Heute bringe ich mal ein Beispiel aus meinem Alltag, dass auch mich verwundert hat. Es geht um den Grad von Informalität in der Gesellschaft.
Während sich wohl niemand um Copyright bei der gewerblichen Überspielung von Musikvideos auf USB-Sticks zu kümmern scheint, sonst wären solche Werbeplakate wohl nicht möglich:
ist man beim Verkauf von staatlichen Schulbüchern dagegen ganz besonders pingelig. Und das wohl erst seit kurzem.
Eine Freundin von mir hat zwei 15-jährige Zwillinge, zwei Mädchen (neben zwei weiteren, jüngeren Kindern, also insgesamt hat sie 4 Kinder). Diese Zwillinge sind etwas merkwürdig, beide haben mit ihren 15 Jahren noch keinen Freund und beide wiederholen vor allen Dingen das Schuljahr noch einmal. Meine Freundin war deswegen auch beim Schulpsychologen, der übrigens kostenfrei ist, wie der Besuch einer staatlichen Schule ebenso.
Auf diesen staatlichen Schulen sind auch die Schulbücher kostenfrei, nur haben diese Zwillinge auch noch insgesamt 3 ihrer Schulbücher verbaselt, die jetzt bei der Wiederholung des Schuljahres benötigt werden. Melden sie das auf der Schule, gäbe es noch einmal zusätzlichen Ärger. Also hat mir meine Freundin per WhatsApp diesen Zettel geschickt:
Diese Schulbücher sollte ich also gebraucht kaufen, da es zwei Orte im Zentrum von Lima gibt, wo es haufenweise Geschäfte für gebrauchte Bücher gibt. Sie wohnt ja auch in einem Aussenbezirk Limas und ich fahre ja häufig wegen der Arbeit ins Zentrum von Lima.
Da ich nur den blauen Zettel hatte und mir viele Details nicht klar waren, hat mich der Verkäufer im ersten Laden schon einmal aufgeklärt. Alle diese Schulbücher von staatlichen Schulen tragen auf der Rückseite einen Vermerk, dass der Verkauf verboten ist. "Prohibida su venta"
Ich habe mir zuerst nichts dabei gedacht und meinte, dass sei ein nützlicher Hinweis, damit man das richtige Buch käuft. Aber dann habe ich etwa 20 Geschäfte im Umkreis der Plaza Francia und der Jirón Quilca aufgesucht und überall verneinte man, diese Bücher zu führen. Das Lustige war, dass man mir von anderen Ladenbesitzern immer genau diese anderen Läden benannt hat. In einer grösseren Halle mit mehreren Ständen meinte sogar ein Standbesitzer: "der Herr da hinten ganz am Ende der Halle verkauft die", und auch dieser Standbesitzer leugnete, diese Bücher zu führen.
Schon bei den ersten Läden fiel mir auf, dass fast alle befragten Personen sich irgendwie komisch benahmen und merkwürdig kurz angebunden und abweisend waren. Bei manchen hatte ich auch das Gefühl, als ob ich sie nach Drogen oder illegalen Waffen gefragt hätte. Ich selber kam mir mittlerweile schon blöd vor.
Nachdem ich also alle entsprechenden Geschäfte abgeklappert hatte, entschloss ich dann doch, den Ratschlag vieler Ladenbesitzer anzunehmen, und es in der Jirón Amazonas zu versuchen. Das waren dann zwar etwa 20 Minuten zu Fuss und nocheinmal 20 Minuten mit dem Bus, aber dort wurde ich dann fündig. Mein Verdacht bestätigte sich dort auch, denn die freundliche Verkäuferin meinte, ich solle die Bücher besser in meine Aktentasche packen und nicht in der Plastiktüte wegtragen.
Was für ein Aufwand/Aufstand wegen zweier Gören, die ihre Schulbücher verbaselt haben!
Zuerst kam ich mir vor wie ein staatlicher Spitzel und dann wie ein "Kurier".![]()











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