In Dänemark ist Deutschland als brutales „Billiglohn-Paradies“ zum Wahlkampfthema geworden.

Die dänischen Schlachterei-Konzerne Tulip und Danish Crown haben die Schließung von zwei Großschlachthöfen angekündigt und massiv Jobs nach Deutschland ausgelagert.

In einem TV-Streitgespräch mit Regierungschef Anders Fogh Rasmussen vor den Parlamentswahlen legte der zuständige Gewerkschaftschef Jens Peter Bostrup dar, was er für die wichtigsten Ursachen hält: „Es herrschen Wildwestzustände in Deutschland, und sie zahlen dort Hungerlöhne.“

Zurückhaltender im Ton, aber nicht weniger klar in der Aussage berichtete die größte dänische Tageszeitung „Jyllands-Posten", warum Tulip und Danish Crown sich in den Standorten Oldenburg (Niedersachsen), Schüttorf und Boizenburg mit zusammen etwa 900 Beschäftigten angesiedelt haben: „Deutsche Schlachtereiarbeiter kosten ein Drittel so viel wie dänische.“

Osteuropäische Arbeitskräfte

Möglich macht diese auch für viele Dänen überraschende Rechnung der massive Einsatz extrem niedrig bezahlter osteuropäischer Arbeitskräfte bei der deutschen Fleischveredelung. Danish Crown handelt dabei ausschließlich mit den in der Regel deutschen Kolonnenführern Werkverträge von bis zu knapp einem Jahr aus und zahlt diesen ein Honorar für die Verarbeitung einer bestimmten Menge Fleisch.

„Für uns ist uninteressant, was als Stundenlohn ausgezahlt wird und in welcher Form die Arbeiter ihren Lohn bekommen. Wir sehen nur die Gesamtkosten", sagt die Pressesprecherin von Danish Crown, Gudrun Andreasen und verweist auf einen „ganz enormen Kostendruck“. Alles in allem produziere man in Deutschland zu etwa 50 bis 75 Prozent der heimischen Kosten.

Deutsche Arbeitnehmer kaum organisiert

Auf die Frage, warum das Unternehmen mit derzeit 13 000 dänischen Beschäftigten die Kosten nicht auch im eigenen Land durch osteuropäische Kolonnenarbeiter senkt, antwortet die Unternehmenssprecherin nur knapp: „Dort haben wir Tarifverträge, an die wir uns halten.“ Gewerkschafter Bostrup meint: „Wir Dänen sind zu fast hundert Prozent organisiert. In Deutschland gehören in diesen Betrieben ja oft weniger als zehn Prozent der Gewerkschaft an.“

„Wir achten sehr auf die strikte Einhaltung der deutschen Gesetze", fügt Andreasen hinzu. Auch sie kennt Berichte über die Verurteilung von deutschen Kolonnenführern aus der Fleischbranche zu bis zu drei Jahren Haft wegen Menschenschmuggels, Lohndumping und brutaler Gewaltanwendung gegen rumänische Schlachtereiarbeiter.
quelle:focus.de