Zitat Zitat von Shahirrim Beitrag anzeigen
Weißt du, ich bin durch Corona etwas sanfter geworden. Zwar habe ich keinen radikalen Wechsel meiner Standpunkte vollzogen. Aber doch einige echt radikal-krankhafte Position fallen gelassen.

Bin zwar immer noch kein Demokrat. Aber dankbarer für die Rechte, die ich hier hatte. Von Putin bin ich schwer enttäuscht, wie er sich in der Coronakrise verhalten hat.

England will ich auch nicht mehr ausgerottet sehen. Mögen tue ich sie immer noch nicht, aber ich gönne ihnen nicht mehr den Untergang. Auch kein Antisemit will ich mehr sein (zwar sehe ich beim Holocaust immer noch bestimmte Dinge so, wie man es nicht darf, aber ich bin nicht mehr böse auf Juden).

Ich habe das Leben mehr schätzen gelernt. Wusste gar nicht, dass ich grummeliger Einzelgänger, der Umarmungen gehasst habe, so gerne Menschen umarmt. Überhaupt, dass ich das von heute auf morgen kann, hätte ich nie gedacht.

Ich werde dich deswegen auch nicht mehr mit Hass beschimpfen. Muss das auch erst lernen. Und ich bin ja immer noch rechts, aber nicht mehr so ein Diktatorenschwärmer. Sondern sehe auch an Russland die Schwächen, die ich nicht sehen wollte. In der Zeit, wo ich Demokratie und Freiheit nur verachtet habe, waren sie eben zu selbstverständlich.

Manchmal muss man eben was verlieren, um es schätzen zu lernen.
Das ist doch ein anständiges Statement. Wobei ich auch nie den Eindruck hatte, dass wir irgendwann mal über Kreuz lagen. Zumindest habe ich dir deine Meinung zu mir nie krumm genommen, weil du dich immer eines ordentlichen Tons bedient hast, was man hier bei weitem nicht von allen sagen kann.

Deine Ansichten seien dir überdies gegönnt, ich erhebe auch nicht den Anspruch, die Demokratie sei allein glücksselig machend. Aber unter den vorhandenen Regierungsformen sehe ich sie als die passabelste an, obwohl es gegenwärtig noch ein enormes Verbesserungspotenzial gibt. Andererseits würde ich auch nicht nein sagen, wenn man mich auf Zeit zum Diktator machte, denn es gibt m.E. viel zu tun, was unsere Demokratie so nicht richten kann. Ich würde das Amt auch nach 4 (oder was auch immer) Jahren zurückgeben. Quasi so wie damals bei den Römern.

Und ansonsten unterstreiche ich hier auch noch mal, dass ich sehr gerne Deutscher bin, auch wenn mein Ursprung ganz klar weit ins (nieder)sächsische zurückreicht, das ja wesentlich älter und reicher an gemeinsamen Traditionen ist. Ich mag das Land, ich mag die Menschen und mir gefällt auch, was unsere vergleichsweise junge Nation in weiten Teilen ausmacht. Aber auch das vornationale Deutschtum hat was, wenn es auch wesentlich vielschichtiger ist. Und wäre ich kein Deutscher, dann würde ich höchstens noch Schotte sein wollen, ganz einfach weil Schotte-sein rockt. Aber deutsch geht für mich voll in Ordnung.

Nach wie vor - und das wird sich auch nie ändern - habe ich aber meine Probleme mit solchen Deutschen (wie auch anderen), die glauben, die alleinige Geburt auf diesem Boden verbände sie mit ganz großem. Mit Dichtkunst, mit Musikkunst, mit Ingenieurskunst und mit Wissenschaft, obwohl diese Leute nur ganz kleine Leuchten sind, die noch nie was besonderes hervorgebracht haben außer ihre Ressentiments zu verbreiten. Nach wie vor vertrete ich die Ansicht: umso kleiner die Persönlichkeit, desto größer der Nationalismus (weil man ja sonst nichts hat, worauf man sich was einbilden kann). Und so richtig übel bleiben die Rassisten, die glauben, sie wären irgendwie geiler als die Angehörigen anderer Ethnien, weil sie sich irgendeinen Scheiß zusammenspinnen, der genetisch auf sie abfärben soll.

Na ja, aber davon mal ab bin ich ganz entspannt.