Berlin - Zwischen den Regierungen in Rom und Berlin ist mitten im Sommer die Eiszeit ausgebrochen. Nachdem Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi von Schröders Urlaubs-Absage erfuhr, zeigte er sich weder beeindruckt noch verständnisvoll. Der Regierungschef bezeichnete Schröders Absage als "Schande" und sagte: "Es tut mir leid für ihn."
Adria-Region verklagt Berlusconi
Jetzt gerät Berlusconi unter Druck: Wegen der Absage Schröders will die Adria-Region Pesaro vor Gericht ziehen, berichtet "Bild.de". Provinz-Präsident Palmiro Ucchielli hat demnach eine Schadenersatzklage gegen den Ministerpräsidenten angekündigt. Begründung: "Die Dummheit der Leute, die an der Regierungsspitze stehen, ist derart groß, dass sie dem Image unseres Tourismus' einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden zufügen."
Auch Scholz sagt Italien-Urlaub ab
Unterdessen verzichtet auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz auf den geplanten Italien-Urlaub. Er reist stattdessen nach Frankreich. Die Bundesregierung machte die Reaktion der italienischen Führung auf die abfälligen Äußerungen von Staatssekretär Stefano Stefani über deutsche Touristen verantwortlich. Regierungssprecher Béla Anda sagte, es habe von Rom "keine klare Distanzierung" von Stefani gegeben. Deshalb sei "irgendwann der Punkt erreicht" gewesen, an dem der Kanzler "seine persönliche Entscheidung treffen musste".
Spott von Glos und Westerwelle
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler sprach von einem "Führungsproblem" in Rom. Er mahnte, die italienische Regierung müsse "langsam mal" merken, dass sie "europäisch in eine Isolierung gerät". CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sprach dagegen von einem "Sturm im Wasserglas". Er legte Innenminister Otto Schily (SPD) nahe, nun auch auf den geplanten Italien-Urlaub zu verzichten: "Wenn das Kabinett wirklich zu Schröder hält, dann muss sich Schily ebenfalls bestrafen." FDP-Chef Guido Westerwelle spottete, er erwäge nun aus "Solidarität" mit den "wackeren Italien-Reisenden Joschka Fischer und Otto Schily" seinerseits einen Urlaub in dem Land.
Umfrage: Schröder hat Recht
Einer Forsa-Umfrage für den Nachrichtensender N24 zufolge halten rund zwei Drittel der Deutschen die Urlaubs-Absage des Kanzlers für richtig. Nur 27 Prozent kritisierten diesen Schritt. Die AOL-Mitglieder können ebenfalls abstimmen.
Italienische Presse kritisiert Rom
In Italien hat der Fall in der Presse für viel Kritik an der eigenen Regierung gesorgt. Die Absage nach den abfälligen Äußerungen Stefanis über deutsche Urlauber stelle "die internationale Glaubwürdigkeit der Regierung in Frage", kommentierte die Zeitung "La Repubblica" unter der Überschrift "Europäische Dummheit". Die Zeitung "Corriere della Sera" kritisierte die Gleichgültigkeit Berlusconis auf Schröders Absage. Das Blatt "Il Sole 24 Ore" machte sich Sorgen über die Auswirkungen auf den italienischen Tourismus. (fw/dpa/ddp)