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Thema: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

  1. #21
    in memoriam Benutzerbild von Rheinlaender
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von Monarchist1985 Beitrag anzeigen
    Ist das nicht auch die Legitimation des Faschismus, der allmächtige Führer, der weiß, was gut für sein Volk ist und es vor dem Abrutschen in das Chaos ( im 19. Jahrundert wurde der Sozialismus mit dem Chaos gleichgesetzt) retten muss ?
    Hobbes sah "das Volk" nicht, sondern einzelne Menschen - ihm ging der Gedanke einer "Volksgemeinschaft" ab, sondern er einzelne Menschen, die sich gegenseitig bekriegen und er konnte sich nur vorstellen, dass dieser Krieg eines allmaechtigen Herrschers zu kontrollieren waere.

    Zitat Zitat von Monarchist1985 Beitrag anzeigen
    Ist der Absolutismus nicht auch durch das Gottesgnandentum begründbar ? Und damit irrational ?
    Ich glaube man muss gewaltig unterschieden zwischen der formalen Bergeundung (Gottegnadenthum) und den tatsaechlichen Gruenden warum das System weit uber 100 Jahre fast unangefochten in Europa dominierte.

    Zitat Zitat von Monarchist1985 Beitrag anzeigen
    Der Faschismus ist doch auch rational begründbar ? Siehe erster Beitrag.
    Weil er von einer nicht rational begruendeten begruendeten Volksgemeinschaft aus geht. Du wirst in den schriften Rosenbergs oder Hitler kaum eine Satz finden, der einer rationalen Analyse standhielte, und vor diesem Richter wollten diese Authoren auch nicht gestellt werden.

  2. #22
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von Rheinlaender Beitrag anzeigen
    Der Begriff "Absolutismus" beschreibt eine ganz bestimmte Epoche der europaeischen Geschichte, die um 1600 anfing, mit Louis XIV/XV ihren Hoehepunkt hatte und 1789 endete.
    Das weiß ich. Kann aber nicht auch das Pharaonentum des Alten Ägpten - und eventuell auch das Kaisertum des Alten Rom ? - als absolutistisch angesehen werden ?

    Bzw. es geht mir weniger darum, ob das Pharaonentum des Alten Ägypten oder das Kaisertum des Alten Rom absolutistisch ist, es geht mir mehr um die Legitimation der Herrschaft: Denn es heißt ja immer wieder, dass König- oder Kaisertum einerseits und das faschistische Führertum andererseits zwei verschieden Paar Schuhe sind. Das mag stimmen, wenn man monotheistische Kaiser- und Königtümer mit dem faschistischen Führertum vergleicht, da der monotheistische König kein Gott ist, sondern nur von Gott eingesetzt ist, während der faschistische Führer dagegen ein Gott (in Menschengestalt) ist ?
    Sehe ich aber polytheistische Religionen, so sehe ich, dass der Monarch nicht als von Gott eingesetzt betrachtet wird, nein, er wird als Gott betrachtet und damit ist doch eine enge Verknüpfung von weltlicher Herrschaft und Religion hergestellt, Politik und Religion liegen (fast) in einer Hand bzw. werden in Personal- oder Realunion "verwaltet, und das ist doch auch im Faschismus zu finden ? Der faschistische Führer ist oberster weltlicher Herrscher und zugleich ein Gott, er vereinigt - im Namen des Faschismus - Politik und Religion, genauso - vom Prinzip her - vereinigt doch auch der polytheistische Monarch des Alten Ägyptens und des Alten Roms Politik und Religion ?
    Geändert von Monarchist1985 (14.08.2007 um 12:57 Uhr)

  3. #23
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Die Gottkönige früherer Tage legitimierten sich von oben, überweltlich;
    die faschistischen, nationalsozialistischen und sonstigen Führer i.d.R. von unten, vom Volke her.

    Wobei sich nicht bestreiten lässt, dass de facto z.B. der Herr Hitler durchaus als gewissermaßen ein lex animata in terris gesehen wurde.

    Nachtrag: Mussolin hingegen wurde vom Faschistischen Grossrat ganz legal abgesetzt, was schon zeigt, dass auch im Faschismus nicht immer und unbedingt unbeschränkt geherrscht wird.
    Aktueller Kalenderspruch: Das ist wohl tatsächlich das Problem. Das alte links gibt es nicht mehr. Links ist heute das gut versorgte Establishment und nicht der entrechtete Proletarier. (HenningPogwisch, 130224, https://www.zeit.de/kultur/2024-02/p...0nach8/seite-2)

  4. #24
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von Monarchist1985 Beitrag anzeigen
    Naja, aber es ist in der Geschichte doch eigentlich nichts Ungewöhnliches, dass manche Sachen untergehen und dann irgendwann später, Jahrzehnte und manchmal sogar Jahrhunderte später, wieder auferstehen, wenn auch nicht mehr im selben Gewand, sondern dynamischer und moderner, neue Errungenschaften - wie z.B. die Medien - nutzend, da die Welt sich inzwischen ja weiterentwickelt hat, sich neue Feinde herausgebildet haben, gegen die man sich behaupten muss.
    Das ist dann aber eine Renaissance alter Ideen und nicht wirklich eine Weiterentwicklung. In diesem Sinne sind gewisse Ideen wiederaufgetaucht, andere, die für den Absolutismus auch essentiell waren, eben nicht.

    Ich sehe die Sache eben so: Der Sozialismus ist aufgekommen und hat die reaktionären Systeme, die konstitutionellen und absoluten Monarchien, überrannt. Die späteren Begründer des Faschismus haben in diesem Augenblick erkannt: Wenn die althergebrachten Sachen - also starke Führungspersönlichkeit, Eliten, Hierarchien etc. - erhalten bleiben sollen, dann müssen sich diese Sachen in einem neuen Gewand präsentieren, nicht mehr im althergebrachten Gewand, sondern in einem neuen, dynamischen Gewand, dass man von dem von Sieg zu Sieg eilenden Sozialismus übernommen hat. Indem man einige Dinge, die dem Sozialismus zum Sieg über die Reaktion verhelfen, übernimmt (Totalitarismus) oder in seinem Sinne umformt (z.B. ist die Volksgemeinschaft die faschistische Form der Internationale bzw. eine Abwandlung der Internationale für den Faschismus), wird man ihm ebenbürtig und kann ihm standhalten, man ist ihm ebenbürtig, aufgrund der Tatsache, dass es Eliten und starke Führungspersönlichkeiten gibt - die jetzt aber nicht mehr durch Geburt bestimmt, sondern nach Leistung und Stärke ausgewählt werden(auch die Abschaffung von erblichen Standesunterschieden hat man sich aus dem Sozialismus abgeschaut bzw. man hat die Ziele des Sozialismus in seinem Sinne uminterpretiert) - ist man ihm eventuell sogar überlegen und hat die Möglichkeit, in dauerhaft zurückzudrängen und damit die alten Zustände - also starke Führungspersönlichkeit, Eliten, Hierarchien etc. - vom Prinzip her zu bewahren.
    Es war weniger der Sozialismus, es war die Demokratie und ähnliche Ideen, die dem Absolutismus (bzw überhaupt der Monarchie, wo sie sich nicht den neuen Umständen angepasst hat) stark zugesetzt haben.
    Und ich würd auch der Theorie nicht zuviel beimessen, zur Begründung der eigenen Herrschaft ist einem so ziemlich jeder Unsinn recht, der einem nützlich erscheint.


    Naja, die Durchsetzung des Willens des Stärkeren ist doch letztendlich nicht die Legitimation des Faschismus gewesen, sondern nur ein Teil der Ideologie des Faschismus ? Die Legitimation des Faschismus war doch der Führer ? Er war der Gott in Menschengestalt, den man anbete und dem man bedingunslos folgte, er war doch der Zusammenhalt der ganzen faschistischen Begweung, ohne Führer kein Faschismus ?
    Göttliche Attribute für den Anführer hat man so inszeniert, wenn es nützlich war, aber die Grundidee war, dass ein politisches Genie mit festem Willen in seinem Plan nicht durch "die Hammelherde im Parlament" beeinträchtigt werden soll.
    Er hatte besonderes Charisma und seine Makellosigkeit bezweifeln konnte den Kopf kosten, aber er war kein Gott. Die Legitimität war eine ganz und gar irdische.
    Nach Max Webers Definition war seine Herrschaft hauptsächlich charismatisch legitimiert.

    Und auch beim Absolutismus war das "Alphatier" die Legitimation. Nur hieß das "Alphatier" da nicht Führer, sondern Kaiser oder König. Und er war nicht selber ein Gott wie der faschistische Führer, sondern "nur" von Gott eingesetzt.
    Das Alphatier legitimierte sich aber eben nicht dadurch, dass er makellos und von starkem Willen oder so ein politisches Genie war (was in der Praxis auch bei bester Inszenierung nur schwer über Jahrhunderte aufrecht zu halten gewesen wäre), sondern über Gottes Vorsehung, die seine Familie vorgesehen hat, das Land zu regieren. Erbschaft spielt eine sehr viel größere Rolle.
    Im weberschen Sinn eine traditionelle Herrschaft.

    Aber ansonsten gab es, meines Wissens nach, keine Unterschiede zwischen absolutistischem Monarch und faschistischem Führer, sowohl beim Absolutismus, als auch beim Faschismus war das "Alphatier" die Legitimation.
    Kommt jetzt drauf an, von welchem Faschismus wir reden, da es hier regional große Unterschiede gibt.
    Im Nationalsozialismus (der eine ganz starke Sonderstellung einnimmt und von vielen gar nicht als Faschismus angesehen wird) kommt die starke Bedeutung der Rasse sowie zahlreiche sozialistische Elemente dazu, die dem Absolutismus von Vorherein fremd sein müssen (wir vergleichen ja gerade politische Strömungen aus unterschiedlichen Jahrhunderten).
    Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage »was ist deutsch?« niemals ausstirbt.
    Friedrich Nietzsche

  5. #25
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Interessante Diskussion, aber sehr theoretisch.

    Den Faschismus, so wie er real gewesen ist, als "Weiterentwicklung" von irgendwas zu definieren, halte ich schon für recht gewagt.

    Bestenfalls hat man da in Mussolini jemanden, der zugunsten der Macht faule Kompromisse mit dem Kapital einging und letztendlich an Selbstüberschätzung scheiterte. Italien war eben kein "neues Rom" und die "Rolle" Italiens im zweiten Weltkrieg hätte Pazifismus nahegelegt.
    Ist Hitler und sein System nicht selbsterklärend??? Wie soll das eine "Weiterentwicklung" der Herrschaft Ludwigs XIVs und seiner Nachahmer gewesen sein?

    Vielleicht kommt man der Sache näher, wenn man den Faschismus nicht von seinen Ideen her definiert sondern ihn als "Form bürgerlicher Herrschaft" betrachtet. Da wird der Vergleich mit dem Absolutismus zugleich schwierig und interessant. Der Absolutismus war meines Wissens Machtkonzentration beim Monarchen, der alle noch im Lehnswesen gegebenen Einschränkungen seiner Macht abschüttelte. Aus im Mittelalter gefürchteten Feudaladeligen wurden unter Ludwig XIV hochrangige Hofschranzen. Aber die Adelsherrschaft blieb erhalten, doch in ihrem Schoße entwickelte sich das Bürgertum und wetzte wirtschaftlich und ideologisch die Messer gegen den Adel.

    So gesehen haben Absolutismus und Faschismus nichts gemein. Der Absolutismus war eine Form der Adelsherrschaft, wo der Monarch den Adel gefügig machte, ohne seine Privilegien anzutasten.

    Der Faschismus war eine Form bürgerlicher Herrschaft, wo Adelstitel kaum mehr als Folklore waren.

    Doch ist es IMHO falsch, den Faschismus erst mit Mussolini und Hitler anzusetzen. Als "Bonapartismus" begann er nur kurze Zeit nach dem Sturz der Bourbonen. Das Schema hat die französische Bourgeoisie mehrfach durchgenudelt und es geht so:

    Der Monarch hat seine Legitimation verspielt und wird von aufstandsfreudigen französischen Volk gestürzt. Im Zuge der Revolution konsolidiert und erweitert die Bourgeoisie ihre Macht und - setzt einen neuen Monarchen ein! Es begann mit Napoleon I., setzte sich 1830 mit Louis Philippe, dem "Bürgerkönig" und nach 1848 mit Napoleon III. fort. Donoso Cortes sprach bei Napoleon III. von einer "gekrönten Diktatur", die nichts mehr mit der tradierten Legitimation der Monarchie zu tun habe.
    Die Niederlage im Krieg gegen Deutschland 1870/71 führte zum Sturz Napoleons III., aber selbst danach hätte die Bourgeoisie gerne einen König gehabt. Nur gab es keine geeigneten Kandidaten und so fanden sie sich mit der Republik ab - bis einige Jahrzehnte später der "moderne" Faschismus aufkam.

    Eine Weiterentwicklung hat man nicht, aber eine Entwicklung:

    Vorbürgerlicher Absolutismus > bürgerliche Monarchien > Faschismus als repressive Form bürgerlicher Herrschaft.

    Das Trauerspiel hat IMHO auch eine geistige Komponente, die man nicht unterschätzen darf. Im Absolutismus benutzte das Bürgertum noch die Aufklärung als geistige Waffe gegen die Herrschaft von Adel und König. Doch als es seine eigene Herrschaft konsolidiert hatte, warf es diese geistige Waffe weg. Der fortschrittliche Citoyen verkam zum reaktionären Bourgeois, aus Aufklärung wurde Reaktion, um nicht zu sagen: Betrug. Ein sich blindwütige gegen die Aufklärung - "Kulturbolschewismus", "entartet", "jüdische Wissenschaft" - wendender Faschismus reflektiert so gesehen ein Bürgertum, das das Projekt "Aufklärung" fallen ließ, als es seinen machtpolitischen Zweck erfüllt hatte.

  6. #26
    Hände weg von Syrien! Benutzerbild von cajadeahorros
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Das Trauerspiel hat IMHO auch eine geistige Komponente, die man nicht unterschätzen darf. Im Absolutismus benutzte das Bürgertum noch die Aufklärung als geistige Waffe gegen die Herrschaft von Adel und König. Doch als es seine eigene Herrschaft konsolidiert hatte, warf es diese geistige Waffe weg. Der fortschrittliche Citoyen verkam zum reaktionären Bourgeois, aus Aufklärung wurde Reaktion, um nicht zu sagen: Betrug. Ein sich blindwütige gegen die Aufklärung - "Kulturbolschewismus", "entartet", "jüdische Wissenschaft" - wendender Faschismus reflektiert so gesehen ein Bürgertum, das das Projekt "Aufklärung" fallen ließ, als es seinen machtpolitischen Zweck erfüllt hatte.
    Ganz genau. Das Endstadium erleben wir gerade selbst, dem zu einer minimalen Schicht der Monopolkapitalisten verkommenen Bürgertum sind selbst mittelalterliche Mullahs zur Zerstörung der letzten Überbleibsel der Aufklärung sehr willkommen. Das ist das ganze Geheimnis der (was die Kinder hier ja so furchtbar verwirrt) von allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen zelebrierten Islamgeilheit.
    Auf geb' ich mein Werk; nur Eines will ich noch: das Ende - das Ende!

    (Wotan, Die Walküre)

  7. #27
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von EinDachs Beitrag anzeigen
    Im Nationalsozialismus (der eine ganz starke Sonderstellung einnimmt und von vielen gar nicht als Faschismus angesehen wird) kommt die starke Bedeutung der Rasse sowie zahlreiche sozialistische Elemente dazu, die dem Absolutismus von Vorherein fremd sein müssen (wir vergleichen ja gerade politische Strömungen aus unterschiedlichen Jahrhunderten).
    Wenn der Nationalsozialismus kein Faschismus ist, was ist er dann ? Sozialismus kommt nicht in Frage, denn wo hat der Nationalsozialismus Produktionsmittel verstaatlicht oder wo beabsichtigt der Nationalsozialismus, den Staat abzuschaffen ? Dazu sind das Führertum und die sozialdarwinistische Weltsicht dass glatte Gegenteil zum egalitären Gedanken des Sozialismus.
    Man kann den Nationalsozialismus als eine Sonderform des Faschismus sehen, aber Faschismus ist es auf jeden Fall.

    Vielleicht sollte sich "Haloperidol" zu der Sache auch mal äußern, schließlich hat er mich mal derbe angeflaumt, als ich etwas Ähnliches, wie es jetzt "Ein Dachs" gesagt hat, gesagt hatte.
    Geändert von Monarchist1985 (16.08.2007 um 15:04 Uhr)

  8. #28
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von cajadeahorros Beitrag anzeigen
    Ganz genau. Das Endstadium erleben wir gerade selbst, dem zu einer minimalen Schicht der Monopolkapitalisten verkommenen Bürgertum sind selbst mittelalterliche Mullahs zur Zerstörung der letzten Überbleibsel der Aufklärung sehr willkommen. Das ist das ganze Geheimnis der (was die Kinder hier ja so furchtbar verwirrt) von allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen zelebrierten Islamgeilheit.
    Meines Erachtens brachen sich die antiaufklärerischen Tendenzen des Bürgertums schon im 19. Jh. Bahn. In Frankreich bewies das Bürgertum mit dem "Bürgerkönig" Louis Philippe schon 1830, dass es mit der Aufklärung nix am Hut hatte. Jenseits des Großen Teichs waren sie ebenso fix dabei, sich von störendem humanistischem Ballast zu lösen: der Krieg der USA gegen Mexiko 1848, die Beibehaltung der Sklaverei in den Südstaaten bis zum Bürgerkrieg und die Ausrottung der Indianer zeugten davon, dass sich die dortige Bougeoisie mit ihren Menschenrechten im Zweifelsfall den Hintern wischte. In Deutschland kam spätestens mit dem Kaiserreich das Ende aufklärerischer Bestrebungen in weiten Teilen des Bürgertums. Mit bekannten Folgen - die geistigen Wurzeln für den Faschismus - Antisemitismus, Eroberungen im Osten, "Ausmerzung" unerwünschter Menschengruppen - legte das reaktionäre Bürgertum noch zur Kaiserzeit.
    Man darf diese Bürgerlichen aber nicht mit einer konservativen, "technikfeindlichen" "zurück zur guten alten Zeit"-Romantik verwechseln, die denn Sinn und Zweck der Moderne per se in Frage stellt. Den Kapitalismus als DAS moderne Wirtschaftssystem schlechthin hat die reaktionäre Bourgeoisie nie in Frage gestellt. Auch auf Technik und Wissenschaft mag sie nicht verzichten. Auf Mittelalter, "alte Werte", "christliches Abendland" machen diese Gestalten nur, wenn es ihrem Machtanspruch nützt, selbst glauben sie keinen Moment daran. So schrieb Donoso Cortes, dass der "liberale" (bürgerliche) Deismus nach Schwindel rieche.

    Das reaktionäre Bürgertum reduziert die Moderne auf ihren rein materiellen, rein mechanistischen Aspekt. Dabei wurde das roh Materielle, platt Mechanische der Moderne spätestestens mit Kants Erkenntnistheorie und Hegels Dialektik überwunden und seit Einstein und der Quantentheorie hat es sogar in den "harten" Naturwissenschaften keinen Platz mehr.
    Du schriebst von der Instrumentalisierung der Religion durch die Bourgeoisie am Beispiel des Islams. Eine Vulgärvariante von Religion resp. Monotheismus, die in Dreck wie dem "Kampf der Kulturen" ihren Ausdruck findet, soll die Wissenschaft wieder auf eine "dienende" Rolle reduzieren. Religion ist im Diskurs der Bourgeosie nicht die Überwindung einer mechanistischen, materialistischen Moderne sonder ob der Primitivität des religiösen Fundamentalismus ihre Vollendung. Die Religion soll als Sinnstifterin nicht Dinge leisten, welche dem modernen Diskurs nicht möglich sind, sondern sie soll als purer Aberglaube jede der Moderne angemessene, Mechanismus und platten Materialismus überwindende Sinnstiftung unterbinden.

    Ist die Welt denn heiler geworden, seitdem sie in Nahost vermehrt für Jahwe und Allah morden? Ist der Balkan friedlicher geworden, seitdem katholische Priester, orthodoxe Popen und muslimische Imame da wieder Einfluss haben? Hat das Elend in Russland seit dem Erstarken der Kirchen ab- oder zugenommen?

    In "Eine Frau am Punkt Null" (herausgegeben von der ägyptischen Autorin Nawal as-Saadawi) schrieb die Protagonistin über die Frömmigkeit der Herrschenden: "Sie betrügen Gott und die Menschen." Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

  9. #29
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von Monarchist1985 Beitrag anzeigen
    Wenn der Nationalsozialismus kein Faschismus ist, was ist er dann ? Sozialismus kommt nicht in Frage, denn wo hat der Nationalsozialismus Produktionsmittel verstaatlicht oder wo beabsichtigt der Nationalsozialismus, den Staat abzuschaffen ? Dazu sind das Führertum und die sozialdarwinistische Weltsicht dass glatte Gegenteil zum egalitären Gedanken des Sozialismus.
    Man kann den Nationalsozialismus als eine Sonderform des Faschismus sehen, aber Faschismus ist es auf jeden Fall.
    Eine Singularität. Einzigartig. Ein ganz krudes Ideenkonglomerat, dass nur sehr schwer in eine Schublade einordbar ist.
    Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage »was ist deutsch?« niemals ausstirbt.
    Friedrich Nietzsche

  10. #30
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    Standard AW: Ist der Faschismus eine Weiterentwicklung des Absolutismus ?

    Zitat Zitat von EinDachs Beitrag anzeigen
    Eine Singularität. Einzigartig. Ein ganz krudes Ideenkonglomerat, dass nur sehr schwer in eine Schublade einordbar ist.
    Siehst du beim Nationalsozialismus noch andere als faschistische Merkmale, z. B. Sozialistische ? Also ich sehe bisher nur faschistische Merkmale. Vielleicht bin ich aber aus meiner Schulzeit (meine Geschichtslehrer waren fast alles Alt68er...) zu sehr vorgeprägt ?
    Geändert von Monarchist1985 (17.08.2007 um 11:58 Uhr)

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