Kalif von Köln auf freiem Fuß
Deutschland liefert den Islamistenführer Metin Kaplan nicht an die Türkei aus; Otto Schily hat diese Entscheidung bedauert. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ordnete am Dienstag Kaplans Entlassung aus der Auslieferungshaft an. Gleichzeitig wurde eine Auslieferung an die Türkei für unzulässig erklärt. Nach Ansicht des Gerichts droht dem 50-Jährigen dort ein völkerrechtswidriges Verfahren.
Bundesinnenminister Schily war anderer Ansicht. Die türkische Regierung habe mehrfach die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zugesichert. Schily betonte zugleich, der Düsseldorfer Richterspruch sei kein Vorgriff auf die gerichtlichen Entscheidungen über die bereits verfügte Ausweisung Kaplans. Im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik müsse über Ausweisung und dann Abschiebung kurzfristig entschieden werden.
Kaplan war im November 2000 wegen eines Mordaufrufs in Deutschland zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Seine Haftzeit lief am 27. März ab. Seitdem befand er sich in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf in Auslieferungshaft.
Der türkische Religionslehrer hatte 1995 die Leitung der islamisch-fundamentalistischen Organisation „Kalifatsstaat“ übernommen. Die türkischen Behörden legten ihm im Auslieferungsverfahren zur Last, die Beseitigung der türkischen Staatsordnung betrieben und zum heiligen Krieg aufgerufen zu haben. So soll Kaplan seinen Anhängern befohlen haben, am 29. Oktober 1998 ein sprengstoffbeladenes Flugzeug über dem Mausoleum Atatürks in Ankara zum Absturz zu bringen.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verwies nun auf Auslieferungshindernisse. So gewann es nach der Auswertung von offiziellen türkischen Unterlagen den Eindruck, dass Anhänger des Kaplan-Verbandes in einem Ermittlungsverfahren 1998 von der türkischen Polizei gefoltert worden sind. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass ihre nach internationalem Recht nicht verwertbaren Aussagen auch im Verfahren gegen den Kalifen von Köln verwendet werden. Zudem trage das gegen Kaplan anhängige Verfahren den Charakter politischer Verfolgung und gehe damit über die bloße Verfolgung kriminellen Unrechts hinaus.
Die türkische Regierung hatte wiederholt die Auslieferung des Islamistenführers verlangt. Dabei verwies Ankara zuletzt auf einen Parlamentsbeschluss von 2002, in Friedenszeiten keine Todesstrafe mehr zu verhängen. Schily hatte im Dezember 2001 den „Kalifatsstaat“ und die dazugehörige Stiftung „Diener des Islam“ sowie 19 Teilorganisationen mit etwa 1100 Mitgliedern verboten.
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