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Zum Beispiel bei der ThyssenKrupp-Tochter HDW: Am 22. April 2004 taufte Evangelia Vassiliki, eine Nachfahrin des Freiheitskämpfers Dimitrios Papanikolis, ein Hightech-U-Boot mit Brennstoffzellen-Antrieb auf den Namen des Volkshelden.
Seither dümpelt das Schiff im Kieler Hafen - es wurde nie bezahlt.
Mehr als 550 Millionen Euro schuldet der griechische Staat dem ThyssenKrupp-Konzern. Die Außenstände betreffen auch drei weitere, in Griechenland gebaute U-Boote gleichen Typs. Die Regierung in Athen verweigert die Abnahme des Boots in Kiel, die drei in Athen verankerten Schiffe können, aufgrund fehlender staatlicher Regularien, noch nicht einmal zu einer Probefahrt auslaufen.
Im Wirtschaftsministerium sind sich die zuständigen Beamten sicher, dass es den Griechen mit der Hinhaltetaktik um einen Zahlentrick geht. Denn die Europäische Union hat im März 2006 ihre Bilanzierungsregeln konkretisiert. Ausgaben für militärische Ausrüstung werden den Regularien zufolge erst kassenwirksam, wenn die technische Abnahme der Lieferung erfolgt ist.
Solange die Griechen also die Abnahme verweigern, können sie praktisch das gesamte Auftragsvolumen aus ihrer offiziellen Defizitstatistik heraushalten. Also nicht nur die noch ausstehenden 550 Millionen Euro, sondern auch die bereits finanzierten und bezahlten 1,5 Milliarden Euro.
Auch bei Krauss-Maffei Wegmann sind aus einem Auftrag für 170 "Leopard"-Panzer noch knapp über 300 Millionen Euro nicht bezahlt. Die Kriegsgeräte sind mittlerweile allesamt geliefert, die technische Abnahme aber steht bei einigen Dutzend ebenfalls noch aus.
Ähnlich geht es "Eurocopter". Bei der Donauwörther EADS-Tochter hat die
griechische Armee 20 NH90-Hubschrauber bestellt, aber teilweise noch nicht bezahlt, die Verhandlungen mit den Griechen laufen, so das Unternehmen.
Die Amerikaner hatten ähnliche Probleme mit "Hercules"-Flugzeugen und "Apache"-Hubschraubern.
Doch nicht nur im Rüstungsbereich bleiben ausländische Firmen auf ihren Forderungen sitzen. Vor allem im Gesundheitsbereich sind die Außenstände enorm. Der europäische Dachverband der Pharmazeutischen Industrie hat seine Mitglieder vor wenigen Wochen über
die verheerende Zahlungsmoral staatlicher griechischer Stellen informiert. Demnach betrugen die Außenstände Ende 2008 2,7 Milliarden Euro, allein für Arzneimittel und Medikamente.
"Wir sind den Griechen hilflos ausgeliefert", beklagt ein Berliner Pharmalobbyist, "weil wir die Lieferungen nicht einfach einstellen können. Da hängen Menschenleben dran, das ist nicht wie bei Autos, wo Sie sagen können: Wenn ihr nicht zahlt, liefern wir eben nicht."
Ganz ähnlich ist die Situation bei den medizinischen Geräten. Hier schulden staatliche griechische Stellen europäischen Herstellern 5,2 Milliarden Euro. Und die Zahlen werden immer größer. Im Pharmabereich beispielsweise liegen sie im Jahr 2008 40 Prozent über denen des Vorjahres.
Mittlerweile, so hat die EU eruiert, dauert es durchschnittlich 165 Tage, bis der griechische Staat seine Rechnungen bezahlt - Tendenz steigend. Die Europa-Abgeordnete Barbara Weiler (SPD) sieht das mit großer Sorge. Sie ist Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug. "Die Griechen sind in dieser Hinsicht die Schlimmsten", sagt sie.
Die Bundesregierung ist über die Außenstände informiert. "Es kann doch nicht sein, dass unsere Konzerne auf Staatskosten Kurzarbeit fahren, weil die griechische Regierung längst gelieferte Produkte nicht bezahlt", klagt ein hochrangiger Beamter aus dem Wirtschaftsministerium.
Die Ministerialen sind sich deshalb einig: Sollte es zu Hilfszahlungen an Griechenland kommen, müsste sichergestellt werden, dass die Griechen ihre Schulden bei deutschen Unternehmen begleichen.