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Thema: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

  1. #1
    marc
    Gast

    Standard "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Ganz lesens- und wohl auch diskussionswürdiger Text von Fredmund Malik.
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    Seid liberal, nicht neoliberal
    von Fredmund Malik
    Echter Kapitalismus schafft Wohlstand durch Investitionen. Wir aber leben in einem zerstörerischen Pekuniarismus.
    Tatsächlich ist das, was wir haben, kein Kapitalismus, sondern etwas Schlimmeres. Der Kapitalismus würde, bei allen Schwächen, durch Investitionen Kapital schaffen und damit die Voraussetzungen für Wohlstand. In Wahrheit ist in den vergangenen zehn Jahren aber Kapital in noch nie erlebtem Ausmaß vernichtet worden.
    Die eigentlichen Probleme sind der Neoliberalismus und die in dessen Kontext entstandene Art der Unternehmensführung: die am Shareholder Value orientierte Corporate Governance. Was sich unter dem Namen „Neoliberalismus“ präsentiert, ist kein Kapitalismus, sondern ein primitiver Geldökonomismus. Ein System, in dem alles auf eine einzige Kategorie, nämlich Geld, reduziert wird, in Geld wahrgenommen und Geld bewertet wird. Geld, nicht Kapital, dominiert Denken und Handeln.
    Es ist schlichtweg ein Märchen, dass, was immer unter Globalisierung verstanden werden soll, zu dieser Art des Wirtschaftens zwinge.
    Zu kritisieren ist der falsche Liberalismus, der unter dem Etikett des Neoliberalismus als bestes aller denkbaren Systeme verbreitet wurde. Jetzt riskiert die Kapitalismuskritik genau jene Elemente des echten Liberalismus zu zerstören, die für eine funktionierende Gesellschaft unabdingbar sind, nachdem der Sozialismus sich als untauglich erwiesen hat.
    Der heutige Neoliberalismus ist insgesamt ein Zerrbild des echten Liberalismus, das keiner der großen liberalen Denker akzeptiert hätte. Echter Liberalismus ist nicht Theorie der Wirtschaft, sondern eine Theorie der Gesellschaft. Er stellt die Wirtschaft explizit in den Dienst der Gesellschaft, aber auf eine andere Weise als der Sozialismus.
    Kein echter Liberaler hat jemals Individualismus mit Egoismus verwechselt. Der Verhaltenskrüppel der Wirtschaftswissenschaften, der Homo Oeconomicus, wurde erst lange nach Adam Smith geboren. In dessen Werk ist er, entgegen allen unausrottbaren Legenden, jedenfalls nicht zu finden.
    Echter Liberalismus verlangt nicht, dass alle Ziele der Wirtschaft unterstellt werden sollen. Niemand hat deutlicher als Friedrich von Hayek gesagt, dass letztlich alle Ziele nicht-ökonomischer Natur seien. Viele einflussreiche Gegner, zum Beispiel Künstler und Intellektuelle, aber auch viele junge Menschen, könnten für ein freies Wirtschaftssystem gewonnen werden, wenn man von ihnen nicht verlangte, alles rein ökonomischer Ratio unterzuordnen.
    Die liberalen Denker haben die Marktwirtschaft zwar verteidigt, aber nicht gepriesen. Sie wussten, dass sie schlecht und ineffizient ist. Sie wussten aber auch, dass alle anderen Systeme noch viel schlechter und ineffizienter sind.
    Der Markt ist zwar unverzichtbar, aber limitiert in seiner Funktionsweise. Es ist naiv zu sagen, der Markt werde schon alles richten. Er führt keine wirtschaftliche Leistung herbei; er verhindert keine Fehler, sondern bestraft sie, nachdem sie passiert sind.
    Die wirkliche Ursache der heutigen Misere sind Managementvorstellungen, die in den neunziger Jahren im falschen Glauben an die Überlegenheit der US-Wirtschaft von dort importiert wurden. Die am Shareholder Value orientierte Corporate Governance galt und gilt noch immer als das Nonplusultra des Fortschritts in Unternehmensführung. Eingetreten ist das Gegenteil.
    Die heutige Corporate Governance resultiert aus der falschen Frage, in wessen Interesse ein Unternehmen geführt werden soll. Als Antwort zählt das Interesse der Aktionäre und neuerdings, weil Zweifel aufkommen, das Interesse der Stakeholder. Beides ist falsch. Es ist falsch in dem Sinne, als eine derart ausgerichtete Unternehmensführung aus eigener Überzeugung, oder gezwungen durch Publikumserwartungen und den Terror der Finanzanalysten, millionenfach verstärkt durch die Medien, systematisch falsche Entscheidungen trifft.
    In der Bipolarität von Shareholder- und Stakeholder-Ansatz wurde die dritte Möglichkeit bisher übersehen.

    Diese ist das einfache Erfolgsgeheimnis aller gut geführten Firmen, nämlich das Unternehmen selbst und nicht irgendwelche Interessengruppen zum Referenzpunkt zu machen. Was gut für das Unternehmen ist, kann für seine Aktionäre und sonstigen Stakeholder nicht falsch sein. Umgekehrt ergibt sich aber keine Logik.
    Es kann nicht Zweck eines Unternehmens sein, Arbeitsplätze zu schaffen. Kundenzufriedenheit muss Vorrang haben vor Aktionären und Arbeitnehmern, selbstverständlich auch vor Managern, die ihrerseits Arbeitnehmer sind, auch wenn sie noch so komfortable Einkommensarrangements haben mögen.
    Kundenzufriedenheit orientiert sich am Konkurrenzangebot. Somit ist nicht Shareholder Value, sondern Customer Value entscheidend; und nicht Wertsteigerung, sondern Wettbewerbsfähigkeit. Das ist die logisch ebenso zwingende wie praktisch schwierig zu realisierende Wahrheit des Wirtschaftens und der Führung eines Unternehmens.
    Vollständiger Artikel:
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    Geändert von marc (04.01.2009 um 22:20 Uhr)

  2. #2
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Sehr schöner Ansatz.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  3. #3
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Liest sich ganz vernünftig soweit.
    Danke für den Verweis!
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

  4. #4
    Vater der Drachen Benutzerbild von Skorpion968
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Dem kann ich weitgehend zustimmen.
    Was lernen wir? Nicht nur den Sozialismus, sondern auch den Liberalismus hat es noch nie gegeben.
    Wir sollten uns mal langsam verabschieden von diesen beknackten, korrupten Zwischenlösungen, ich nenne das mal Klientelismus. Nur so kommt die Menschheit ein Stück voran.
    Geändert von Skorpion968 (04.01.2009 um 23:20 Uhr)
    Teilen ist das neue Haben.

  5. #5
    Mitglied
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Kapitalismus meint in Wirklichkeit: moderner Feudalismus.
    Dazu hat der Volltrottel K. Marx das von Betriebslosen erwirtschaftete Kapital mit Inhabern personalisiert ("das Kapital"), um es so gegenüber den Kapitalerwirtschaftern klassenantagonistisch zu verteufeln ("der Kapitalismus").
    Damit ist Marx der nützlichste Idiot der Weltgeschichte zur sozialstaatlichen Scheinrechtfertigung modernen Feudalismus, also für Zwangsarbeit, Enteignung, Lehnswesen und Berufsverbot (Letzteres z.B. sog. "Arbeitslosigkeit").
    Der marxistische Arbeitsbegriff ist die größte Idiotie der Menschheit.

    Arbeiten bezweckt anbieten. Betriebslose Anbieter benötigen dazu goldene Netze, mit denen sie individuell mental adäquat anbieten, wonach der value, also der Profit leistungsanteilig abzuschöpfen ist.
    Das ist politisch nicht gewollt und per grundrechtswidriger sozialstaatlicher Arbeitsgesetzgebung unterbunden.
    Dazu gibts zudem noch nicht mal die Wissenschaften.
    Wobei es für Villa&Porsche dadurch kaufkräftiger Nachfrager unermeßlich viel zu tun gibt.
    "Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen. Dafür müsste die weltweite Gesellschaft allerdings zur Vernunft kommen." Joseph Weizenbaum
    GmbHler sind RufmordGift, Arbeitsverträge sind Pest, Arbeitsrichter verhöhnen SozialstaatsOpfer.

  6. #6
    Mitglied Benutzerbild von Hombre
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Malik schreib viel Blödsinn.

    Pakuniarismus (lat. pecunia = Geld)?

    Wir leben gerade in Zeiten, in denen Geld eben nicht viel Wert ist. Es ist den Leuten so wenig wert, dass sie sogar das Geld, das sie in der Zukunft verdienen werden, jetzt schon ausgeben - abstoßen so zu sagen (Nichts anderes ist Kredit). Daraus speist sich auch die Inflation.
    Wenn den Leuten Geld wichtig wäre, wären sie drauf bedacht, das Geld zu horten. Aber das genaue Gegenteil passiert. Die Leute geben heute das Geld aus, das sie morgen zum Leben brauchen werden. Mehr noch: Durch die Inflation ist es sogar vernünftig das Geld heute auszugeben als es auf die hohe Kante zu legen.

    Wie kommt es?

    Es ist die Gegenwartsfixierung, die die Leute dazu treibt die heutigen Wünsche höher zu bewerten als die Kosten, die in Zukunft anfallen. Dieser Zustand kommt mitunter durch die allumfassende Daseinvorsorge in den Industriestaaten - durch soziale Absicherungsnetzte, staatlich Rente ...

    Wenn man die Risiken der Zukunft staatlich absichert und die Leute davor "befreit" selbst für den Fall vorzusorgen - oder zumindest so tut als könnte der Staat die Risiken absichern -, dann verlieren die Leute die Zukunft aus den Augen. Die Zukunft ist dann keine Größe, die die heutigen Entscheidungen beeinflusst.

    Es ist im Moment sogar vernünftig sein ganzes Geld - auch das zukünftige - heute auszugeben, denn der Staat sorgt nur für die, die keines mehr haben. So kann man doppelt profitieren: Heute durch das eigene Geld und morgen durch das Geld der anderen. Ein Dummkopf, der das anders tut.

    Die liberalen Denker haben die Marktwirtschaft zwar verteidigt, aber nicht gepriesen. Sie wussten, dass sie schlecht und ineffizient ist. Sie wussten aber auch, dass alle anderen Systeme noch viel schlechter und ineffizienter sind.
    Natürlich haben die "liberalen Denker" die Marktwirtschaft gepriesen. Keiner sagte, dass die Marktwirtschaft schlecht und ineffizient ist. Ganz im Gegenteil. Die Erkenntnis lautet: Die Marktwirtschaft kann es nicht "richtig" machen, denn dazu fehlt den Menschen das vollkommene Wissen (auch wenn sich gerade die Sozialisten dieses Wissen anmassen). Aber die Marktwirtschaft kann "optimale" - unter gegebenen Umständen beste - Ergebnisse liefern.

    Ist Malik vielleicht linker agent provocateur, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die Begriffe der Freiheit umzudefinieren? Scheint so.
    Freiheit braucht keine Politik :hihi:

  7. #7
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Zum Thema "Zukunft": Das menschliche Bewusstsein kommt mit bestimmten Grössen schlecht zurecht:
    Mit Gruppen über Sippengrösse, mit Entfernungen über einem Tagesmarsch - und auch mit Zukünften, je weiter sie entfernt liegen.

    Das ist bei der Erklärung der Zeitpräferenzrate zu beachten.
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

  8. #8
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Zitat Zitat von marc Beitrag anzeigen
    Ganz lesens- und wohl auch diskussionswürdiger Text von Fredmund Malik.
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    Vollständiger Artikel:
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    Malik ist ein schlauer Mann, und einer der vernünftigeren unter den Unternehmensberatern und Managementtrainern. (MZG, Management Zentrum St. Gallen).
    Ein enger Freund von mir arbeitet dort als Trainer.

    Aber letztlich treibt auch er nur eine anders lackierte Sau durchs Dorf. Wirtschaft ist nicht planbar oder an Interessen bestimmter Gruppen auszurichten, die einzige Möglichkeit ist das Abstecken von Rahmenbedingungen durch die Gesellschaft innerhalb derer wirtschaftliche Abläufe frei möglich und selbstorganisierend sind.
    Hier gibt es ein Optimum, das irgendwo zwichen totalem Regularismus und Anarchie liegt. Der Streit geht um die Lage dieses Optimums, um nichts anderes.

  9. #9
    GESPERRT
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Zitat Zitat von -jmw- Beitrag anzeigen
    Zum Thema "Zukunft": Das menschliche Bewusstsein kommt mit bestimmten Grössen schlecht zurecht:
    Mit Gruppen über Sippengrösse, mit Entfernungen über einem Tagesmarsch - und auch mit Zukünften, je weiter sie entfernt liegen.

    Das ist bei der Erklärung der Zeitpräferenzrate zu beachten.
    Die meisten haben auch mit Zahlen >10 Probleme. Liegt an den Fingern.

  10. #10
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: "Seid liberal, nicht neoliberal!"

    Auch das, ganz scherzfrei jetzt, durchaus möglich, ja!
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

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