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Thema: Eine Lehrerin mit Kopftuch

  1. #1
    A.D. Benutzerbild von Siran
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    Eine Lehrerin mit Kopftuch oder die Frage des wahren Islams
    Von Reinhard Müller, Karlsruhe

    03. Juni 2003 "Wieviel fremde Religiosität verträgt unsere Gesellschaft?" fragte der Vorsitzende des Zweiten Senats, Hassemer, zu Beginn der mündlichen Verhandlung. Womöglich ist das tatsächlich die Kernfrage im Kopftuch-Streit - und nicht das Zusammenspiel von Religionsfreiheit, Zugang zum öffentlichen Dienst, Erziehungsauftrag und staatlicher Neutralität. Deshalb hatte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag eine Menge Fragen an Sachverständige: Wie nehmen Schulkinder eine Lehrerin mit Kopftuch wahr? Warum trägt eine junge Muslimin diese Kopfbedeckung? Was ist "der wahre Islam"?

    Die Antworten der Wissenschaftler waren nur begrenzt ergiebig, nicht zuletzt weil eine breite Forschungsgrundlage fehlt. Doch läßt sich offenbar sagen, daß Kinder im Grundschulalter wohl keinen Schaden nehmen, wenn sie von einer Lehrerin wie Fereshta Ludin unterrichtet werden. Sie war mit ihren Eltern aus Afghanistan über Saudi-Arabien nach Deutschland eingewandert und hat mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit. Nachdem sie die Lehramtsprüfung für Deutsch und Englisch erfolgreich abgelegt hatte, bewarb sie sich für den baden-württembergischen Schuldienst. Das Land lehnte das ab, da Frau Ludin darauf bestand, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. An ihrer sonstigen Eignung bestand kein Zweifel. Es gab offenbar auch keine Beschwerden von Kindern oder Eltern. Gleichwohl unterlag sie in allen Instanzen.

    Sie schämt sich ohne Kopftuch

    In Karlsruhe beklagte Frau Ludin (mit hellblauem Kopftuch), es sei vom Oberschulamt fortwährend unterstellt worden, das Kopftuch sei ein Symbol für die Unterdrückung der Frau. Doch habe sie mit ihrer Familie auch deshalb Saudi-Arabien verlassen, weil sie mit der dortigen Diskriminierung der Frauen nicht einverstanden gewesen sei. Sie betrachte sich als Deutsche, werde jedoch in Deutschland vorwiegend nach ihrer Herkunft beurteilt. Ihre Haare wolle sie nicht zeigen, weil sie sich sonst schäme, wie ihr Anwalt sagte. Das wiederum leitet sie aus islamischen Grundsätzen ab.

    Aber kommt es überhaupt auf ihre innere Einstellung an? Trägt nicht vielmehr in diesem Fall der Staat das Kopftuch, wie es der Verfassungsrechtler Ferdinand Kirchhof als Vertreter Baden-Württembergs zuspitzte? Tatsächlich hat auch das Oberschulamt nie behauptet, Frau Ludin mißachte etwa die freiheitliche demokratische Grundordnung. Es geht um die Außenwirkung auf die Schüler einer staatlichen Schule, die zum Besuch dieser Einrichtung verpflichtet sind.

    Der Staat soll neutral bleiben

    Kirchhof relativierte Hassemers Eingangsfrage: Es sei unerheblich, ob es sich um eine "eigene" oder eine "fremde" Religion handele. Tatsächlich gibt es verfassungsrechtliche das Gebot der Neutralität des Staates in religiösen Fragen, auch wenn es keine strikte Trennung von Staat und Religion gibt. Immerhin hatte das Verfassungsgericht früher entscheiden, daß Kruzifixe in Klassenzimmern gegen die Religionsfreiheit der Schüler verstoßen können. Das muß nach Ansicht des Landes erst recht für eine Lehrerin mit religiöser Kopfbedeckung gelten, die schließlich aktiv auf die Kinder einwirke.

    Dem Argument der Beschwerdeführerin, Kopftücher bei Frauen gehörten heute zum Erscheinungsbild auf Straßen und in Klassenzimmern, entgegnete Kichhof, je offener die Gesellschaft sei, desto strikter müsse die Neutralität des Staates beachtet werden. Die Religionsfreiheit Frau Ludins werde im öffentlichen Raum nicht angetastet, ja sie könne sogar an Privatschulen unterrichten. An einer staatlichen Schule jedoch sei sie ein Amtswalter. Und dieses Amt sei nicht zur Selbstverwirklichung da. Frau Ludin bediene sich der Schule, um ihre Religionsfreiheit durchzusetzen; und verletze dadurch die Religionsfreiheit ihrer Schüler.

    Ist ein Kopftuch wie ein Piercing?

    Ob das so ist, darüber kann man jedenfalls solange zweifeln, als die Trägerin des Kopftuchs nicht den Kindern ihre religiösen Ansichten aufzwingt. Freilich legten die Sachverständigen glaubhaft dar, daß hier auch die Haltung der Eltern zu berücksichtigen ist, die Fragen stellen, Zweifel äußern und dadurch die Kinder verwirren würden. Deshalb geht es wohl doch um eine Frage "fremder" Religiosität. Das Land bestätigte das indirekt. Ja, es gebe noch eine Schule "in Abwicklung", an der katholische Ordensleute in entsprechender Kleidung unterrichteten. Das bereite aber dort "überhaupt keine Schwierigkeiten", sagte Kirchhof. Von Schwierigkeiten war aber auch im Fall Ludin nicht berichtet worden.

    Fördert es nicht geradezu den Erziehungsauftrag des Staates, wenn eine Lehrerin, die der drittgrößten Glaubensgemeinschaft in Deutschland angehört, sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit "einbringe", wie Ludins Anwalt sagte? Die Richter des Zweiten Senats haben nun nach eigener Anschauung zu entscheiden, ob das Kopftuch einer Lehrerin wie ein beliebiges anderes Kleidungsstück oder ein Piercing wirkt oder ob der Staat dadurch seine Neutralitätspflicht verletzt.

    Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 03.06.2003
    Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, daß wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.
    (George Bernard Shaw)

    Die Demokratie setzt die Vernunft des Volkes voraus, die sie erst hervorbringen soll.
    (Karl Jaspers)

    Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, daß es der Milchmann ist, dann weiß ich, daß ich in einer Demokratie lebe.
    (Winston Churchill)

  2. #2
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    Also ich sehe es einfach mal so:
    Sämtliche religiösen Symbole, sei es ein Kruzifix oder Kopftuch oder was auch immer, haben in Schulen nichts zu suchen. Die Schule muss neutral bleiben und auch der Religionsunterricht sollte (wenn es denn unbedingt einen geben muss) lediglich die verschiedenen Religionen vorstellen, auf deren Geschichte eingehen und wie sie praktiziert wird. Niemals jedoch sollte eine bestimmte Religion bevorzugt werden. Besser wäre es sogar, auf Religionsunterricht völlig zu verzichten. Wer sich mit dem Christentum identifizieren möchte, kann das tun, indem er z.B. in den Konfirmatenunterricht geht.

    Wie ist eigentlich der derzeitige Stand? Wird das Fach Religion eigentlich immer noch bewertet? Zu meiner Schulzeit gab es noch Zensuren für das Fach und schon zu dieser Zeit (80er Jahre) diskutierte man, ob man so ein Fach überhaupt bewerten darf. Was wurde denn bewertet? Z.B. das Aufsagen der 10 Gebote oder des Vater Unsers. Ist das korrekt? Ich finde nicht!

    Gruß
    Sascha

  3. #3
    Lichtgestalt des Dunklen Benutzerbild von Alphadeutscher
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    Selbst in der Türkei sind Kopftücher in öffentlichen Ämtern verboten! Wenn die Frau ohne Kopftuch Probleme hat, dann steht es ihr frei in den Iran zu gehen und sich versklaven zu lassen von den Mullahs!
    Um die schwächeren Glieder der Gemeinschaft davor zu schützen, von unzähligen Geiern aufgefressen zu werden, war es notwendig, dass es ein Raubtier gab, das stärker als die übrigen war und das den Auftrag hatte, jene niederzuhalten. (J.S. Mill: On Liberty)

  4. #4
    A.D. Benutzerbild von Siran
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    Original von Sascha1974
    Wie ist eigentlich der derzeitige Stand? Wird das Fach Religion eigentlich immer noch bewertet? Zu meiner Schulzeit gab es noch Zensuren für das Fach und schon zu dieser Zeit (80er Jahre) diskutierte man, ob man so ein Fach überhaupt bewerten darf. Was wurde denn bewertet? Z.B. das Aufsagen der 10 Gebote oder des Vater Unsers. Ist das korrekt? Ich finde nicht!
    Religionsunterricht an den Schulen gibt es nach wie vor. Dass wurde zumindest zwischen katholischer Kirche und deutscher Regierung irgendwann mal vertraglich festgelegt.
    Allerdings müssen nur die Schüler in den Religionsunterricht, die auch tatsächlich dieser Konfession angehören. Alle anderen haben entweder frei, oder, falls es angeboten wird, Ethik.

    Im Endeffekt unterscheiden sich diese Fächer gar nicht so stark voneinander, nur, dass im Religionsunterricht halt auch Stellen aus der Bibel und/ oder Veröffentlichungen des Vatikans besprochen werden. Aber auch andere Religionen, Suchtprobleme und andere Themen werden besprochen. Das Aufsagen der 10 Gebote oder des Vaters Unsers wurde bei uns nie verlangt.
    Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, daß wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.
    (George Bernard Shaw)

    Die Demokratie setzt die Vernunft des Volkes voraus, die sie erst hervorbringen soll.
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    Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, daß es der Milchmann ist, dann weiß ich, daß ich in einer Demokratie lebe.
    (Winston Churchill)

  5. #5
    Sozialist Benutzerbild von Marty
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    Original von Sascha1974
    Also ich sehe es einfach mal so:
    Sämtliche religiösen Symbole, sei es ein Kruzifix oder Kopftuch oder was auch immer, haben in Schulen nichts zu suchen. Die Schule muss neutral bleiben und auch der Religionsunterricht sollte (wenn es denn unbedingt einen geben muss) lediglich die verschiedenen Religionen vorstellen, auf deren Geschichte eingehen und wie sie praktiziert wird. Niemals jedoch sollte eine bestimmte Religion bevorzugt werden. Besser wäre es sogar, auf Religionsunterricht völlig zu verzichten. Wer sich mit dem Christentum identifizieren möchte, kann das tun, indem er z.B. in den Konfirmatenunterricht geht.

    Wie ist eigentlich der derzeitige Stand? Wird das Fach Religion eigentlich immer noch bewertet? Zu meiner Schulzeit gab es noch Zensuren für das Fach und schon zu dieser Zeit (80er Jahre) diskutierte man, ob man so ein Fach überhaupt bewerten darf. Was wurde denn bewertet? Z.B. das Aufsagen der 10 Gebote oder des Vater Unsers. Ist das korrekt? Ich finde nicht!
    Obwohl ich nicht einmal getauft bin habe ich regelmäßig den Reliunterricht in der Schule besucht.Ab der 5.Klasse hatte ich sogar die Möglichkeit jedes Jahr zu wählen ob kath.oder ev. Ich fand den Unterricht eigentlich immer sehr interessant und meine Noten lagen immer zwischen 1 und 2. Vieles davon konnte ich in meinen späteren Leben gebrauchen ohne das ich deshalb Christ geworden bin. Zu meiner Zeit ( auch 80er Jahre) wurden dort auch Sachen wie respektieren von anderen Menschen und Meinung gelehrt,die Achtung von Lebewesen und auch die Toleranz. Obwohl ich immer noch nicht getauft bin habe ich bis heute zu dem Kaplan der den Unterricht führte E-Mailkontakt. Bei uns im Unterricht ging es dabei auch weniger um die Bibel oder um das Abfragen der 10 Gebote,sondern mehr darum wie man etwas verstanden hat oder es aufnahm. Das Abschaffen würde ich als falsch ansehen,man sollte eher mehr die Möglichkeit bieten zu wählen damit sich Katholiken auch mal ein Bild vom evangelischen Religionsunterricht machen können.Generell halte ich den Glauben für wichtig,egal ob es an einen Gott ist oder an ein politisches Ziel.

  6. #6
    Mitglied Benutzerbild von Sascha1974
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    Hallo Marty

    Original von Marty
    Zu meiner Zeit ( auch 80er Jahre) wurden dort auch Sachen wie respektieren von anderen Menschen und Meinung gelehrt,die Achtung von Lebewesen und auch die Toleranz.
    das ist eben von Lehrer zu Lehrer sehr unterschiedlich. In der 7. Klasse hatte ich einen Religionslehrer, der das Fach selber wohl hasste und er war auch aus den Fächern Politik und Wirtschaft für seine teilweisen rassistischen Äußerungen bekannt. Toleranz und Achtung für andere Menschen (insbesondere aus anderen Kulturkreisen) konnte man daher von ihm nicht lernen. Sehr bedauerlich, wenn eine solche Person dann Religion unterrichtet.

    Gute mündliche Noten durch Aufsagen konnte man während der Grundschule erreichen. Allerdings war der Unterricht besser, denn hier hat man mehr auf Dinge wie Toleranz geachtet, wobei Fremdenhass zu dieser Zeit und in dem Alter eh noch Fremdworte waren.

    Gruß
    Sascha

  7. #7
    Lichtgestalt des Dunklen Benutzerbild von Alphadeutscher
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    Warum bietet man ein Fach Ethik an, aber kein Fach moralische Flexibilität?! :rolleyes:
    Um die schwächeren Glieder der Gemeinschaft davor zu schützen, von unzähligen Geiern aufgefressen zu werden, war es notwendig, dass es ein Raubtier gab, das stärker als die übrigen war und das den Auftrag hatte, jene niederzuhalten. (J.S. Mill: On Liberty)

  8. #8
    urdeutsch Benutzerbild von Frank
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    @Siran
    Ich begrüße den Religionsunterricht durchaus. Ich wünschte, ich hätte ihn gehabt, ABER natürlich meine ich den Unterricht über all die Religionen, bzw. die größten, dieser Welt. Mir als Atheisten, und damit einem "Anhänger" einer der allerkleinsten Glaubensgruppen, fehlt manchmal das nötige Hintergrundwissen.

    Meine perönliche Überzeugung wird niemand ändern, aber Wissen kann nie schaden.

  9. #9
    Lichtgestalt des Dunklen Benutzerbild von Alphadeutscher
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    Wenn du das unter dem Aspekt "Kenne deinen Feind" meinst, stimme ich dir zu, Frank!
    Um die schwächeren Glieder der Gemeinschaft davor zu schützen, von unzähligen Geiern aufgefressen zu werden, war es notwendig, dass es ein Raubtier gab, das stärker als die übrigen war und das den Auftrag hatte, jene niederzuhalten. (J.S. Mill: On Liberty)

  10. #10
    urdeutsch Benutzerbild von Frank
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    @Alpha
    Vorsicht, vorsicht. Auch Du scheinst zu dieser extremen Minderheit zu gehören.
    Aber wie gesagt, Wissen schadet nie.

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