Wir haben in der Schule den Film (bzw. die Dokumentation) „Hitler – eine Karriere“ angekuckt.
Der Film war ein Video von ARD oder ZDF aufgenommen. Bevor er losging hat so eine Sprecherin erst mal erklärt wie der Film gemeint ist und dass er den Nationalsozialismus nicht verharmlosen möchte. Dann kam ein kurzer Vorspann in dem die Autoren das auch noch mal erklärt haben und erst dann ging der Film los.
Die Sprecherin von ARD oder ZDF sagte, es hätte Proteste gegeben als der Film vor (zu dem Zeitpunkt) 10 Jahren im Kino kam. Und mein Geschichte-Sozialkundelehrer hat auch gemeint, dass sich alle über diesen Film aufgeregt hätten.
Ich frage mich, warum das so ist.
Das trifft sicher nicht auf alles zu, aber ich denke, dass das daran liegen kann, dass der Film sehr viel deutlicher die Propaganda des NS-Regimes aber auch die (verständliche) Zustimmung in der Bevölkerung zeigt. Im Film werden keine KZs gezeigt, keine Toten und keine Kriegsbilder – er zeigt „nur“ die Propaganda des Regimes und ihre Auswirkungen. Er zeigt glückliche und fröhliche Menschen die Hitler zujubeln, er zeigt die Zwanziger Jahre und Fackelzüge in der Nacht – die ganzen Spektakel der NSDAP. Er zeigt nicht, wie Menschen ermordet werden, aber er zeigt, die Menschen über die Ausgrenzung anderer jubeln.
Und ich denke, dass das ist, worüber sich viele bei diesem Film aufregen. Wenn man einen Film über die NS-Zeit sieht erwartet man offensichtliche Brutalität zu sehen, aber der Film zeigt etwas anderes. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt etwas dazu sagen darf, aber ich denke, der Film macht die Zeit verständlicher. Vielleicht liegt darin die Gefahr, dass er Faszinationen weckt, für die Masseninszenierungen des NS-Regimes (die Fackelzüge, die jubelnden Menschenmassen, die in geometrischen Formen marschierenden Truppen etc.), vielleicht wollen auch viele nicht, dass diese Zeit in irgendeiner Form verständlich erscheint, dass das was dort geschieht nachvollziehbar erscheint.
Aber ich glaube nicht, dass das daran liegt, dass der Film den Nationalsozialismus verharmlost in dem er die Bilder von Toten weglässt, sondern ich glaube, dass das daran liegt, dass der Film zeigt, das der Nationalsozialismus tatsächlich möglich war, dass er wirklich eine Faszination auf viele ausgeübt hat, dass seine menschenverachtenden Seiten einfach „übersehen“ wurden und dass ähnliches auch wieder möglich sein wird, weil die Menschen, die ihn unterstützt haben, eben keine Monster, sondern auch nur ganz normale Menschen (die sich von Machthabern beeinflussen lassen haben) waren. Ich denke, dass der Film, mehr als jeder anderer Film über diese Zeit, die Frage stellt, wie man selber gehandelt hätte. Und ich glaube, dass gerade das das „Gefährliche“ an ihm ist.
Ich denke, dass es sicher einige Menschen geben wird, die sich den Film ankucken und das was dort gezeigt wird einfach nur toll und faszinierend finden, sich vielleicht auch in diese Zeit wünschen. Aber ich denke, dass das nicht die Mehrheit der Zuschauer sein wird, denn von heute aus betrachtet, weiß man ja, was aus der Propaganda wurde. Man kennt ja auch die anderen Filme.
Aber der Film hebt mM die Distanz zwischen den Menschen im dritten Reich und allen heute auf. Er lässt sie eben menschlich erscheinen und nicht als irgendwelche brutalen Monster die sich über jeden neue KZ freuen (übertrieben). Er zeigt mM die Anfänge – das, was auch heute denkbar ist. mM wird dem Nationalsozialismus dadurch, aber nichts an Menschenverachtung genommen (auch, wenn sie nicht so deutlich wie in anderen Filmen zum Ausdruck kommt), sondern die Gegenwart wird mitkritisiert – nicht die politischen Umstände heute, sondern die Menschen.
Mit dem Film wird nicht eine kleine Gruppe von Nazis angegriffen oder kritisiert, sondern die ganze Menschheit (zurecht, finde ich) (aber ich denke nicht, dass der Nationalsozialismus deshalb weniger schlimm ist). Vielleicht haben sich deshalb so viele über den Film aufgeregt?
P.S.: Das heißt nicht, dass ich Nazis-Vergleiche etc. gut finde. mM ist das was anderes.