Ich vermisse Epiktet. Auch wenn er selbst keine Werke verfasst hat, sondern seine Philosophie von seinem Schüler Arrian niedergeschrieben wurde, so zählt er zu den einflussreichsten Vertretern der späten Stoa.

Im Zentrum der Lehre Epiktets steht die Ethik, deren Gesichtspunkte auch für die anderen Bereiche maßgeblich sind. Orientierung in Grundfragen des Handelns und der Lebensführung zu geben, ist für ihn die wesentliche Aufgabe der Philosophie. Die Kenntnis der philosophischen Ethik verhilft dem Menschen dazu, sich von einem auf bloßer Meinung basierenden Leben abzuwenden und Wissen über ein glückliches Dasein zu erlangen. Wiederkehrende Themen im Denken Epiktets sind die moralische Selbstbestimmtheit des Menschen und seine innere Freiheit, die ihm auch durch äußere Unfreiheit nicht genommen werden kann.

„Von den Seienden steht das eine in unserer Macht, das andere nicht in unserer Macht. In unserer Macht stehen Urteil, Trieb zum Handeln, Begehren, Meiden, mit einem Wort alles, was unsere eigene Betätigung ist, nicht in unserer Macht der Leib, der Besitz, Ansehen, Würden, mit einem Wort alles, was nicht unsere Betätigung ist. Und das, was in unserer Macht steht, ist seiner Natur nach frei, nicht zu hindern, nicht zu hemmen; was aber nicht in unserer Macht steht, ist ohnmächtig, sklavisch, behindert, fremder Verfügung unterworfen. Merke dir nun: Wenn du das, was seiner Natur nach sklavisch ist, als frei ansiehst und das Fremde als dein Eigentum, dann wirst du gehindert werden, klagen, in Affekt geraten, Götter und Menschen schelten. Siehst du aber nur das als dein an, was wirklich dein ist, das Fremde aber, wie es der Fall ist, als fremd, so wird dich niemals jemand zwingen, niemand dich hindern; du wirst niemanden schelten und dich über niemanden beklagen; nichts wirst du wider deinen Willen tun, niemand wird dir schaden, keinen Feind wirst du haben; denn es kann dir nichts widerfahren, was dir schadet.“