Melderecht
Offene Türen für den Missbrauch
Wer länger nicht mehr umgezogen ist, hat es vielleicht noch gar nicht gemerkt: Noch nie war es so einfach, sich polizeilich anzumelden. Die Unterschrift des Vermieters ist nicht mehr erforderlich, auch der Mietvertrag muss nicht vorgelegt werden. Was die Bürger zweifellos freut, lädt Straftäter zum Missbrauch ein.
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Was ist Ihre Hauptkritik am neuen Meldegesetz?
Michael Böhl: Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, wie leicht man zu einer Meldeadresse kommt. Dieser Missbrauch geht zu Lasten des unbescholtenen Bürgers.
MieterMagazin: Wo liegen die Gefahren für Mieter?
Michael Böhl: Zum Beispiel darin, dass plötzlich Mitarbeiter eines Inkassounternehmens vor der Tür stehen - und die treten mitunter recht rabiat auf. Oder dass die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss anrückt, weil ein Tatverdächtiger bei dieser Adresse gemeldet ist. Da hilft es den Mietern auch nicht, zu beteuern, dass sie den Betreffenden gar nicht kennen. Die ganze Wohnung wird durchsucht, das ist ein erheblicher Eingriff in die Privatsphäre. Mithilfe einer fiktiven Anmeldung kann sich auch jeder vom Schlüsseldienst die betreffende Wohnung öffnen lassen. Im Extremfall kann es sogar passieren, dass ein Sondereinsatzkommando die Wohnung stürmt - während die ahnungslosen Mieter beim Kaffee sitzen.
MieterMagazin: Wie können sich Mieter schützen?
Michael Böhl: Gegen Gebühr kann jeder beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) Auskunft darüber einholen, wer an seiner Adresse gemeldet ist. Eine zwangsweise Abmeldung kann der Mieter jedoch nicht veranlassen.
Das Interview führte MieterMagazin-Autorin Birgit Leiß.
UD