Kaczynskis Wahlkampf in Polen
Das Spiel mit der Angst vor den Deutschen
Sie sind nicht gerne gesehen, sogar gefürchtet: Deutsche, die nach dem zweiten Weltkrieg aus Polen vertrieben wurden und nun ihr Eigentum zurück fordern. Was den einen aber große Sorge bereitet, ist für die anderen ein willkommenes Wahlkampfthema. Jaroslaw Kaczynski ist in Masuren damit sehr erfolgreich.
Von Thomas Rautenberg, ARD-Hörfunkstudio Warschau
Landschaft Masuren Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Getrübte Idylle in Masuren. Vertriebene Deutsche fordern ihr Eigentum zurück. ]
Die Idylle im masurischen Narty scheint ungetrübt. Störche, die sich mit viel Geklapper auf ihren Abflug in den Süden vorbereiten, schier unendliche Pilzwälder und geheimnisvolle Seen, die sich an diesem Vormittag allerdings unter einer weißen Nebelschicht verbergen. Doch in Narty ist in Wirklichkeit nichts mehr so, wie es einmal war. Alles ist aus den Fugen geraten, seit die Spätaussiedlerin Agnes Trawny, eine Deutsche, ihr Eigentum in Masuren zurück bekommen will. Sie hat dem polnischen Rentnerehepaar Glowacki die Kündigung für die Wohnung geschickt, zusammen mit einer gerichtlichen Bestätigung ihres Anspruches. "Ja, jetzt werde ich so etwas wie vertrieben", beklagt sich Frau Glowacki. Auch ihr Mann blickt ängstlich in die Zukunft. "Wenn unsere Regierung, die Kaczynski-Regierung, nichts dagegen tut, werden wir unter der Brücke leben müssen", befürchtet er. "30 Jahre lang haben wir hier gelebt. Meine Enkelkinder sind hier aufgewachsen. Und jetzt sollen wir unter die Brücke ziehen. So kann es bei uns in Polen nicht sein."
"Die Deutschen kommen"
Der Unterschied zwischen Spätaussiedlern, die aus Polen erst in den 70er Jahren nach Deutschland gekommen sind und den deutschen Vertriebenen des 2. Weltkrieges spielt für Familie Glowacki keine Rolle. Diesen Unterschied macht eigentlich keiner in Narty und Umgebung und so heißt es einfach "die Deutschen kommen".
Eine Vorlage für den Wahlkampf
Statt der Deutschen fallen erst einmal ganze Heerscharen von polnischen Politikern in Narty ein. Der Wahlkampftross von Premier Jaroslaw Kaczynski beispielsweise macht öffentlichkeitswirksam in einem Vorgarten der bedrohten Häuser Stopp. Vor dem Zaun warten die entrüsteten Einwohner. Man könne diese schlechte Situation durch ein neues Gesetz ändern, verspricht Kaczynski. Solche Regelungen seien bereits in der Vorbereitung. "Warum haben Sie das nicht schon früher gemacht?" wollen die Einwohner wissen. "Als wir, die Rechte, einen Antrag im Sejm gestellt haben, wurde uns gesagt, das ist nur ein virtuelles Problem", verteidigt sich der Ministerpräsident. Doch man habe Recht gehabt. Es habe sich erwiesen, dass man sich mit dem Problem befassen müsse. "Werden Sie das schaffen?", will eine Frau wissen. "Wir werden das schaffen", versichert Kaczynski, "machen Sie sich mal keine Sorgen!"
Jaroslaw Kaczynski weiß, dass er sich mit diesem Versprechen die Stimme nicht nur dieser Frau in Masuren gesichert hat. Auch andere haben wieder Hoffnung geschöpft. "Ja, jetzt glaube ich wirklich, dass uns der polnische Staat, die Regierung, helfen wird", meint auch ein Mann nachdem Kaczynski wieder gegangen ist. "Das ist mein Land und ich mache aus meiner Zustimmung für diese Regierung keinen Hehl", bekräftigt er.
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