Hm - mir fällt gerade ein, dass ein früherer Lehrer von mir des öfteren davon gesprochen hat, dass Menschen, die aus einem anderen Land, einer anderen Kultur eben, hier in Deutschland einen Kulturschock erleiden, den man berücksichtigen sollte.
Demnach ist Kultur vor allem etwas, was das tagtägliche Leben ganz selbstverständlich regelt. Man nimmt das meiste davon vielleicht gar nicht mehr so wahr, weil es einfach da ist und dafür sorgt, dass man im eigenen Leben, bei sozialen Kontakten, bei Feiern, Festen, Zusammenkünften, Riten und Zeremonien...bei allem möglichen eben einfach weiß, was geschieht, wie man sich zu verhalten hat. Man fühlt sich zugehörig.
Und Kunst, die in Museen ausgestellt wird, Musik und Theater das sind dann alles Ausdrucksformen dieser Kultur, durch sie bedingt und nur durch sie möglich.
Geändert von Mütterchen (13.05.2009 um 09:47 Uhr) Grund: vertippt
Sehr guter Satz! Sehr schön auf den Punkt gebracht.
Deshalb fühlt man sich ja auch zu Anfang ein wenig "behindert", wenn man in einem fremden Land seinen Alltag meistern muss.
Das meiste, was das Zusammenleben regelt ist unausgesprochen und auch nirgendwo nachzulesen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Generell wird einem häufig erst bewusst, was die eigene Kultur ausmacht, wenn man sich mit einer fremden auseinandersetzen muss.
don't blame the pig!
Dankeschön, Peaches.
Aus eigener Erfahrung kann ich nicht sprechen, meine Auslandsaufenthalte waren stets sehr kurz und davon mal abgesehen sind sie auch an einer Hand abzuzählen.
Aber ich kann trotzdem eine kleine Anekdote dazu beisteuern, als eine meiner zahlreichen Nichte knappe 4 Jahre alt war, erlebte ich ihr erstes Zusammentreffen mit der südfranzösischen Cousine. Die beiden gleichaltrigen Mädchen gingen aufeinander zu um sich zu begrüßen. Während meine Nichte die Hand ausstreckte, versuchte das franz. Mädchen eine Umarmung und einen Begrüßungskuss unterzubringen. Das wiederum hat meine Nichte so konfus gemacht, dass sie sich kurzerhand umdrehte und davonlief. Und dann standen Beide in sicherem Abstand von einander und musterten sich ratlos.
Kultur ist der meist mißbrauchte Begriff, dessen wirklichen Inhalt die Menschen bereits mehrfach vernichtet haben.
Ach, ich glaube, so pessimistisch darf man das nicht sehen.
Genau wie andere abstrakte Begriffe ist auch "die" Kultur einem Wandel unterworfen, der sich gesellschaftlichen Veränderungen anpasst.
Entgegen landläufigen Meinungen gibt auch es so etwas wie "Etikette" durchaus immer noch. (Das sollte mal jemand Herrn Berlusconi stecken, wenn er nach fünf Uhr nachmittags im blauen Anzug durch die Gegend rennt)
don't blame the pig!
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denke ich. Die eigene Kultur ist, da mehrheitlich nonverbal, "automatisch". Wenn man dagegen einer anderen Kultur ausgesetzt ist (egal, ob die nun recht nahe an der eigenen ist oder was ganz anderes), merkt man erst so richtig, welche unterbewussten Mechanismen einen oft leiten.
Oh ja.
Das passt auch gut zu Mütterchens französischer/deutscher Begrüßung.
Ich erinnere mich immer gerne an neu angereiste deutsche Kollegen, die in den USA jedem die Hand drücken wollten. Das läuft automatisch ab. Begrüßung, Händeschütteln.
Erst wenn der andere irritiert ist, bemerkt man den Unterschied.
Genau daraus entwickeln sich dann auch die landestypischen Klischees.
don't blame the pig!
Ich schließe mich Peaches hier an, ich hätte es nicht kürzer und treffender fomulieren können.
Das ist auch der Grund, weshalb diese neurotische Kultur- oder Leitkulturdiskussion jedesmal in die Hose geht. Die Kultur eines Landes oder Volkes ist das was selbstverständlich gelebt wird und sich über zig Generationen entwickelte.
Wer versucht das auszudifferenzieren ist entweder verrückt, oder Deutscher.
Ich habe noch keine andere Kultur kennengelernt in der das vorkommt.
Leitfaden für das Verhalten in anderen Kulturen gibt es nur einen, und der ist sehr kurz:
When you're in Rome, do as the Romans do.
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