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Thema: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

  1. #1
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    Standard Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Im Spätsommer 1987 hatte ich beruflich in der damaligen DDR zu tun. Es war meine erste Reise hinter den eisernen Vorhang. Ich war damals knapp 25 Jahre alt und hatte im Januar meinen 6-jährigen Dienst bei der Bundeswehr beendet. Dort war ich stellv. Zugführer eines Panzerzuges (Leopard II). Aus heutiger Sicht war unsere Ausbildung das beste was es damals bei der Bundeswehr gab. Ich partizipiere noch heute davon. Wir wurden zu selbstbewussten jungen Soldaten erzogen. Stolz auf unsere Panzertruppe war selbstverständlich. Wir strotzten sozusagen vor Selbstbewusstsein. Das war ein Gefühl der Unbesiegbarkeit.

    Während meiner Dienstzeit hatten wir einiges über die DDR erfahren. Mein Kompaniefeldwebel stammte aus der Nähe von Dresden. Ein Teil seiner Familie lebte noch dort. Die besucht er regelmäßig. Von diesen Besuchsreisen erzählte er dann immer. Ich habe dem armen Kerl das damals nie so richtig abgekauft, was er da erzählte. Was ich dann dort selber sah und erlebte übertraf meine kühnsten Vorstellungen. Es war schlimmer als ich mir es je hätte träumen lassen. Menschen standen um Lebensmittel Schlange. Alles war grau und düster. Die Menschen machten auf mich den Eindruck von ängstlichen Sklaven. Gerade gegenüber „Westdeutschen“. Die widerlichen Begriffe „Ossi und Wessi“ gab es damals noch nicht.

    Eines Abends saß ich an der Hotelbar und trank ein Bier. Neben mir nahm eine gutaussehende junge Frau mit ihrer Mutter platz. Wir kamen ins Gespräch. Bald wurde die Mutter müde und verabschiedete sich ins Bett. Wir blieben sitzen und kamen uns näher. Adressen wurden ausgetauscht. Briefe versprochen. Ja, damals gab es weder Handy noch E-Mails.

    Wir schrieben uns regelmäßig. Dann wurde ein Treffen in Ostberlin vereinbart. Heimlich trafen wir uns in der Hauptstadt der DDR, die damals wohl Tummelplatz für sämtliche Geheimdienste der Welt war. Wir übernachteten immer in einer Wohnung eines Freundes meiner kleinen Freundin. Was wir nicht wussten: Er war ein Regimegegner und wurde von der Stasi überwacht. Damit auch wir. Übernachten ist eigentlich nicht richtig. Mitternacht musste ich die DDR verlassen und durfte erst um 06:00 Uhr wieder einreisen. Unsere Tage hatten somit nur 18 Stunden.

    Dieses wiederholten wir so oft wie möglich. Im Prinzip verbrachten wir unseren gesamten Urlaub in Berlin. Ein alter Freund von mir hatte sich vor dem Wehrdienst gedrückt und ist deshalb nach Berlin gezogen. Er arbeitet in Schichten, so konnte ich von nach Mitternacht bis morgens halb sechs seine Wohnung nutzen. Dann fuhr ich wieder über die Grenze zu meiner Freundin. Mit der Zeit war ich ein richtiger Ostberlin Spezialist.

    Wenn ich zu hause war und wir miteinander telefonieren wollten, musste ich das Gespräch morgens früh bei der Post anmelden, um dann irgendwann abends telefonieren zu können. Gespräche in die DDR wurden handvermittelt, man konnte dort nicht so einfach anrufen.

    Aus unserer Freundschaft wurde mittlerweile eine sehr heftige und schöne Liebesbeziehung. Eines Tages erhielt ich wieder einmal Post aus der DDR. Meine Freundin lud mich ein, Weihnachten und Sylvester bei ihr auf der Insel zu verbringen. Ich dachte, die spinnt. Wie soll denn das gehen?? Der Plan war, ich sollte als ihr Cousin getarnt in die DDR einreisen. Eine Schnapsidee. Aber man sollte verliebte Frauen nicht unterschätzen. Ihre Mutter war eine hochrangige Parteifunktionärin. Sie hatte, zu meiner Verwunderung, diese Idee meiner Freundin unterstützt. In dem Brief war ein Fragebogen der Volkspolizei, den ich ausfüllen musste. Als Besuchsgrund musste ich also ein verwandtschaftliches Verhältnis angeben. Also war ich von nun an ihr Cousin. Irrsinn, das geht doch nie gut. Die Stasi hat doch sicherlich unsere Gespräche abgehört. Die sind doch nicht bescheuert. Die können sich doch am Arsch abfingern was hier gespielt wird. Wenn die das peilen, ist Schluß mit Lustig. Wochen später erhielt ich tatsächlich das Einreisevisum. Das gibt’s doch nicht. Die haben uns das tatsächlich geglaubt. Das konnte ich kam fassen. Waren die denn so blöd, dass die nicht mitbekommen das wir die total verarschen. Egal, jedenfalls fieberte ich unserem Wiedersehen entgegen. Dann war es soweit. Am 9. Dezember reiste ich nach Ostberlin. Diesmal trafen wir uns bei Freunden, die ich noch nicht kannte. Kurz nach meinem Eintreffen in der verabredeten Adresse, ein Plattenbau im Zentrum Ostberlins, wollten wir in einem nahegelegenen Hotel noch was trinken gehen. J. kannte den Oberkellner gut. Kaum hatten wir unser Getränk, brachen wir das ganze ab. Wir hatten uns ca. vier Wochen nicht gesehen. Da gab es wichtigere Dinge als Wodka-Orange!

    Am nächsten Morgen fuhren wir dann von Berlin auf die Insel Usedom. Wieder war ich von der maroden Infrastruktur außerhalb Berlins erschüttert. Die Autobahn endete bei Prenzlau. Von da ab ging es über Nebenstraßen auf die Insel. Eine Odysee. Spät abends kamen wir an. Eigentlich hätte ich noch in der Nacht zur Polizei gemusst, um mich ordentlich anzumelden. Aber die Mutter telefonierte kurz mit denen und so musste ich erst am nächsten Morgen dort sein.

    Als ich dann früh zur Polizei kam, musste ich erst in dem übervollen Wartezimmer Platz nehmen, sondern wurde gleich in einen Raum gerufen. Dort wurden kurz die Formalitäten abgewickelt, und ab dafür.

    17 Tage am Stück mit J. Wunderbar! Sie arbeite in der Gastronomie. Vor Weihnachten war auch in der DDR Hochsaison. Sie musste jeden Abend arbeiten. Also bin ich dann jeden Abend in die Hotelbar - in der sie die Chefin war – gegangen um sie zu sehen. Natürlich saßen dort auch Einheimische, mit denen ich schnell in Kontakt kam. Klar glaubte uns keine Sau die Geschichte mit dem Cousin. Erstaunlicherweise hat uns aber nie ein Mensch darauf angesprochen. Noch heute wundere ich mich, dass keine Behörde der DDR das hinterfragte. Unglaublich! Dann kam das Weihnachtsfest, das wir mit ihrer Familie feierten. Mit ihrer sehr resoluten Mutter hatte ich einige Streitgespräche. Auf der einen Seite die überzeugte Kommunistin, auf der anderen der selbstbewusste junge Kerl, der meinte die Weißheit mit Löffeln gefressen zu haben. Da ging es manchmal schön rund.

    Sylvester verbrachten wir noch auf der Insel. Am 2. Januar trafen wir dann zwei Freunde von mir in Ostberlin. Sie haben die Sylvesterfeier in Berlin verbracht. Wir zogen die halbe Nacht um die Häuser. Um nicht Mitternacht den Knast DDR zu verlassen müssen, haben wir uns alle ein Hotelzimmern genommen. J. und ich übernachteten bei einem schwulen Freund von ihr. Den kannte ich natürlich auch nicht. Am nächsten Morgen fuhr ich dann nach hause. Traurig und müde wie ein Hund. Klar hatten wir die Nacht genutzt, um uns voneinander zu verabschieden. Von Berlin bis in meine oberhessische Heimat waren es über 500 km. Ich war heilfroh, endlich in mein Bett zu fallen.

    Danach haben wir uns oft geschrieben. Für uns gab es nur eine Möglichkeit: Wenn wir zusammen sein wollten mussten wir heiraten. Um das zu realisieren, musste ich eine Ehetauglichkeitszeugnis an die Behörden der DDR schicken. Dabei handelte es sich um eine Dokument des Standesamtes, das aussagte ich sei noch nicht verheiratet. Im März kam ihr Schwager auf eine Besuchsreise in „den Westen“. Ich holte ihn bei seiner Tante ab. Er verbrachte einige Tage bei mir. Dann fuhr er wieder nach hause. Im gab ich dieses Ehetauglichkeitszeugnis mit. Das haben die Grenzer der DDR bei ihm gefunden und ihn dann richtig gefilzt.

    Was jetzt kam war wenig erfreulich. Wie und ob die Stasi daran beteiligt war?? Keine Ahnung. Über mich gibt es eine Akte von diesem Verein. Das wurde mir mal bei einer Wehrübung von einem S 2-Offizier erzählt. Jedenfalls ging unsere Beziehung in die Brüche. Nach der Wende verbrachte ich immer viele Urlaube an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern. Ich liebe diese Gegend. Auch auf der Insel war ich. Das hat mir fast das Herz gebrochen. Ich hatte diese wunderbare Frau nie vergessen können.

    Die Jahre gingen ins Land. Immer musste ich an J. denken. Nicht jeden Tag, aber oft. Mittlerweile gab es ja das Internet. Also machte ich mich auf die Suche. Nach einigen Jahren habe ich sie dann gefunden. Hunderte von Mails gingen hin und her. Dann haben wir eines Tages miteinander telefoniert. Unglaublich! Nach unzähligen Telefonaten dann das erste Treffen. Wahnsinn!! Nach über zwanzig Jahren. Wie es mit uns weitergeht?? Keine Ahnung!!

    Jedenfalls ist uns die Stasi damals auf die Spur gekommen. Alleine die Abhörprotokolle unserer Telefonate waren dicker als ein Versandhauskatalog. Unsere Akteneinsicht haben wir jetzt angefordert.

    Fakt ist:

    Wer in diesem Land den Sozialismus einführen will, wird mit meinem Wiederstand rechnen müssen! So wahr mir Gott helfe. Lieber stehend sterben, als kniend leben!! So etwas mache ich nicht noch mal mit!! Oskar und Gregor, merkt euch das ihr Strolche.
    Geändert von Entfernungsmesser (10.10.2008 um 09:57 Uhr)

  2. #2
    nettes kleines Ekel Benutzerbild von Gammel
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    klasse

    nur eine Frage hät ich - du schreibst
    Die Menschen machten auf mich den Eindruck von ängstlichen Sklaven.
    dann aber berichtest du das viele eben die Lügen deckten ohne einen gewinn davon zu haben - ja teilweise risiken auf sich nahmen

    wiederspricht sich das nicht - oder war das nur der erste eindruck der sich dann gab

  3. #3
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Ich würde an deiner Stelle lieber dem Wolfgang auf die Finger schauen!


    P.S. Oskar und Gregor hier zu nennen ist wohl etwas "deplaziert".

  4. #4
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von Gammel Beitrag anzeigen
    klasse

    nur eine Frage hät ich - du schreibst


    dann aber berichtest du das viele eben die Lügen deckten ohne einen gewinn davon zu haben - ja teilweise risiken auf sich nahmen

    wiederspricht sich das nicht - oder war das nur der erste eindruck der sich dann gab
    Genau, es war der erste Eindruck. So wie es im Leben häufig ist, gibt sich das dann.

  5. #5
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von teardown Beitrag anzeigen


    P.S. Oskar und Gregor hier zu nennen ist wohl etwas "deplaziert".
    Warum??? Sind die beiden nicht Mitglieder der SED???

  6. #6
    forward ever Benutzerbild von Lichtblau
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von Entfernungsmesser Beitrag anzeigen
    Wer in diesem Land den Sozialismus einführen will, wird mit meinem Wiederstand rechnen müssen! So wahr mir Gott helfe. Lieber stehend sterben, als kniend leben!! So etwas mache ich nicht noch mal mit!! Oskar und Gregor, merkt euch das ihr Strolche.
    Du musst zwischen Sozialismus als Wirtschaftsform und Diktatur unterscheiden. Niemand ist für eine Diktatur. Alle Linken wollen einen freiheitlich-demokratischen Sozialismus.

  7. #7
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von Entfernungsmesser Beitrag anzeigen
    Warum??? Sind die beiden nicht Mitglieder der SED???
    Oskar war früher ein SPD-Mitglied, und Gregor in der SED - aber diese gibt es nicht mehr.

    Außerdem droht dir die "totale Überwachung" von ganz anderer Seite.

    Aber lassen wirs.....

  8. #8
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von Tschuikow Beitrag anzeigen
    Du musst zwischen Sozialismus als Wirtschaftsform und Diktatur unterscheiden. Niemand ist für eine Diktatur. Alle Linken wollen einen freiheitlich-demokratischen Sozialismus.
    Es gibt keine Wirtschaftsform, die Sozialismus heißt. Es gab bislang nur ein pol. System, das Sozialismus hieß und vom Wesen her eine Diktatur war, und dessen Wirtschaftsform Planwirtschaft hieß.
    "Fernsehredakteure haben eine einmalige Begabung: Sie können Spreu von Weizen trennen. Und die Spreu senden sie dann."
    "Wer zensiert, hat Angst vor der Wahrheit."
    Bei ARD und ZDF verblöden Sie in der ersten Reihe.

  9. #9
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Zitat Zitat von teardown Beitrag anzeigen
    Oskar war früher ein SPD-Mitglied, und Gregor in der SED - aber diese gibt es nicht mehr.

    Außerdem droht dir die "totale Überwachung" von ganz anderer Seite.

    Aber lassen wirs.....
    Und, sind sie deshalb keine Sozialisten??? Und wenn ich mir einen anderen Namen gebe, bin ich dann auch eine andere Person???

  10. #10
    GESPERRT
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    Standard AW: Nie wieder Sozialismus. Eine deutsch/deutsche Geschichte

    Alles unterliegt einem Wandel - sogar in der CSU
    Was haben z.B. die ganzen "Wessi" aus der WASG und den Gewerkschaften mit der ehemaligen SED zu tun?
    Wenn man mit dem Begriff Sozialismus nur die Zustände in der ehemalige DDR assoziiert, zeugt das nicht gerade von "intellektueller Flexibilität".
    Sicher - man kann den Sozialismus ablehnen, aber der Linken zu unterstellen, sie wollten einen Überwachungsstaat wie die DDR einer war...naja.

    Die Überwachung/Datensammlung in der DDR war lange nicht auf einem so hohen Niveau, wie sie jetzt in Deutschland gang und gäbe ist!

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    P.S. Ja, mir ist klar das es in der DDR diese technischen Mglichkeiten noch nicht gegeben hat....

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