Eine verschlossene Welt
Die Installation der Software dauert kaum länger als ein paar Minuten und erfordert nur minimale Computerkenntnisse. Man geht
auf die Seite [Links nur für registrierte Nutzer], liest ein paar Anweisungen und beantworten einige Fragen („Wie hoch ist Ihr Sicherheitsbedarf?“ „NORMAL: Ich lebe in einem relativ freien Land.“ Oder „MAXIMUM: Ich habe vor, auf Informationen zuzugreifen, die zu meiner Verhaftung, Inhaftierung oder Schlimmerem führen könnten“) Und schon betritt man eine zuvor verschlossene Online-Welt. In einer zweckmäßigen Schrift und einfachen Beschreibungen listet ein offizieller Freenet-Index hunderte zugänglicher „Freesites“ auf.
...
Und man findet politische Texte, die wohl auch in vielen demokratischen Staaten als verfassungsfeindlich verboten wären. Das ganze wuselige Geschehen des Netzes, nur alles ein bisschen verrückter und intensiver. Oder wie es einer der Freenet-Blogger zusammenfasst: „Wenn Sie das lesen, haben Sie die dunkle Seite des Netzes betreten.“
...
Das Internet wird wegen seiner weltumspannenden Reichweite, der Möglichkeiten, die Zensur zu umgehen und seiner vermeintlich alles erfassenden Suchmaschinen oft für ein Wunder an Offenheit gehalten. „Sehr viele User glauben, sie bekämen alle Seiten des Netzes, wenn sie die Suchmaschine von Google benutzen“, sagt Anand Rajaraman, Mitbegründer von Kosmix, einer von vielen Suchmaschinen der Nach-Google-Generation.
Das dunkle Netz, das Netz jenseits der Oberfläche oder auch „Deep Web“– diese Metaphern allein lassen das Internet auf einen Schlag unergründlicher und geheimnisvoller erscheinen. Unter den Eingeweihten zirkulieren noch weitere Bezeichnungen. Nicht alle diese Begriffe bezeichnen dasselbe. Während etwa „Darknet“ ein anderes Online-Netzwerk wie Freenet bezeichnet, das für Nicht-Eingeweihte unzugänglich ist und das Potential für Gesetzesüberschreitungen birgt, besteht das „Deep Web“, so gespenstisch sich dies auch anhören mag, aus unbedeutenden Verbraucherdaten und Forschungsergebnissen, die von Suchmaschinen nur nicht erfasst werden. Der Begriff „Dark Address Space“ meint hingegen häufig nur Internet-Adressen, die aus rein technischen Gründen nicht mehr zugänglich sind.
Nur ein Bruchteil ist erfasst
Der amerikanische Wissenschaftler und Unternehmer Michael K. Bergman, gehört zu den führenden Experten für dieses andere Internet. In den späten Neunzigern versuchte er herauszufinden, wie groß es wirklich ist. „Ich habe zu meinen Leuten gesagt, es sei wahrscheinlich zwei- oder dreimal größer als das reguläre Web.
Aber die Ausmaße des Deep Web raubten mir vollständig den Atem.“ 2001 veröffentlichte er eine Arbeit über das Deep Web, die noch heute regelmäßig zitiert wird: „Das Deep Web ist gegenwärtig 400 bis 550 Mal größer als das gewöhnliche World Wide Web. Das Deep Web ist der Teil des Netzes, der im Hinblick auf neue Informationen am schnellsten wächst ... Der Wert der Inhalte des Deep Web ist unschätzbar ...
Internetsuchen erfassen lediglich 0,03 Prozent aller zugänglichen Seiten“, heißt es in Bergmanns Arbeit.