Der gigantische Arbeitsplatzabbau geht selbst bei Grossknzernen weiter und es ist kein Ende der Massenentlassungen im Lande in Sicht.
Obwohl die Bilanz bei Karstadt Quelle nach massivem Arbeitsplatzabbau
wieder gut aussah, will der Konzern noch einmal 800 Arbeitsplätze entlassen und die Belegschaft zwingen, für deutlich weniger Geld als bisher weiterzuarbeiten .
Wut und Entsetzen erfasst die Belegschaft des Konzerns, der entlässt um angeblich fit für den Wettbewerb zu werden und auf der anderen Seite sich teuer in den Reisemarkt einkaufen will
»Es herrscht Angst, aber auch große Wut«
Der KarstadtQuelle-Konzern will über 800 Mitarbeiter entlassen und die Löhne kürzen
Ein Gespräch mit der Betriebsrätin Gudrun Kimmerle
KarstadtQuelle hat angekündigt, über 800 Mitarbeiter in seinem Callcenter in Nürnberg zu entlassen. Was sind die Gründe?
Argumentiert wird wie überall mit der »Konkurrenzfähigkeit« und der Sanierung des Konzerns. Tatsächlich geht es darum, den Konzern für die Eroberung der internationalen Märkte flott zu machen. So hat der Konzern sich vor kurzem im Reisegeschäft eingekauft, und die Aktionäre wollen Rendite sehen.
Quelle hat den Mitarbeitern angeboten, für rund 1100 Euro brutto weiterhin beschäftigt zu bleiben.
Durch dieses Lohndumping wird es immer schwieriger, von dem erabeiteten Lohn seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Als Packer in Teilzeit und der untersten Lohngruppe im Einzelhandel bekommen unsere Kollegen jetzt nur noch rund 930 Euro netto im Monat. Das hat Auswirkungen auf die spätere Rente und auch auf das Arbeitslosengeld. Ich selbst bin zweimal bei Quelle gekündigt worden, habe jedoch zwei Kündigungsschutzprozesse gewonnen. Nun hat Quelle Revision beim Bundearbeitsgericht eingelegt. Der Termin steht noch aus. Da über die Klage auf Weiterbeschäftigung noch nicht entschieden ist, muß ich seit über einem Jahr von 560 Euro monatlich leben. Daher weiß ich genau, was es bedeutet, mit »Billigstlohn« auskommen zu müssen.
Sind manche Mitarbeiter denn nicht zur Annahme dieses »Angebotes« gezwungen, da ihnen und ihren Familien sonst der soziale Abstieg droht?
Der soziale Abstieg droht mit oder auch ohne der Annahme des erpresserischen »Angebots«. Die meisten Kolleginnen und Kollegen wissen, was Arbeitslosigkeit und Hartz IV bedeuten, und das ist ein gewaltiger Druck. Die Lebenshaltungskosten steigen, und die Kollegen arbeiten sehr effektiv und hart und wollen dafür zu recht ordentlich entlohnt werden. Unsere Losung war und ist »Hände weg vom Kugelschreiber« – die Kollegen sollen sich nicht auf die Erpressung einlassen. Dabei darf niemand allein gelassen werden. Die Angriffe der Konzernleitung können nur im gemeinsamen Widerstand abgewehrt werden. Gemeinsame Aktionen mit den Nürnberger und Frankfurter Kollegen am Gründonnerstag waren dafür ein wichtiges Signal.
Der Arbeitsplatzabbau geht trotz explodierender Börsenkurse besonders bei Dax Unternehmen aber auch bei Unternehmen des S Daxes und des M Daxes sowie anderen Unternehmen trotz teilweise guter Bilanzen unvermindert weiter
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Proteste gegen Lohndumping und Kündigungen
Über 800 Quelle-Beschäftigte sollen künftig für erheblich weniger Geld mehr arbeiten: Zum Jahresende will ihnen das Unternehmen kündigen, damit sie sich neu auf die Stellen mit den schlechteren Konditionen bewerben können.
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Fürth - Mit Appellen an Karstadt-Quelle-Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz haben mehr als 800 Beschäftigte der Quelle-Servicegesellschaften den Kampf um ihre Arbeitsplätze fortgesetzt. "Frau Schickedanz ist Fürther Bürgerin. Ich fordere sie auf, tätig zu werden und für uns zu kämpfen", sagte der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Staudt auf einer Kundgebung. Der bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Josef Falbisoner, nannte die bei dem Versandunternehmen geplanten drastischen Einschnitte unsozial und unzumutbar.
Nach Vorstellung des Karstadt-Quelle-Konzerns sollen die 815 Beschäftigten in zwei Call Centern in Nürnberg bei längerer Arbeitszeit und kürzerem Urlaub statt bisher durchschnittlich 2000 Euro künftig noch zwischen 1100 und 1450 Euro verdienen. Falbisoner forderte die Einführung eines Mindestlohns, "damit das Lohndumping in diesem Land endlich aufhört". Die Lohnkürzungen hätten Methode. "Bei der Telekom läuft es genauso", sagte der Verdi-Landeschef.
"Der Kampf ist eröffnet"
Die Beschäftigten sollten nun für zahlreiche Fehler des Managements verantwortlich gemacht werden. "Wir werden den Druck auf das Unternehmen deutlich erhöhen", kündigte Falbisoner an. "Es ist unglaublich, was hier passiert." Der örtliche Gewerkschaftssekretär Johann Rösch sagte: "Der Kampf ist eröffnet." Man sei durchaus zu Verhandlungen "unterhalb des jetzigen Niveaus" bereit. Das vom Konzern angekündigte Vorgehen sei aber nicht zu akzeptieren. Karstadt-Quelle will allen Beschäftigten zum Jahresende kündigen. Sie können sich dann auf die Arbeitsplätze neu bewerben. Das Unternehmen begründete die Pläne damit, wettbewerbsfähig bleiben zu müssen.
Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sprach von einer "existenziell verheerenden Situation" für die Beschäftigten. "Löhne, von denen man nicht leben kann, sind völlig inakzeptabel für die Politik." Man brauche dringend Mindestlöhne in Deutschland. "Ohne die Kaufkraft breiter Schichten kann es keinen Handel, auch keinen Versandhandel geben", sagte der OB
Jürgen Meyer