslage wurde kritisch und man verhandelte mit dem Kaiserhof in Peking, ein Stück von der Halbinsel Kowloon bis zum Lion-Rock-Gebirgszug dazu zu pachten. In einem weiteren Schritt wurde dann etwas später noch ein weiteres Stück Land auf der Peninsula (hinter dem Lion Rock) dazu gepachtet, was dann die New Territories wurden.
Diese Pachtverträge für Kowloon und die New Territories liefen nun in 1997 aus und somit mussten die Briten die gesamten gepachteten Festland-Landstücke (Kowloon und New Territories) an China zurück geben.
In den Verhandlungen zwischen dem britischen Gouverneur Chris Patten und Peking wurde dann eine 50-jährige Übergangsfrist vereinbart, in der Hongkong samt Kowloon und New Territories ihre volle Souveränität behalten sollten (!).
Die ursprünglich besetzte Kronkolonie-Insel Hongkong-Victoria Island war zwar nicht völkerrechtlicher Bestandteil des Übergabevertrags an Peking, aber eben immer noch "eroberte/britisch besetzte" Kolonialinsel.
Die Insel wäre jedoch ohne Kowloon und New Territories nicht lebensfähig gewesen und so gab man seitens der Briten den alten Kolonialanspruch auf und die Insel Hongkong-Victoria eben in die Rückgabemasse mit obendrauf.
Soweit zum völkerrechtlichen Teil. Zur Frage der Staatsangehörigkeiten der Hongkonger kann ich bei Bedarf gerne noch weitere Details liefern - denn das war ein weiterer halsbrecherischer Drahtseilakt der Briten und der Hongkonger.
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
Nutzer die den Thread gelesen haben : 1Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.