UNTERTANENGEIST?
Historiker entsetzt von Lust am Denunzieren
Dr. René Schlott beobachtet mit Sorge, wie viele Menschen Freude am Gehorsam und am Funktionieren haben und wie sehr der Staat auf Ausgrenzung setzt.
PRENZLAU ·
Angst war eins der großen Themen beim jüngsten Gemeindeabend in der Malchower Kirche. Mit dem Historiker Dr. René Schlott hatte Pfarrer Thomas Dietz abermals einen streitbaren Geist in die Uckermark eingeladen. Der Politologe stellte gleich zu Beginn seines Vortrages klar, „dass die durch Staat und Medien bewusst geschürte Angst” die einzige Erklärung für die unsägliche Entwicklung der letzten Monate sei. Er habe es von Anfang an als sehr besorgniserregend empfunden, mit welcher Selbstverständlichkeit die Einschränkungen von den Menschen hingenommen wurden. Als im Frühjahr 2020 dann ein internes Strategiepapier des Innenministeriums geleakt wurde, habe er sich bestätigt gesehen: „Denn da gab es klare Anweisungen, was getan werden soll, um der Bevölkerung Angst zu machen.“
Das Wort Ausgangssperre beispielsweise habe er bis dahin nur aus seiner Forschung zu Diktaturen gekannt, räumte der 44-Jährige ein. „Als das dann bei uns ins Gespräch kam, fragte ich mich: Wieso sagt denn jetzt niemand was? Wieso stellt keiner in Frage, ob das angemessen und gerechtfertigt ist? Bei diesen tiefen Eingriffen in die Freiheiten hätte ich mehr Gegenwind erwartet. Ich kann mir das bis heute nur mit den Bildern aus China und Italien sowie den angstschürenden Nachrichten erklären, mittels derer die Bevölkerung bewusst in Panik versetzt wurde.“
Der Dozent räumte ein, dass er zunächst wahnsinnig enttäuscht war, weil die großen Intellektuellen des Landes alle schwiegen. Dass er sich dann schon sehr früh öffentlich äußerte, hatte mit einem von ihm verfassten Artikel zu tun. „Danach trafen bei mir hunderte Mails und Briefe ein. Es schrieben mir Lehrer, Krankenschwestern, Kommunalbeamte, Ärzte und viele andere, um mir zu danken für meinen Mut. Bis dahin hatte ich das noch gar nicht als sehr mutig empfunden. Ich wollte auch nie ein Corona-Aktivist werden. Dieses positive Feedback hat mir aber gezeigt, dass man vielleicht doch nicht allein ist und dass andere diese Ermunterung brauchen.“
Die abgesperrten Spielplätze seien ein Bild gewesen, das sich ihm eingebrannt habe. „Ich habe viele Fotos gemacht, um für die Nachwelt festzuhalten, mit welch martialischen Mitteln versucht wurde, die Kinder fern zu halten. Da gab es Bauzäune, dicke Schlösser, Polizeiabsperrband und Draht – ich fand das echt schockierend.
Und eigentlich noch schlimmer, dass keiner dieser Menschen, die damit beauftragt waren, Nein gesagt hat. Auch nicht, als es darum ging unsinnige Verweilverbote oder anderen Verordnungen durchzusetzen, also dass das Leute durchgeführt haben, ohne mit der Wimper zu zucken. Ebenso wie andere Menschen in Krankenhäusern und Pflegeheimen Alte und Kranke einsam sterben ließen – mit Billigung der Gerichte und Medien.“