Psychologen und Anthropologen beschäftigen sich beizeiten mit der Frage, warum der Mensch glaubt, wobei es hier nicht um die Funktion der Religion für den Menschen (Trost etc.) geht, sondern vielmehr um die Frage, warum das menschliche Gehirn sich Glauben an übernatürliche Phänomene aneignet, und was das für einen evolutionären Vorteil darstellen könnte.
Eine mögliche Antwort darauf fasst der britische Biologe Richard Dawkins so zusammen:
1. Der Mensch ist viel mehr als andere Spezies davon abhängig, dass kumulierte Erkenntnisse von vorangehenden Generationen an die Nachkommen weitergegeben werden. Ein menschliches Kind ist allein weit weniger überlebensfähig als anderer Tierarten Nachkommen.
2. Deshalb ist es überlebensnotwendig, dass Kinder eine Art unbedingten Gehorsam elterlicher Weisungen/Ratschläge gegenüber entwickeln. Auch wenn das Kind nicht weiß warum, der Anweisung "iss diese Beeren nicht" oder "halt Dich vom Wasser fern" muss Folge geleistet werden, ein abweichendes Verhalten könnte lebensbedrohlich sein, würde also die Reproduktion gefährden und wurde folgerichtig von der natürlichen Selektion aussortiert.
3. Kinder übernehmen also so von den Eltern, was gut oder schlecht, richtig oder falsch ist. Sie können dabei nicht unterscheiden, ob die übernommene Weisheit tatsächlich sinnvoll ist oder nicht. Sie übernehmen daher "Nimm Dich vor schwarz-gelben Insekten in Acht" ebenso wie "Schlachte ein Lamm bei Vollmond um Gott XY zu dienen".
4. Einmal in Gang gesetzt, sind religiöse Vorstellungen also ein (ungewolltes) Nebenprodukt dieser Anpassung an natürliche Bedingungen, dessen Verbreitung durch den Mechanismus in Gang gesetzt wurde.
(Eigene Darstellung nach Dawkins 2006: The God Delusion)
Was meint Ihr? Sicher ist dieser Ansatz keine umfassende Erklärung für die Anfälligkeit des Menschen gegenüber ausgerechnet metaphysischen Erklärungen, er erklärt auch nicht, warum sich eine bestimmte Religion durchsetzt, aber stellt ein wie ich finde durchaus diskussionswürdiges Modell dar.
(Leider werden sich 98% der Menschheit ohnehin nie mit derartigem beschäftigen, weil sie viel zu sehr damit ausgelastet sind, ihre einzige hohe Wahrheit gegen niedere Ungläubige zu verteidigen)