Jutta Ditfurth:
Zahltag, Junker Joschka!
(Teil 9)
Wie Joschka einen Gartenzwerg zum Schweigen brachte
...er machte Ludger Volmer einfach zum Staatsminister
Ein Herr Dick kassiert plötzlich Gehalt wie ein Drei-Sterne-General. Cohn-Bendit fand es hirnverbrannt, Atomwaffen zu verschrotten. Und Joseph Fischer sitzt huldvoll auf dem schwarzen Ledersofa.
NIE WIEDER DEUTSCHLAND
Mai '90, linke Grüne demonstrieren in Frankfurt.
1. Reihe Mitte: Jutta Ditfurth. Rechts daneben: Claudia Roth, heute grüne Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte. Daneben Angelika Beer, heute Verteidigungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion
Joseph "Wilhelm" Fischer wurde Außenminister und verkündete unverzüglich: Ich kenne keine grüne, ich kenne nur noch deutsche Außenpolitik. "Die Außenpolitik Deutschlands" habe sich "durch die neue Bundesregierung... in ihrem Kern" nicht verändert, lobte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Bundeskanzler Schröder und sein Außenminister Fischer beherzigen - ihrem Kontinuitätsversprechen folgend - die Prinzipien außenpolitischen Handelns, wie sie Kohl in Erz gegossen hatte".
In den 80ern wollten die Grünen raus aus dem "aggressiven Militärbündnis Nato" und kämpften gegen Atom-waffen in Ost und West. Seit Ende der 80er Jahren gaben die Grünen ihre pazifistischen und antimilitaristischen Positionen Schritt für Schritt auf. 1994 schrieb ich in "Konkret": "Es gibt keine andere deutsche Partei, der es gegenwärtig vergleichbar erfolgreich gelingen könnte, einen skeptischen, ökologisch angehauchten... Teil der Mittelschicht in die herrschende Politik einzubinden und mitzuziehen: heim ins Reich, notfalls in den Krieg." Dafür gab es viel Kritik.
Während Cohn-Bendit längst Kampfeinsätze der Bundeswehr verlangte, sah Joseph Fischer 1994 das mörderische Wüten der Wehrmacht auf dem Balkan als Einwand gegen den Einsatz von deutschen Kampftruppen: "Für die Zukunft sehe ich die erhebliche Gefahr, daß die Bundesregierung, Koalition und Generalität nach den Gesetzen der Salami-Taktik Anlässe suchen oder Anlässe schaffen werden, um die Barrieren abzuräumen, die es gegenüber der Außenpolitik des vereinigten Deutschlands noch gibt. Als Vehikel dienen dabei die Menschen-rechts- und Humanitätsfragen." Fischer beschrieb damit exakt die Taktik, mit der er 1999 den ersten Krieg Deutschlands nach 1945 betreiben sollte.
Gartenzwerge
(Bildunterschrift)
Bücklinq vor den USA. Joschka Fischer (M.) nahm Ludger Volmer (r.) im Oktober 98 mit zu Bill Clinton. Der einstige Amerika-Feind drückt US-Präsident Clinton honigsüß die Hand. Wenig später wurde Volmer Staatsminister bei Fischer
"Zu Fischers klugen Schachzügen... zählte auch, daß er Ludger Volmer, der bis dahin zu seinen linken Gegenspielern bei den Grünen zählte, als Staatsminister in die Pflicht nahm - und zum Schweigen brachte", schrieb Fischers Hofbiografin Sibylle Krause-Burger. Noch 1997 hatte Volmer Fischer wegen dessen zunehmender Kriegsbereitschaft kritisiert und zum Wahlboykott aufgerufen. Doch als es 1998 darauf ankam, verbeugte er sich in Washington auf das Servilste, und Bill Clinton schüttelte dem "politischen Gartenzwerg" (Johannes Agnoli) die Hand. Eine ebenso lächerliche Figur macht Angelika Beer. Noch 1990 demonstrierte sie unter der Parole "Nie wieder Deutschland". 1999 lobte sie das Bundeswehrgelöbnis in Berlin.
Dümmere deutsche Journalisten ängstigten sich nach der Bundestagswahl 1998, ob "Washington" einen Ex-Revoluzzer als Außenminister akzeptieren würde. Darüber spotteten US-Zeitungen. Eine Sprecherin des State Department erklärte, "die Grünen sind für uns keine unbekannte Größe und Fischer keine Überraschung". Man hatte Fischer längst durchleuchtet. Mit mir hatte man es, als ich Bundesvorstandssprecherin der Grünen (l984 - l988) war, auch versucht. Es war eine Sache der linken Überzeugung und der persönlichen Würde, mich dieser Anmaßung nicht zu unterwerfen.
Der US-Kongreß hatte bald keine Bedenken mehr gegen Joseph Fischer. 1996 in Washington "kam er bei einer Begegnung mit Abgeordneten des außenpolitischen Ausschusses sehr gut an" (State Department). 1998, kurz vor der Bundestagswahl, bestand Fischer sein letztes Examen: Bei einem Besuch in den USA soll er versprochen haben, im Kriegsfall auf Seiten der Bomber zu stehen.
Nur naive Wähler der Grünen waren überrascht, als neun von 48 grünen Bundestagsabgeordneten am 16. Oktober 1998, rund drei Wochen nach der Bundestagswahl, einen Vorratsbeschluß unterstützten, sich an eventuellen Nato-Luftangriffen gegen Jugoslawien zu beteiligen. Ich schrieb: "Von deutschem Boden kann wieder ein Krieg ausgehen. Die Nato hat eine rotgrüne Kriegsregierung auf Abruf." Auch dafür gab's harsche Kritik. Fünf Monate später waren deutsche Flugzeuge über Belgrad in der Luft.
Wofür brauchten die herrschenden Kreise in Deutschland einen Grünen als Außenminister? Ab und zu sucht sich die Ministerialbürokratie neue Gesichter wie leere, manchmal etwas zerknitterte Seiten, auf die sie neue Kapitel deutscher Außenpolitik schreibt. Man integriert frühere Systemoppositionelle wie Fischer und seinen Planungschef Georg Dick ("Pflasterstrand") sowie den ehemaligen KBW-Chef Hans-Günther "Joscha" Schmierer, der - von Kriegstreiber Cohn-Bendit im "Spiegel" hochgelobt - Fischer heute als Europa-Berater dient.
Georg Dick begleitete Fischer als Pressesprecher 1983 nach Bonn, 1985 nach Wiesbaden, wo Dick 1991 Vize-Regierungssprecher der hessischen rotgrünen Koalition wurde. Kurz bevor Fischer 1994 wieder nach Bonn wechselte, hievte er Dick in einer "Sprungbeförderung" von einer B-3- auf eine B-6-Stelle (12000 DM). Dick wurde Beamter auf Lebenszeit. Soviel Dank für die Bekämpfung der linken Grünen mußte sein. Georg Dick "beherrscht die Machtspiele der politischen Szene perfekt", schrieb die "Frankfurter Rundschau", "die Geheimdiplomatie ist seine Leidenschaft". Seit Oktober 1998 ist er Ministerialdirektor "mit dem Gehalt eines Drei-Sterne-Generals - so etwas dürfte es in der Schaltzentrale der deutschen Außenpolitik noch nicht gegeben haben."
Noch vor den grünen Amtsträgern waren die neokonservativen Ideen der Grünen im Auswärtigen Amt angekommen: vor allem eine bestimmte Definition von "Menschenrechten", die geeignet ist, den deutschen Herrschaftsbereich auszudehnen, indem in die Souveränität anderer Staaten eingegriffen wird. Diese "Menschenrechte" sollen von jetzt an, wie Fischer am 22. September 1999 als Merkmal neuer deutscher Außenpolitik vor der Uno verkündete, über dem Prinzip der Souveränität von Staaten stehen.
Das klingt, bei oberflächlicher Betrachtung, menschenfreundlich und ist doch katastrophal: Die oberste Bestimmung des Völkerrechts sollte daraus bestehen, die Würde des Menschen zu schützen. Ein Völkerrecht, das nicht auf einem umfassenden Verständnis der - sozialen und demokratischen - Menschenrechte beruht, ist kein wirkliches Völkerrecht. Ein Menschenrecht aber, das von den mächtigsten Staaten der Welt als Hebel benutzt werden kann, um sich über das Völkerrecht und die Souveränität anderer Staaten hinwegzusetzen, ist kein "Menschenrecht", sondern eine Methode zur Herrschaftssicherung einer imperialen Macht.
Es geht um Menschenrechte? Warum wird dann das ohnehin kümmerliche Asylrecht noch weiter verschärft, warum die "endgültigen" Grenzen der EU militärisch gegen Flüchtlinge hochgerüstet? Warum verweigerte Fischer während des Krieges gegen Jugoslawien Deserteuren ein Aufenthaltsrecht? Warum scheint der "deutsche" Außenminister nicht zu wissen, wo Afrika liegt?
Seit Jahren hatten Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA) die Grünen auf ihren Parteitagen beobachtet, Texte analysiert, den Abgang der Linken mit Freuden beobachtet und in einer wachsenden Zahl von "Hintergrundgesprächen" die möglichen künftigen Regierungsmitglieder geprüft.
Fischer kam ohne Hausmacht ins AA. Vom ersten Moment an hinterließ er eine breite Schleimspur und unterwarf sich dem Apparat der herrschenden Ministerialbürokratie. Er verlangte - gegen die früheren demokratischen Bildungsprogramme seiner Partei - eine Eliteausbildung für Diplomatenkinder. Lobte seine Betreuung durch das Protokoll, das einem sage, wo man zu stehen und mit wem man wann zu reden habe.
Die alten Seilschaften wußten ihn zu nutzen: "Selbst über die Steuervorteile der Diplomaten hielt Fischer seine schützende Hand, aus der ihm seine Leute seither fressen", verriet die "Zeit". Fischer "ließ selbst enge Vertraute seines Vorgängers an ihrem Platz. Den politischen Direktor von Klaus Kinkel (FDP). Wolfgang Ischinger, beförderte er gar zum Staatssekretär", fiel der "taz" auf. "Ischinger hat mit am Tisch in Dayton gesessen. Er ist der erste Mann der operativen Außenpolitik." Der kriegstaugliche Ischinger und Staatssekretär Hans-Friedrich von Ploetz, der "zur Riege der Genscheristen gezählt" wird, "bürgen für politische Kontinuität, die Fischer abschirmen wird" ("Süddeutsche Zeitung").
Der deutsche Außenminister ist ein vielfach abhängiger Mann. Er hängt vom Wissen anderer um seine Vergangenheit ab (siehe Kapitel 2 dieser Serie) und von einer Ministerialbürokratie, die ihn jederzeit mit internen Informationen - über Unkenntnis, Fehlentscheidungen oder diplomatische Peinlichkeiten - auffliegen lassen kann.
(Wieder ein eingeschobener Kommentar)
kommentar
Fischer und die Frauen
von Juta Ditfurth
Die Grüne Vorstands-Sprecherin Antje Radcke hat gemerkt, daß Joseph Fischer sie mobbt. Er habe offensichtlich "Schwierigkeiten mit Frauen in Führungspositionen"' versuche "Frauen kleinzumachen", klagte sie in "Welt am Sonntag" ... Die Grünen sind längst nicht mehr feministisch. Im Kern der Fischer-Gang gab es nie gleichberechtigte Frauen, weder in den 70ern noch heute. In grüne Spitzenfunktionen lassen die Realos nur Frauen - von Kerstin Müller bis Andrea Fischer -, die keine ernsthaften Konkurrentinnen um rot-grüne Macht sind. Fischer will Fritz Kuhn und Renate Künast als Parteisprecher; eine (!) Frau muß (noch) sein, wg. Parteibasis. Also sägen Fischers Friends mit Hilfe des "Spiegel" an den Stühlen der Parteisprecherinnen Antje Radcke und Gunda Röstel. Realos sind die auch. Aber man hat sie in diese Positionen gehievt, weil sie schwach sind und der Realo-Kernclique keinen Ärger machten. Jetzt will Fischer in Berlin eine strategische Verstärkung nach rechts und die krisengeschüttelte Partei noch fester in den Griff bekommen. Also müssen die "Mädels" (Fischer) weg. Kuhn ist ein enger Freund von Fischer. Vor allem aber sind Kuhn und Künast Realo-Hardliner. Beide sind offen für Schwarz-Grün...
Aber auch er hat, wie andere im Auswärtigen Amt, seine Leute in den Medien. Zum Beispiel Reinhard Mohr beim "Spiegel", der sein Leben lang nichts anderes mehr tun wird, als die Linke dafür zu hassen, daß er ihr einmal angehörte. Die realogrünen Autoren Broka Hermann und Esther Schapira samt dem verantwortlichen Redakteur Joachim Faul stich (der früher Werbefilme für die Grünen drehte) produzierten ein TV-Portrait von Fischer für die ARD, ein extrem ehrfürchtiges Stück Hofberichterstattung. Darin durfte Georg Dick seinen Wohltäter als "einsamen" Mann mystifizieren. Fischer gab huldvoll bis mürrisch Platitüden von sich, im schwarzen Ledersofa oder in 10000 Meter Flughöhe. Politische Kritiker waren so wenig gefragt wie ein Abgleich mit der Wirklichkeit deutscher Außenpolitik.
Rotgrün versucht, enthemmter als die CDU/FDP-Regierung, Deutschland vom Ballast des NS-Faschismus zu befreien. Rotgrün ignoriert die erstarkende völkisch-rechtsextreme Massenkultur, nicht nur im Osten Deutschlands, wo sich Neofaschisten mit rassistischen und antisemitischen Anschlägen "befreite Zonen" erobert haben. Kein einziges Mitglied der rotgrünen Regierung hat sich von Martin Walsers Rede (1998) von der "Auschwitzkeule" und vom Holocaust-Denkmal als "Schandmahl" distanziert. Dafür überaus deutlich von den überlebenden NS-Zwangsarbeitern, die in Konzentrationslagern oder bei Firmen wie Krupp, Daimler oder Porsche Sklavenarbeit leisten mußten: Seine Aufgabe sei es, sagte Bundeskanzler Schröder, der deutschen Wirtschaft die maßlosen Ansprüche der Zwangsarbeiterinnen vom Hals zu halten.
Lange Zeit hatte "Auschwitz" den politischen und ökonomischen Machtinteressen Deutschlands im Weg gestanden: Die Vernichtung der europäischen Juden, die Ermordung von Kommunisten, Sozialisten und Roma, Homosexuellen und Osteuropäern. Vom 24. März bis Anfang Juni 1999 führte Deutschland Krieg gegen Jugoslawien. Für einen winzigen historischen Moment wurden die Grünen unersetzlich. Außenminister Fischer rechtfertigte den ersten deutschen Krieg seit 1945, in dem er im Kosovo einen "barbarischen" Faschismus, gar einen "primitiven" Faschismus zu entdecken behauptete. Furchtbarer und offensichtlich nicht so elegant wie der deutsche NS-Faschismus? Jedes Massaker - außer von der Nato oder der UÇK an Serben oder Roma begangen - nannte Fischer fortan einen "Völkermord". Er behauptete die Existenz von KZ im Kosovo und verglich Miloševic' mit Hitler. Sein Lakai Ludger Volmer plapperte ihm nach: "Miloševic handelt nicht anders als Hitler".
Die deutsche Sprache enthält genügend Worte, um Schrecken zu beschreiben. Dafür braucht es keinen Vergleich mit Auschwitz. Nach dem Krieg gab der britische Außenminister Robin Cook zu, das größte Massengrab, das man bisher im Kosovo gefunden haben, berge 70 Leichen.
Schwer vorstellbar, daß Helmut Kohl (CDU) oder Guido Westerwelle (FDP) mit einer derart makabren Rechtfertigung durchgekommen wären. Es mußte ein Grüner sein, ein ehemaliger Antifaschist, der das in alternative Floskeln gehüllte Propagandamaterial für den Krieg lieferte.
Es ging nicht um "Menschenrechte". Es ging um die Zerschlagung Jugoslawiens, des letzten Nato-resistenten Landes auf dem Balkan, Es ging darum, Rußland weiter auszugrenzen und darum, den Konkurrenzkampf Deutschlands und der EU mit den USA fortzuführen: um die Herrschaft über frühere sowjetische Republiken wie Kasachstan oder Turkmenistan. Zentralasien, das Gebiet zwischen der Ostgrenze der Türkei und der Westgrenze Chinas, ist größer als Europa. Dort, um das Kaspische Meer, liegen ungeheure Bodenschätze, Gold, Uran und bis zu 30 Milliarden Tonnen Öl, die für explodierende Gewinne der großen Konzerne abgebaut werden sollen.
Die Grünen wurden, 19 Jahre nach ihrer Gründung, zur Kriegspartei. Heute akzeptieren sie den Eurofighter, Krisenreaktionskräfte, NH-90 Kampfhubschrauber und Großraum-Militärtransporter. Die rotgrünen Koalitionsvereinbarungen erlauben auch Rüstungsexporte. Fischer lehnte im Sommer 1999 im Bundessicherheitsrat die Verschärfung der Rüstungsexport-Richtlinien ab. Er stimmte mindestens der Lieferung von sechs militärischen U-Booten an die Türkei zu (die Sitzungen sind geheim). Für ein bißchen grüne Imagepflege lehnte er die Lieferung eines Test-Panzers an die Türkei ab. Alles Taktik. Die Mehrheit im Bundessicherheitsrat war klar. Fischer kam zur Sitzung, "um überstimmt zu werden" ("Die Woche"). Außenminister Genscher (FDP) beanspruchte im Bundessicherheitsrat übrigens ein Veto-Recht, Fischer nicht.
Menschenrechte? Auch dank Fischers Freund Otto Schily (SPD-Innenminister) wird nur ein verkümmertes EU-Asylrecht bleiben. Menschenrechte? Die neuen Kriegskumpane des Herrn Fischer verstehen viel davon. Madeleine Albright, angesprochen auf die Hunderttausende durch das Embargo der USA im Irak gestorbenen Kinder: "Das ist eben der Preis." UÇK-Chef Haslim Thaci, ein Fischer-Kumpel, kam mit Gewalt an die Spitze der UÇK, einer terroristischen Vereinigung, zu deren Praxis - bereits vor dem Krieg - Mordanschläge auf Serben und Hinrichtungen von kosovarischen "Kollaborateuren" gehörten.
Der Pate
Der Außenminister und der Kosovo. Aus "humanitären Gründen" hatte Joschka Fischer den Krieg befürwortet. Im September traf er Haslim Thaci (Foto), den Führer der Kosovo- albanischen Miliz UÇK. Diffurth: "Eine terroristische Vereinigung, die bereits vor dem Krieg Mordanschläge auf Serben verübte"
Menschenrechte? Fischer war zum Staatsbesuch in der Türkei. Da wurde Cevat Soysal, ein in Deutschland wegen politischer Verfolgung anerkannter kurdischer Asylbewerber, vom türkischen Geheimdienst aus Moldawien entführt. Soysal, der an Tuberkulose, Hepatitis und Depressionen litt, Folgen früherer türkischer Folterungen, wurde erneut gefoltert. Bahar Soysal, seine Frau, bat Fischer im Namen "der Menschenrechte alles zu tun, um meinen Mann zu retten". Außenminister Fischer weigerte sich, mit der Türkei auch nur über Soysal zu sprechen. Das Auswärtige Amt erklärte sich für nicht zuständig. Für einen Krieg ist man zuständig. Für die Menschenrechte eines einzelnen gefolterten Menschen nicht. Brav absolvierte Fischer seinen Staatsbesuch, vermied das Wort "Kurden" und versprach sich für den Kandidatenstatus der Türkei in der EU einzusetzen.
Die Türkei ist seit 1952 Nato-Mitglied. Sie wird als militärischer Stützpunkt an der Südostgrenze der EU und der USA gebraucht und im Golfkrieg gegen den Irak. Die Türkei darf Kurden und Oppositionelle foltern und ermorden.
Kurz nach Fischers Rede vor der UN (September 1999) freute sich NATO-Mann Klaus Naumann, daß es künftig häufiger zu Kriegen mit deutscher Beteiligung kommen würde. Fischer übte schon. Ohne Rücksprache mit dem Bundestag versprach er der UN, Bundeswehr-Sanitätseinheiten nach Osttimor zu schicken, Er wollte demonstrieren, daß Deutschland nun auch unabhängig von den USA militärisch handeln könne.
Fischer verlangte im Januar 1999 vor der französischen Nationalversammlung "eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität". Im Juni 1999 beschloß der EU-Rat, die EU müsse ihre "Fähigkeit zu autonomen Handeln" auf "ein glaubwürdiges Militärpotential" stützen. Es droht der Ausbau der deutsch-französischen Militärachse und ihres Atomwaffenpotentials. Das Militärbündnis WEU soll der militärische Arm der EU werden. Seit kurzem ist auch Großbritannien engagiert.
Schon 1994 wies Daniel Cohn-Bendit, nicht sonderlich intelligent, aber ein fähiger politischer Opportunist, seinem Freund Fischer die Richtung: Er fände "es hirnverbrannt, alle Atomwaffen einseitig zu verschrotten".
Vielleicht werden die Grünen nicht nur die Partei, die die Atomenergie modernisiert, statt alle Atomanlagen sofort stillzulegen, sondern auch noch diejenige, bei der wir mit einer "menschenrechtlichen" Rechtfertigung für europäische Atomwaffen rechnen müssen.
Der erste deutsche Krieg hat stattgefunden. Fischer hat seine wichtigste Funktion erfüllt. Er ahnt: "Vielleicht sind die Grünen doch nur ein Ein-Generationen-Projekt". Noch braucht er die Partei, um im Amt zu bleiben. Probleme? Joggen. Fit for Fun. Der kurze Lauf - vielleicht in den nächsten Krieg.