Obstbauer Quast hat nun doch sein Land verkauft. Die Stadt Hamburg muss für den Ausbau des Airbus-Werks wohl nicht im großen Stil enteignen. Weil es aber weiter Widerstand gibt, bleibt dem Senat eine Anpassung der Pläne nicht erspart. Das dauert lange und wird teuer. Das letzte Wort hat das Luftfahrtbundesamt.
Airbus in Neuenfelde: Luftstandort in Gefahr
Hamburg - Am vergangenen Samstag um 13.30 Uhr hatte Hamburgs Oberbürgermeister Ole von Beust eine Sorge weniger. Zu diesem Zeitpunkt setzte der Obstbauer Cord Quast seine Unterschrift unter einen Vertrag, mit dem er seine umstrittenen Grundstücke in Neuenfelde an die Hansestadt verkaufte. Über zwei Millionen Euro soll der Landwirt laut Presseberichten bekommen haben.
Weil sich Quast bislang geweigert hatte, die insgesamt 38.000 Quadratmeter zu veräußern, stand der Ausbau des benachbarten Airbus-Werks auf der Kippe. Die Flugzeugwerft benötigt eine längere Startbahn für die Auslieferung des Großflugzeugs A380. Ohne den Zuschlag, so die Hamburger Stadtregierung, hätte dem Luftfahrtstandort Hamburg langfristig das Aus gedroht.
Quast, wie auch Anwohner und die Kirchengemeinde im benachbarten Dorf Neuenfelde blockierten das Projekt jedoch, indem sie den Verkauf mehrerer Grundstücke ablehnten. Sie fürchteten um den Bestand ihres Heimatortes.
Riskante Enteignung könnte vermieden werden
Nachdem Bauer Quast seinen den Widerstand aufgab, hat sich die Situation zu Gunsten von Airbus und der Stadt Hamburg geändert. Die bislang von ihm gehaltenen Flurstücke liegen Mitten auf jener Fläche, auf der künftig die Landebahn liegen soll. Hätte er nicht nachgegeben, hätte die Stadt ihn enteignen müssen. Ein schwieriges Verfahren, erst im August war der Senat mit seinen Plänen zur Landnahme vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert.
Nun gibt es eine bessere Alternative ohne Enteignung. "Wir werden hier erfolgreich sein", sagte Airbus-Chef Gerhard Puttfarcken am Montag vor Journalisten. Die Weichen für die Durchführung dieses Industrieprojektes seien richtig gestellt, erklärte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall am Montag. Dennoch warnte Uldall gleichzeitig vor jener Jubelstimmung, die angesichts der neuen Sachlage zuvor in der Lokalpresse aufgekommen war.
"Der kompliziertere und teurere Weg"
Zu recht, denn der sich abzeichnende Weg bleibt nur die zweitbeste Lösung. Ursprünglich wollte Airbus noch in diesem Jahr über das Projekt entscheiden. Die Kunden sollten den Superairbus dann ab 2005 in Hamburg abholen. Nun soll die Entscheidung erst 2006 fallen, das Auslieferungszentrum 2007 aufgebaut werden. Der Flugzeugbauer will die Auslieferung bis dahin in Toulouse vornehmen. Für Stadt und Unternehmen entstehen Kosten. Airbus-Chef Puttfarcken spricht von "mehreren Millionen Euro".
Grund für die Verzögerung sind die verbleibenden Widerständler in Neuenfelde. Die Kirchengemeinde und ein Privatmann verweigern der Stadt weiter ihre Grundstücke. Uldall spricht von "reiner Obstruktion". Zwar liegen die Flurstücke der Hardliner nicht auf der Landebahn, sondern lediglich im umgebenden Sicherheitsbereich. Dennoch müssen die Verantwortlichen im Rathaus neu planen. "Dies ist der kompliziertere und teurere Weg, dafür aber ohne rechtliches Risiko", sagte Uldall.
Die Stadt hat die Möglichkeit, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand um die Piste herum so anzupassen, dass die Grundstücke nicht betroffen sind. Dazu muss aber das Luftfahrtbundesamt seinen Segen geben. Das alles kostet Zeit. Zudem gebe es keine Garantie, dass die Behörde dem Vorhaben zustimmt, heißt es im Senat.
"Wir werden weiter kämpfen"
Dennoch sind die Verantwortlichen optimistisch, dass das Amt eine Ausnahme macht. Erst am Montag hatte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement nach der jüngsten Entwicklung die Bedeutung der Startbahnverlängerung in Hamburg für den ganzen Wirtschaftsstandort Deutschland hervorgehoben. "Dem hat sich alles andere unterzuordnen", sagte Clement.
Auch könnten die Airbus-Gegner einmal mehr gegen die neuen Pläne klagen. Ihre Möglichkeiten sind jedoch eingeschränkt, da es nicht um Enteignung geht und damit keine Eigentumsfragen aufgeworfen werden.
Dass es sich die verbleibenden Widerständler anders überlegen, ist unwahrscheinlich. "Wir werden weiter kämpfen", erklärte Wortführerin Gabi Quast (nicht verwandt mit Cord Quast) SPIEGEL ONLINE. Ob sie und ihre Mitstreiter gegen die Anpassung der Sicherheitszone klagen wollen, ließ Quast offen: "Wir schauen uns die Pläne an. Vielleicht lachen wir auch nur darüber, statt zu klagen."