+ Auf Thema antworten
Seite 1 von 3 1 2 3 LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 1 bis 10 von 30

Thema: Die Reichsautobahn - ein Mittel der Kriegsvorbereitung?

  1. #1
    GESPERRT
    Registriert seit
    20.02.2004
    Beiträge
    274

    Die Reichsautobahn - ein Mittel der Kriegsvorbereitung?

    Die folgenden Zeilen stammen aus dem Buch "Mythos Reichsautobahn. Bau und Inszenierung der 'Straßen des Führers' 1933-1941" (Berlin 1996) von Erhard Schütz und Eckhard Gruber, dem Standardwerk der neueren Forschung über die Reichsautobahnen. Die Behauptung,wie man sie in jedem Bundesdeutschen Schulbuch nachlesen kann, der Autobahnbau im Dritten Reich sei Bestandteil einer umfassenden Kriegsvorbereitung gewesen und die Autobahnen hätten dem Krieg gedient, hat, in den Rang einer Tatsache erhoben, ihren festen Platz im antinationalsozialistischen Geschichtsbild der BRD. In Wahrheit aber - und dies wird von der heutigen Propaganda kleingeredet oder geleugnet - stand hinter der Planung und Umsetzung des Reichsautobahnprojekts die grandiose Fernvision einer motorisierten und überhaupt modernisierten Gesellschaft, darüber hinaus waren Gesichtspunkte der Monumentalität und Ästhetik von großer Bedeutung. Historiker, die sich mit der Materie auskennen, wissen auch schon seit geraumer Zeit, daß die Autobahnen für wie auch immer geartete Planungen in Hinblick auf einen künftigen Krieg und dann tatsächlich im Krieg nur eine sehr unbedeutende Rolle spielten. Über die übliche Rhetorik von der "Befreiung" durch sie Alliierten und dem "Angriff" auf Polen und Frankreich im folgenden Text sei einmal hier, wo die spezifische Bedeutung der Autobahnen Gegenstand der Betrachtung ist, hinweggesehen.

    In seinem Bericht hatte Todt zwar angegeben, daß die Autobahn es erlaube, mit Hilfe von 100.000 requirierten Fahrzeugen 300.000 Mann plus Sturmgepäck binnen zweier Nächte von der Ost- zur Westgrenze des Reiches zu verfrachten. Zu einer solchen oder ähnlichen Aktion ist es jedoch nie gekommen. Das Militär vertraute auch weiterhin beim Transport auf die in dieser Hinsicht weitaus effizientere, energie- und materialsparende Reichsbahn. Es verwies im übrigen darauf, daß die Autobahn der gegnerischen Luftwaffe als besonders markante Wegmarke dienen würde und aufgrund der dünnen Fahrbahndecke und der vielen starken Steigungen für Kettenfahrzeuge ungeeignet sei. Für militärische Transporte hat die Autobahn denn auch eine verschwindend geringe Rolle gespielt. Man kann sogar sagen, daß sie erst von den zur Befreiung anrückenden Alliierten intensiv militärisch genutzt worden ist – allerdings mit den Folgen weitgehender Beschädigung oder gar Zerstörung. (S. 12)


    Während die Kilometerzahl projektierter Strecken ins schier Unermeßliche wuchs, mehrten sich zugleich die Widerstände der Militärs gegen eine Fortführung des Autobahnbaus. Aufgrund der geringen Bedeutung der vorhandenen Strecken für den bisherigen Kriegsverlauf wurde es für Todt immer schwieriger, den großen Aufwand an Personal und Baumaterial zu rechtfertigen. Kritik von seiten der Generäle am Autobahnbau hatte es bekanntlich von Anfang gegeben. Sie hatten befürchtet, die Autobahn könne feindlichen Flugzeuggeschwadern als "Flugrichtungsanzeiger" zu den großen Ballungsräumen dienen, weshalb ab 1937 die Fahrbahnen schwarz eingefärbt wurden.

    Mobilmachung und Nachschub schienen zudem durch ihre Konzentration auf einige wenige Strecken weit mehr gefährdet als bei einer Vielzahl gut ausgebauter kleinerer Straßen. Material- und energieschonend war ein Truppentransport über die Autobahnen im Vergleich zur Eisenbahn ohnehin nicht.

    Hatte Göring am 18. November 1938 im Reichsverteidigungsrat zwar noch getönt, die "genialste Voraussetzung für eine Mobilmachung Deutschlands, die der Führer überhaupt geschaffen hat, sind die Autobahnen, auf denen auf Hunderte von Kilometern innerhalb von 24 Stunden Divisionen hin- und hergeschoben werden können", so mußte er angesichts der Treibstoffprobleme des Deutschen Reichs kurz darauf den beschleunigten Aufbau des Reichsbahnnetzes anordnen. Bei der Weisung zur Herstellung der Kriegsbereitschaft der Verkehrsmittel vom Juni 1939 ließ Göring die Autobahnen schließlich völlig unerwähnt.

    Wie wenig man bis zu diesem Jahr die militärischen Belange, etwa die Nutzung der Autobahn durch Kettenfahrzeuge, bei der Konzeption berücksichtigt hatte, zeigen hektische Aktivitäten vom März 1939. Erst jetzt wurden mit Schwertransportern Prüfungen zur Belastung und Tragfähigkeit der Autobahnbrücken durchgeführt. Aus Rücksicht auf die Belange der Außenpolitik fehlten zudem 1939 grenznahe Strecken, die einen Aufmarsch in der Nähe des Operationsgebietes ermöglicht hätten. Dementsprechend spielten die Autobahnen bei den Angriffen auf Polen und Frankreich so gut wie keine Rolle. Im Resümee über den Kriegseinsatz der Reichsautobahnen aus dem Jahre 1941 blieb ihre Nutzung in den vorangegangenen Kriegsjahren denn auch gänzlich ausgespart. Der Legitimationsbedarf Todts gegenüber dem Militär wurde so groß, daß fortan in keinem Aufsatz der Zeitschrift Die Straße ein Hinweis auf die kriegswichtige Bedeutung der "Straßen des Führers" fehlte. Die Andeutungen eines direkten Kriegsnutzens blieben jedoch auffällig vage. Ein Artikel von 1941 etwa führte zwar allgemein aus, daß die "Straßen des Führers" bis zu diesem Zeitpunkt "nicht ohne Bedeutung für die Beförderung [...] der Armeen von Kriegsschauplatz zu Kriegsschauplatz geblieben" seien, doch ein konkreter Beleg fehlte. Weit öfter behalf man sich durch Hinweise auf die indirekte Kriegswichtigkeit der Autobahnen. Ihre militärpolitische Zweckbestimmung wurde jetzt vor allem im Psychologischen gefunden: "Aber ihre fundamentale Bedeutung liegt doch darin, daß sei das deutsche Volk gelehrt hat, wieder in großen Räumen zu denken." Angesichts des Energie-, Material- sowie Kräftebedarfs der Wehrmacht 1940/41 verschlugen solche prychologischen Argumentationen jedoch wenig. Dementspechend bezeichnete Generalmajor Rüdt von Collenberg im Reichsverteidigungsrat am 7. November 1940 den Reichsautobahnbau als "unnötig und bedeutungslos für die Kriegsführung". Zu diesem Zeitpunkt hatten die Autobahnen ihren indirekten Kriegszweck ja such schon erfüllt: Als "friedliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme" konnten sie Hitlers forcierte Aufrüstung tarnen. Mit 60.000 Rollwagen, 4.000 km Baugleisen, 3.300 Baulokomotiven, 1.250 Betonmaschinen, 800 Baggern und 70 Straßenfertigern war ein großes Reservoir an Baumaschinen geschaffen worden, das sich nun für andere Zwecke mobilisieren ließ. Zudem waren enge Bindungen zur privaten Bauwirtschaft entstanden, Erfahrungen mit dem Masseneinsatz von Arbeitern und mit der Organisation weiträumiger Bauaufgaben gesammelt worden. Nicht den militärischen Operationen der Wehrmacht, sondern der Anlage und Ausbesserung von Nachschubstraßen, dem Bunkerbau sowie dem Ausbau militärischer Anlagen kamen Technik, Logistik und Erfahrung jetzt zugute. Sogar die Erkenntnisse der Landschaftsgestaltung wurden noch im Krieg verwertet: Alwin Seifert, gartenarchitekt und seit 1940 Reichslandschaftsanwalt, wurde 1944/45 mit der Tarnung norditalienischer Eisenbahnlinien betraut. [...]

    Von "Betrieb" konnte angesichts des Verkehrs auf den Autobahnen während des Krieges jedoch nicht die Rede sein. Zwecks Kraftstoffeinsparung – und gegen die "Autoraserei" – verfügte Hitler schon im Mai 1939 ein Tempolimit von 100 km/h. Während der Kriegsjahre wurde dieses nochmals auf 80 km/h gesenkt. Ab dem 20. September 1939 war Privatpersonen das Autofahren ohnehin nur noch in Ausnahmefällen gestattet. Ab August 1943 wurde ihnen auf den Nur-Autostraßen Hitlers das treibstoffsparende Fahrradfahren erlaubt. Zu nennenswerten militärischen Aktionen ist es – bis auf wenige Ausnahmen – an den Autobahnen ebenfalls nicht gekommen. Im Frühjahr 1940 führte man einen Transport von Tankkähnen von der Elbe bis zur Donau durch. Insgesamt 420mal rollten Culemeyer Schwertransporter mit dieser Last über die Autobahn zwischen Dresden und Ingolstadt. In Süddeutschland gefertigte U-Boote und Schnellboote wurden in der gleichen Weise an die Elbe verbracht. Aus der letzten Phase des Krieges ist schließlich der Abschuß von V 2-Raketen von Fahrbahnen überliefert. Auch als Flugzeugpisten wurden jetzt einzelne Fahrbahnen genutzt: Nach der Bombardierung der Messerschmitt-Werke in Augsburg und Regensburg wurden Einzelteile der „Me-262“ in provisorisch errichteten "Waldwerken" an der Autobahn zusammenmontiert und von dort aus gestartet.

    Trotz dieser Aktionen herrschte auf den "Straßen Adolf Hitlers" während des ganzen Krieges zumeist gähnende Leere. Der Betriebsdienst wurde jedoch, wenn auch nur eingeschränkt, die Jahre über aufrechterhalten. Ende Januar 1945 stellte man schließlich auch diesen ein. Eine Verkehrszählung hatte vernichtende Ergebnisse erbracht: Auf der Strecke Magdeburger Börde – Berliner Ring zählte man lediglich 3 Autos pro Tag. Zwischen Kassel und Göttingen wurde nur ein Fahrzeug verzeichnet. (S. 88-91)

  2. #2
    A.D. Benutzerbild von Siran
    Registriert seit
    19.04.2003
    Ort
    BW
    Beiträge
    4.765

    Standard

    Das ist richtig. Die Logistik für das Militär lief größtenteils über die Eisenbahn. Allerdings sind die Autobahnen keine Vision Hitlers, sondern eine Umsetzung von Plänen, die bereits in der Weimarer Republik gemacht wurden.
    Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, daß wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.
    (George Bernard Shaw)

    Die Demokratie setzt die Vernunft des Volkes voraus, die sie erst hervorbringen soll.
    (Karl Jaspers)

    Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, daß es der Milchmann ist, dann weiß ich, daß ich in einer Demokratie lebe.
    (Winston Churchill)

  3. #3
    Mitglied Benutzerbild von Fars
    Registriert seit
    04.05.2004
    Ort
    Pfalz
    Beiträge
    854

    Zunge raus!

    Hallo, Aufpasser!

    Man muss Absicht und letztendlichen Nutzen unterscheiden. Und wie in deinem Text auch steht, waren etliche führende Nazis von der Kriegswichtigkeit des Autobahnbaus felsenfest überzeugt. Dass die Autobahnen sich im Nachhinein als nicht kriegswichtig erwiesen, das ist etwas ganz anderes, und hat, soweit ich weiß, auch nichts mit der heutigen Schulbildung am Hut, da diese sich weit mehr auf die Absichten die hinter dem Autobahnbau steckten, konzentriert.

    Gruß Fars
    Spende Blut !

  4. #4
    GESPERRT
    Registriert seit
    20.02.2004
    Beiträge
    274

    Standard

    Die Reichsautobahnen dienten nicht der Kriegsvorbereitung, akzeptiere es.

  5. #5
    GESPERRT
    Registriert seit
    04.08.2004
    Beiträge
    153

    Standard

    Mal wieder typisch für die Hofhistoriker.Hitler baut eine Straße und sie sehen darin eine Kriegsvorbereitung

  6. #6
    GESPERRT
    Registriert seit
    20.02.2004
    Beiträge
    274

    Standard

    Zitat Zitat von Panzerlexikon
    Mal wieder typisch für die Hofhistoriker.Hitler baut eine Straße und sie sehen darin eine Kriegsvorbereitung
    Jupp, derartige intellektuelle Verrenkungen finden auch nur in Bezug auf eine Zeit statt...

    Beim Thema Drittes Reich wird der normale Verstand stets ausgeschaltet, und sich gemütlich in die Westliche Hass und Kriegspropaganda zurückgezogen.

  7. #7
    Mitglied Benutzerbild von Fars
    Registriert seit
    04.05.2004
    Ort
    Pfalz
    Beiträge
    854

    großes Grinsen

    Hallo, Aufpasser!
    Die Reichsautobahnen dienten nicht der Kriegsvorbereitung.
    Wenn man wie du nicht zwischen Absicht und letztendlichem Nutzen und Sinn unterscheidet, dann stimmte dieser Schluss. So stimmt dein Schluss aber nicht, denn die Nazis wie genannte Göring und Todt konnten nunmal nicht hellsehen, dass die Autobahnen weit weniger kriegswichtig sein würden, als sie dachten.
    Aber natürlich steht es dir frei, zu versuchen, die Nazis mit ihrer Dumm- und Unwissenheit zu entlasten. :P

    Gruß Fars
    Spende Blut !

  8. #8
    City on a hill Benutzerbild von moxx
    Registriert seit
    17.03.2004
    Ort
    Atlanta USA
    Beiträge
    1.880

    Standard

    ich glaube auch nicht das die autobahnen zur kreigsvorbetreitng gedacht waren.
    vielmehr waren sie ein riesiges arbeitsbeschaffungsprogramm um das versprechen die arbeitslosigkeit zu lindern einzulösen.
    das alles auf pump finanziert wurde war den leuten natürlich egal.


    ich kann mir auch gut vorstellen, dass autobahnen von feindlichen fliegern als orienierung genuzt wurden.
    was im krieg ja nicht so positiv ist...

  9. #9

    Standard

    Die Reichsautobahn war für den Krieg gebaut worden.
    Die herrschende Politik ist nicht Sachzwang-geleitet, sondern Interessen-diktiert. Sie hat Profiteure. Deren Einfluss allerdings begründet sich nicht in Wählerstimmen, sondern in wirtschaftlicher Macht.

  10. #10
    GESPERRT
    Registriert seit
    20.02.2004
    Beiträge
    274

    Daumen hoch!

    Zitat Zitat von Roter Amboss
    Die Reichsautobahn war für den Krieg gebaut worden.
    Ein Super Argument! Danke für die Aufklärung!

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben