Das "europäische Kolonialland Rußland" – Politikziel aller Agrarland- und Rohstoff-Sucher bis heute?
Rudolf Heß war der Assistent Haushofers gewesen, als dieser als Professor an der Universität in München wirkte. Er ist es, der den Kontakt zwischen Haushofer und Hitler herstellt. In den seltenen Augenblicken der Geistesklarheit, die seine unerklärliche Krankheit ihm läßt, soll der Gefangene Heß, der letzte Überlebende der Thule-Gesellschaft, erklärt haben, daß
Haushofer der Magier, der geheime Meister, gewesen sei. (Jack Fishman, The Seven Men of Spandau)
Nach dem mißglückten Putsch 1923 kommt Hitler als politischer Häftling auf die Festung Landsberg. Auf Veranlassung von Heß besucht Haushofer den "Volkstribun" mehrmals an einem Donnerstag, verbringt jedesmal mehrere Stunden bei beiden und vermittelt ihnen seine geopolitischen Zukunfts-Theorien, die auch in seiner Zeitschrift "Geopolitik" unter Schriftleiter Fritz Hesse veröffentlicht werden.
Haushofer hat dem mit seiner Vernehmung Beauftragten der USA (Walsh) im Oktober 1945 gesagt, daß unter den Büchern, die er damals (in Landsberg) Hitler und Heß selbst brachte, sich
Ratzels „Politische Geographie" und das Werk von
Clausewitz „Vom Kriege" befanden. Friedrich Ratzel, Politische Geographie, München und Berlin 1923[/b], 3. Auflage mit der Vorrede zur 1. Auflage vom Spätsommer 1897.
Friedrich Ratzel,
Der Lebensraum, Eine biogeographische Studie, in: Festgaben für Albert Schäffle, Tübingen 1901.
VFZ München, Karl Lange, Der Terminus „Lebensraum'' in Hitlers „Mein Kampf" S. 426
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1945/1946 bemühte sich in der Tat der Jesuit und amerikanische Geopolitiker Walsh stark um Haushofer und Heß. 1946 erschien von Edmund A. Walsh, Vice Presendent, Georgetown University, Washington – D.C. „Wahre anstatt falsche Geopolitik für Deutschland” im Schulte-Blume-Verlag Frankfurt/M., mit einem Manifest Karl Haushofers vom 5. u. 6.10. 1945.
Damit nähern wir uns den katholischen Hintergründen der NS-Ideologie und den Wurzeln der Hitler-Politik, die in „Mein Kampf” vorgezeichnet sind.
Die Geopolitiker Haushofer, Heß und Fitz Hesse wiesen durch ihre Besuche und Vorträge bei Hitler in Landsberg den „Weg nach dem Osten” in MK, wobei der Jesuit Stempfle die Endredaktion der NS-Leitline hatte. Viele Historiker glauben, daß der
Geopolitiker Ratzel der Vater des Gedankens der Ostexpansion war, doch der
erzkonservative altkatholische Pfarrer Carl Jentsch hatte schon 1893 in „Weder Kommunismus noch Kapitalismus – ein Vorschlag zur Lösung der europäischen Frage” die Ideen zur Vernichtung Rußlands geschmiedet, wie sie dann ab 1933 in Angriff genommen wurden, nach dem die Gegner eines Ostkreuzzuges in der preußisch-protestantischen Reichswehrführung rechtzeitig gestorben (Ludendorff) oder durch kriminelle List beseitigt worden waren (Fritsch, Beck, Blomberg usw.)
"Lebensraum im Osten" von Jentsch:
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Dietrich Bronder, Bevor Hitler kam,
eine historische Studie, 2. erweiterte Auflage, Marva-Genf 1975 (Auszug S. 129/130):
Am bedenklichsten für das Ansehen unseres Volkes in aller Welt war der alldeutsche Imperialismus, der in bedenkenloser Weise unsinnige Ziele aufstellte und sie in Schriften und Büchern vertrat, die für bare Münze und im Auslande als wesentliche Stimmen des deutschen Volkes hingenommen wurden - während hinter ihnen doch nur eine Gruppe von teilweise wild gewordenen Spießbürgern und Romantikern stand. Das Gründungsmitglied des Alldeutschen Verbandes Alfred Hugenberg hatte über die innere Kolonisation durch Urbarmachung von Moorgebieten hinaus die These vertreten, daß „nur auswärtige Ackerbaukolonien« unter deutscher Herrschaft dem Reiche helfen könnten.
Einer der gefährlichsten unter diesen alldeutschen Landeroberungspolitikern war ein katholischer Priester, der 1875 wegen des päpstlichen Unfehlbarkeitsdogmas zu den Altkatholiken ging: Karl Jentsch, der „Prophet des Dranges nach dem Osten". 1833 in Landshut/Bayern geboren, wirkte er ab 1882 als Schriftsteller, besonders in der Volkswirtschaft; er starb 1917. In dem 1893 erschienenen Buche „Weder Kommunismus noch Kapitalismus" trat er offen für einen großen Eroberungskrieg gegen Rußland ein, um Deutschland dadurch vom Zwang zur Industrialisierung und zur Weltwirtschaft zu befreien. Der Untertitel lautete: „Ein Vorschlag zur Lösung der europäischen Frage«. Da liest man nun: „Geht es nicht mehr vorwärts, so bleibt nichts übrig, als den Wagen zurückzuschieben und die Menschen wieder in einfache, natürliche Verhältnisse zu setzen" (wie es ähnlich vor ihm die „Kreuz-Zeitung" des Herrn Stahl forderte). Wie Jentsch waren die Vorkämpfer des Dranges nach Osten meist leidenschaftliche Gegner der internationalen Arbeitsteilung, der freien Weltwirtschaft und des rationalen Warenexportes: „Die absolut notwendige Voraussetzung für eine solche Umkehr ist, daß wir den Zug unserer Altvorderen nach dem Osten wieder beleben." Nur durch Landerwerbungen im Osten könne Deutschland, „das einem Ampurtierten gleicht, allenfalls ein geschlossenes Wirtschaftsgebiet bilden." Rußland sei nichts anderes als unser natürliches Kolonisationsgebiet. Unser Programm liege dabei auch im Interesse anderer Völker - wie aus seinem Buch-Untertitel hervorgeht. Die deutsche Diplomatie hat daher die Aufgabe, alle Staaten West- und Mitteleuropas zu einem gemeinsamen Unternehmen gegen Rußland zu vereinen. Allerdings bezweifelte der Verfasser (nicht zu Unrecht), daß sich die damalige deutsche Diplomatie dafür mobilisieren lasse - weshalb ganz neue Männer notwendig seien, um solch große Aufgaben in Angriff zu nehmen. Er behauptete, daß es für die Deutschen kein anderes Rettungsmittel gebe, „als entweder die Verminderung der Bevölkerung oder die Sprengung des Höllentrichters, d. h. die Vergrößerung des Landes!" Im selben Jahre 1893, als Jentsch seine Phantasien zu Papier bringt, schreibt das AV-Vorstandsmitglied, Regierungsrat Kurd von Strantz, einen Aufsatz, in dem er einen Krieg mit Deutschlands Nachbarn im Osten und Westen fordert. Dabei sollten Rußland unter anderem auch die baltischen Provinzen genommen werden. In seinem Buch „Unser völkisches Kriegsziel" von 1918 bekennt Strantz: „In Wort und Schrift habe ich für diesen Rachekrieg gefochten!" Ein alldeutsches Schlagwort der damaligen Zeit war die Berlin-Bagdad-Linie, deren Baubeginn 1903 durch eine Gesellschaft in Angriff genommen wurde, in welcher die Deutsche Bank entscheidenden Einfluß ausübte. Man hegte dabei den Gedanken eines von Deutschland beherrschten politischen Systems, das sich über den Balkan und die Türkei bis in die Vorderasiatischen Ölfelder erstrecken sollte. Der Name wurde von der projektierten Bahnstrecke abgeleitet, während die Idee selber zwar von den Türken kam, aber von einem berühmten englischen Afrikareisenden und Gouverneur publiziert wurde, der die Deutschen aus Afrika fortwünschte und sie ablenken wollte, das Donautal hinunter über die Türkei bis zum Persischen Golf zu wirken.
Am Vorabend des Ersten Weltkrieges trieb man, entgegen dem Willen der Reichsführung, von seiten der Alldeutschen eine schrankenlose und verantwortungslose Kriegspropaganda, ...
Die Übervölkerung und die Not der Landwirtschaft
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