SPARMASSNAHME
AOK verweigert Bezahlung von Blindenhunden
Nachdem die AOK Bayern in mehreren Fällen die Finanzierung eines Blindenhunds verweigert hat, schlagen Vertreter von Sehbehinderten Alarm. Die Krankenkasse hatte eine Übernahme der Kosten mit der pauschalen Begründung abgelehnt, dass Blinde kein Anrecht darauf hätten, längere Wegstrecken zurückzulegen - ein Blindenstock müsse reichen.
München/Ansbach - Zwischen dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) und der AOK Bayern gibt es Streit um die Kostenübernahme für Blindenhunde. Die Krankenkasse lehnte in mehreren Bescheiden, die der Nachrichtenagentur ddp vorliegen, die Finanzierung mit der Begründung ab, dass Blinde kein Anrecht darauf hätten, längere Wegstrecken zurückzulegen. Der BBSB-Führhundreferent Günther Dürr bezeichnete diese Argumentation am Dienstag als "unmenschlich" und als "größte Unverschämtheit".
Die AOK Bayern versicherte hingegen, von pauschalen Ablehnungen könne nicht die Rede sein. Vielmehr prüfe die AOK "in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten die Notwendigkeit der Versorgung mit einem Blindenführhund".
In den AOK-Ablehnungsschreiben heißt es, zu den "vitalen Lebensbedürfnissen" gehöre lediglich, dass Blinde "die alltäglichen Verrichtungen im Nahbereich der Wohnung" selbstständig erledigen können. Dafür genüge aber der Blindenstock. "Eine Kostenübernahme beziehungsweise Kostenbeteiligung für einen Blindenführhund durch die AOK Bayern ist deshalb nicht möglich", schrieb die Krankenkasse. Das "Gebot der Wirtschaftlichkeit" lasse dies nicht zu.
Beitrag zur Lebensqualität
BBSB-Führhundreferent Dürr beklagte: "Inzwischen werden die Hunde als Luxus abgestempelt, den die Kassen nicht zu bezahlen hätten." Ein gut ausgebildeter Blindenführhund koste zwischen 18.000 und 20.000 Euro. In ganz Bayern seien nur rund 180 solche Tiere im Einsatz. "Die Beträge sind also eigentlich Peanuts für die Kassen", so Dürr.
Für die Blinden bedeuteten die Hunde hingegen einen ganz wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität. Sie seien "mobiler, gesünder und auch psychisch besser drauf". Der Blindenstock könne niemals einen Blindenhund ersetzen. "Der Stock zeigt mir nicht, wo die nächste Treppe ist, oder wo sich die Zugtür befindet", sagte Dürr. Im Klartext laute die Aussage der Krankenkasse an die Blinden: "Du bleibst daheim, was willst Du denn auf der Straße?"
Die AOK Bayern sei bei diesem Thema offenbar so etwas wie die Speerspitze für die Krankenkassen bundesweit, sagte Dürr. Von Blindenbund-Kollegen aus anderen Bundesländern wisse er, dass dort "noch nicht so rabiat" vorgegangen werde. "Aber wenn es uns nicht gelingt, in Bayern dagegenzuhalten, werden die anderen schnell nachziehen", befürchtet Dürr.
Auch der Münchner Rechtsanwalt Jürgen Greß, der zahlreiche Blinde in entsprechenden Verfahren gegen Krankenkassen vertritt, bezeichnete die AOK als Vorreiter» Er kritisierte: "Die AOK sagt rigoros und pauschal: 'Wir zahlen nicht'." Andere Kassen seien da noch etwas zurückhaltender.
Ulrich Meyer, ddp