Das moslemische Terror-Netzwerk El Kaida hat mit neuen Anschlägen in Europa gedroht und dort lebenden Moslems empfohlen, den Westen zu verlassen.
In der in London erscheinenden Zeitung „El-Sharq El-Awsat“ wurde am Freitag eine Erklärung veröffentlicht, als deren Verfasser sich die zu El Kaida gehörenden Abu-Hafs-el-Masri-Brigaden ausgaben, die für die Terroranschläge in Madrid verantwortlich gemacht werden. In der Botschaft hieß es: „An die Menschen in Europa: Euch bleiben nur wenige Tage, um den von bin Laden angebotenen Waffenstillstand anzunehmen. Andernfalls seid Ihr selbst schuld.“ Im Westen lebende Moslems wurden aufgefordert in moslemische Länder auszureisen, um sich in Sicherheit zu bringen. Wem dies nicht möglich sei, solle Vorkehrungen treffen, für mindestens einen Monat Lebensmittel und Geld im Hause haben und viel beten.

Die Drohung der Brigaden beruht auf einem vom US-Geheimdienst als echt eingestuften Tonband, dessen Inhalt ein „Versöhnungsangebot“ von Terroristenchef Osama Bin Laden an Europa darstellen soll. Das Band war am 15. April von Arabischen Nachrichtensendern ausgestrahlt worden. Darin hieß es damals, El Kaida biete den Regierungen Europas an, alle Operationen in ihren Ländern einzustellen. Dafür müssten sie sich verpflichten, ihre Soldaten aus Afghanistan und Irak abzuziehen und sich nicht mehr an „militärischen Operationen gegen Moslems“ zu beteiligen. Sie hätten drei Monate Zeit, um dieses Angebot zu akzeptieren. Mehrere europäische Staaten, darunter auch die Bundesregierung, hatten daraufhin erklärt, sie lehnten Verhandlungen mit bin Laden ab.

Gefahr für Deutschland gering
Das Bundesinnenministerium ist hinsichtlich der Drohung skeptisch: „Diese Äußerungen sind mit großer Vorsicht zu genießen", sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin. Bei den Abu-Hafs-el-Masri-Brigaden, von denen die Erklärung mit Datum 1. Juli stammen soll, handele es sich um eine ominöse Gruppe. „Die Bundesregierung wird sich irgendwelchen Ultimaten eines Kriminellen wie bin Laden nicht beugen.“ Der Sprecher verwies auf die extrem hohen Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland.

Weitere Festnahme in Spanien
Unterdessen hat die spanische Polizei knapp vier Monate nach den Anschlägen von Madrid, bei denen 191 Menschen getötet wurden, einen weiteren Verdächtigen festgenommen. Der Algerier habe für mehrere der Attentäter Pässe gefälscht, teilten die Behörden in Madrid mit. Seit dem Blutbad sind fast 50 Verdächtige festgenommen worden, gegen 14 von ihnen wurden Haftbefehle erlassen.

Alarmbereitschaft in den USA
Auch in den USA hält die Terrorfurcht an. Die US-Bundespolizei FBI rief wegen anhaltender Geheimdienstkenntnisse über mögliche Anschläge im Sommer zu erhöhter Wachsamkeit auf. Im Hinblick auf den Unabhängigkeitstag am 4. Juli wies sie 18 000 Polizeiwachen zu verstärkten Patrouillen an. Spezifische Informationen lägen aber nicht vor. Die US-Geheimdienste hören auf verschiedenen Wegen die Kommunikation zwischen mutmaßlichen El-Kaida-Terroristen ab. Dabei gibt es nach Angaben aus Polizeikreisen immer wieder Hinweise auf geplante Attacken im Vorfeld der Präsidentenwahl am 2. November. Als mögliche Ziele gelten auch die Parteitage der Demokraten Ende Juli in Boston und der Republikaner vier Wochen später in New York.

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