Mit diesem Strang möchte ich ein paar Zeilen zur Idee der Einheit Europas loswerden. Sie sind eher lose gefasst, und machen noch lange kein gefasstes Gesamtbild aus, aber vielleicht besteht die Möglichkeit, daß sich eine Idee innerhalb eines (möglicherweise) folgenden Disputes herauskristallisiert.
Viele reden vom Wunsch nach europäischer Einheit. Gewissermaßen mag ein vereintes Europa machtpolitisch für alle Völker des Kontinentes vorteilhaft sein, nur benötigt eine solche Einigung eine signifikante Idee, ein Mythos. Wenn wir überlegen, welche könnte in Betracht kommen? Das Christentum? Kaum. Seit der Reformation bekriegen sich Katholiken und Protestanten, und überhaupt ist es zum Nihilismus verkommen, der christliche Gott am Ende, gelinde ausgedrückt.
Eine gemeinsame Kultur ist nicht drin; zu verschieden sind Germanen, Romanen, Kelten und Slawen. Und ein Bund nach Kulturkreis wäre für Deutschland geopolitisch schlichtweg unnütz (Bund mit Nordeuropa), außerdem sind die Deutschen eine kulturelle Synthese aus Germanen, Slawen und Kelten, unsere Mittellage versetzt uns in eine vielschichtige Situation.
Auch wenn ein Alain de Benoist sich ein föderales Frankreich wünscht, - was zu begrüßen ist - würden die französischen Nationalisten, die seit jeher Zentralisten sind, es nicht zulassen. Die Forderung nach Autonomie der Völker auf dem Staatsgebiet französischen Republik, würde Abwehrreaktionen, ja, bei einem deutschen Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, anti-deutsche Hetze hervorrufen, der Bevölkerung die Propagandaphrase aufgebrummt werden, die Deutschen würden versuchen die französische Nation zu spalten. Es gibt m.M.n. nur eine franz. Staatsnation, keine Kulturnation, aber das sehen die Franzmänner wohl anders.
Betrachten wir Osteuropa (wobei gestritten werden kann wo Osteuropa definitionsmäßig beginnt; ab Polen, oder der ukrainischen Westgrenze?), insbesondere, bzw. ausschließlich Russland, mag der sozialrevolutionäre Befreiungsnationalist hier zwar eine gewissermaßen anti-imperialistische Solidarität pflegen, aber innenpolitisch - obwohl es Angelegenheit der Russen ist - dürften dort kaum paradiesische Umstände gefeiert werden; zudem: wenn der Russe könnte wie er wollte, würde er ebenfalls expansiv handeln, das hat die Geschichte bewiesen, doch räume ich gern ein, daß sie uns Deutschen schon oftmals hilfreich zur Seite standen (z.B. in den Befreiungskriegen von 1813/15). Zusammengefasst: Trotz allem ist hier eine kritische Freundschaft zu wahren. Ein gesunder Abstand dürfte im beiderseitigen Interesse sein.
Aus jener Haltung, die sowohl Westeuropa (Frankreich, Großbritannien, - gesetzt den Fall es zerfällt in freie Völker, halt England, - eingeschränkt Spanien) als auch Russland kritisch gegenübersteht, bedarf es einer Zusammenfassung aller "kleineren" Nationen. Deutschlands Lage der Mitte ist hier nur förderlich.
Ein solches Reich, das Deutschland, Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Polen, Königsberg, Luxemburg, die Niederlande (vermutlich hinzufügend Flandern, wenn Belgien zerfällt) und Nordeuropa, darüber hinaus möglicherweise noch jene Völker "Zwischeneuropas", die sich der Föderation anschließen wollen, einschließt, würde ein derartiges übernationales Reich den politischen "Dritten Weg" auf geostrategischer Ebene wiederspiegeln.
Lassen wir Belorussland zum russischen Mutterland zurückkehren, womöglich auch den prorussischen Ostteil der Ukraine, bildet die Ostgrenze dieses neuen Reiches einen anti-imperialistischen Schirm, genauso wie im Westen. Das föderale Prinzip grenzt sich gegen die zentralistischen Staaten ab. Das könnte ein erster Schritt zur Neuordnung des Kontinentes sein. Im Einverständnis aller Völker, die sich der Reichsidee verbunden fühlen. Wie gesagt: Nur ein Gedankenspiel. Wer Ansätze oder Kritiken vorzubringen hat, kann dies gern tun.