Für mich ist der Westen mit weitem Abstand der Hauptverantwortliche für die beiden Weltkriege.
1. Der Westen häufte den Konfliktstoff an
Der Wirtschaftsliberalismus schuf die schweren neuen Probleme des 19. Jahrhunderts, nämlich den „Klassenkampf“ der Arbeiter und den Sozialdarwinismus.
Ohne die Ideologie sogenannter Moralphilosophen in Großbritannien wäre die Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert weniger schädlich für die Arbeiter verlaufen. Adam Smith verschaffte den Raffgierigen ein gutes Gewissen, indem er behauptete, Eigennutz sei gut. Eine „unsichtbare Hand“ sorge dafür, dass letztlich auch die Gemeinschaft profitiere. Thomas Robert Malthus lehrte, dass den Armen nicht zu helfen sei; Wohlfahrtunterstützung bewirke nur, dass die Armen noch mehr Kinder in die Welt setzten und die Not nur weiter verschlimmert werde. Thomas Chalmers meinte, dass Armut zu 90 Prozent aus eigenem Verschulden als Folge moralischen Verfalls entstehe. Die Armen waren also selbst schuld. Letztlich führten diese Lehren dazu, dass zuerst in Großbritannien eine neue Bevölkerungsschicht geschaffen wurde, die man aus Eigennutz mit ideologischer Rechtfertigung im Elend hielt.
Die liberale Wettbewerbsideologie, zusammen mit dem Darwins Lehre vom Überleben (nur) des Tüchtigsten, schuf den Sozialdarwinismus und Imperialismus. Es erscheint fast zwingend, dass, nachdem die Welt verteilt war, sich die imperialistischen Staaten nun unmittelbar in Europa bekämpfen würden. Dass sich dabei eine Mobbing-Front gegen Deutschland bildete, lag weniger an deutschem „Militarismus“ oder ähnlichem, sondern vor allem an Deutschlands Stärke und seiner geopolitischer Lage in der Mitte Europas. Wäre Frankreich wie in früheren Jahrhunderten stärkste Macht in Europa gewesen, hätte wahrscheinlich England versucht, gegen Frankreich eine Front zu bilden, letztlich, damit sich die Länder auf dem Kontinent gegenseitig schwächen sollten.
Wie im einzelnen der Erste Weltkrieg 1914 zum Ausbruch kam, erscheint mir vor diesem Hintergrund nebensächlich. Den Konfliktstoff (innere Probleme v.a. infolge der Ausgrenzung der Armen; äußere Probleme v.a. durch den Sozialdarwinismus) hatte im Wesentlichen der Westen angehäuft.
2. Der Westen schuf das Versailler System
Der sozialdarwinistische, die Alliierten selbst schädigende Vernichtungsfeldzug wurde über den Waffenstillstand und den sogenannten Friedensvertrag hinaus fortgesetzt. Das nach dem Krieg machtlose Deutschland war nur noch ein Objekt des Westens. Dabei sollte Deutschland einerseits niedergehalten werden, andererseits ein Bollwerk gegen den Bolschewismus bilden. Ein anderer Widerspruch war, dass einerseits Deutschland hohe Reparationen zahlen sollte, andererseits die Erwirtschaftung dieser Reparationszahlungen zu einem weiteren industriellen Aufstieg Deutschlands geführt hätte – was man gerade verhindern wollte. Der Versailler Vertrag schuf ein System der brutalen, auch selbstschädigenden Unterdrückung. In Deutschland wurde die parlamentarische Demokratie – für die Liberalen eigentlich die Verheißung freier Gestaltungsmöglichkeiten - zum System der Hilflosigkeit und Fremdbestimmung durch die Alliierten. Als Ersatz für die Deutschland entzogene Möglichkeit politischen Handelns wurden die bekannten Ideologien ausgedacht.
Die Weltwirtschaftskrise entstand aus der Zerstörung der Wirtschaftsbeziehungen durch den ersten Weltkrieg und das Versailler System. Damit war die Demokratie in Deutschland am Ende.
3. Der Westen schürte den deutsch-polnischen Konflikt
Trotz des in seinen Zwangsvorstellungen gefangenen, in seinen Mitteln auch brutalen Diktators Hitler wäre ein zweiter Weltkrieg vermieden worden, wenn der Westen zur Vernunft gekommen wäre. Dies versuchte anscheinend Chamberlain, wenn auch zu spät. Unmittelbar nach dem Münchener Abkommen erklärte er sinngemäß, dass es weitere Verhandlungen für eine Neuordnung in Europa geben werde.
In den folgenden Wochen gab es dann die entscheidende Wende. Die Briten gerieten immer mehr unter amerikanischen Einfluss. Roosevelt hatte eine andere Strategie zur Lösung der aktuellen Spannungen, die durch Hitlers Politik entstanden waren (dass er Westen selbst den Konfliktstoff geschaffen hatte, mit dem Hitler so verhängnisvoll umging, sollte hier nochmals betont werden). Roosevelt wollte Hitler „stoppen“. Zunächst wollte er den Deutschen die Möglichkeit geben, dies selbst zu tun. Notwendig war hierfür, Hitler bei seinen weiteren Forderungen eine Niederlage beizubringen. Dann würden die Deutschen Hitler stürzen. Taten sie es nicht und Hitler begann einen Krieg, hatten sich die Deutschen das Unwerturteil über sich selbst gesprochen und die Welt hatte das Recht, rücksichtslos gegen Deutschland Krieg zu führen. Deshalb veranlasste er England, Frankreich und Polen, jeden Vorschlag Hitlers in der Danzig-Korridor-Frage abzulehnen und die Kriegsgefahr auf die Spitze zu treiben.
Hitler sah sich als Führer Deutschlands, der von der Vorsehung berufen worden war, Deutschland zu retten. Sein Sturz hätte daher bedeutet, dass Deutschland wieder und endgültig in der Not versinken würde. Aus seiner Sicht war er daher gezwungen, Polen anzugreifen, wo nach seiner Ansicht außerdem die deutsche Minderheit misshandelt wurde.
Hätte Hitler Danzig bekommen, wäre Roosevelts Strategie ganz fehlgeschlagen. Für die Deutschen hätte kein Grund bestanden, Hitler zu stürzen. Es hätte keinen Krieg gegeben, in dem Roosevelt Hitler beseitigen und die Deutschen belehren konnte. Die Belehrung bestand übrigens besonders deutlich in dem Terror-Luftkrieg 1945, der eindeutig ohne militärischen Wert war. Die angeblich kriegslüsternen Deutschen sollten lernen, den Krieg zu verabscheuen.
Obwohl beide Seiten meinten, es gehe nicht um Danzig, wäre ohne das Danzig-Problem der zweite Weltkrieg möglicherweise nicht ausgebrochen. Danzig war unbestritten eine deutsche Stadt. Selbst die Alliierten hatten 1919 erklärt, die Infrastruktur Danzigs solle den Polen nur deshalb zur Verfügung stehen, damit sie ihr (angebliches) Recht auf freien Zugang zum Meer verwirklichen konnten. Bis 1939 hatten sich die Polen mit dem Hafen in Gdingen aber einen eigenen Zugang zum Meer geschaffen. Es war längst anerkannt, dass das Versailler System verfehlt war. Es bestand daher kein Grund mehr (wenn es jemals einen gab), den Status Danzigs als „Freie Stadt“ unter weitgehender Kontrolle Polens gegen den Willen der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Dennoch schufen die Alliierten hier den Auslöser für den zweiten Weltkrieg.
Leider verdeckt die Gestalt Hitlers den Blick auf die eigentliche Verantwortlichkeit am zweiten Weltkrieg - und selbst am ersten Weltkrieg, weil man mutmaßt, dass Wilhelm II und andere Deutsche so etwas wie Vorläufer Hitlers gewesen seien.