Wie man an den Koran herangeht ist individuell und verschieden. Für einen Muslim in einem islamischen Umfeld und im alltäglichen Umgang ist der Koran ein Gebetsbuch, eine beständige Aufforderung zum Guten, zu Güte, zu Barmherzigkeit, zu Gerechtigkeit und Gebet.
Hierzulande herrscht vielfach, verstärkt durch die Vorfälle in den islamischen Regionen mit terroristischem Hintergrund, ein ganz anderes Islambild vor und eine ganz andere Koranauffassung, als einer Religion, die “drohend, strafend, kriegerisch, intolerant und unterwerfend” sei. Zu diesem Bild werden oft Stellen aus dem Koran zitiert, die in dieser Form vielen Muslimen unbekannt sind und die sie so nicht akzeptieren.
Es liegt auf der Hand, dass aufgrund dieser Unterstellungen Verschwörungstheorien fruchtbaren Boden finden. Dass dabei viele Muslime selbst zu diesem schlechten Image beitragen, ist ihnen nicht bewusst. Es bedarf der sorgfältigen Analyse dieser oft zitierten Koranstellen, worauf besonders die
Muslime achten sollten.
Wenn man sich eingehender mit den besagten Koranstellen beschäftigt, die verschiedensten Korankommentare und Erläuterungen dazu liest, stellt man fest, dass es über die tatsächliche Bedeutung keine Zweifel gibt, jedoch Koranübersetzungen keinesfalls genügen.
Zum Beispiel ist da dieser vielzitierte Koranvers 47, 4.
In der paretschen Übersetzungsversion lesen wir:
„Wenn ihr (auf einem Feldzug) mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut (ihnen mit dem Schwert) auf den Nacken! Wenn ihr sie schließlich vollständig niedergekämpft habt, dann legt sie) in Fesseln, (um sie) später auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben)! (Haut mit dem Schwert drein) bis der Krieg (euch) von seinen Lasten befreit (und vom Frieden abgelöst wird)!“
Oder Henning übersetzt wie folgt:
„Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter Ihnen angerichtet habt; dann schnürt die Bande. Und dann entweder Gnade hernach oder Loskauf, bis der Krieg seine Lasten niedergelegt hat.“
Diese Version enthält an und für sich schon einen Widerspruch in sich: zuerst Kopf herunter und dann die Wahl - entweder Gnade oder Loskauf!!
Was ist nun hier tatsächlich mit diesem Vers gemeint? Dieser Koranvers widerspricht auf den ersten Blick unzähligen Koranstellen und dem Grundsatz im Umgang und der Begegnung mit anderen, d.h. es relativiert sich von da her und gibt den objektiven Ansatz für eine richtige Übersetzung.
Der offensichtliche Sinn dieses Koranverses im heutigen Sprachgebrauch bedeutet in etwa:
„Wenn ihr euch im Krieg befindet, dann kämpft so lange, bis ihr eure Feinde besiegt habt, und nehmt sie gefangen und lasst sie entweder aus Gnade oder gegen Lösegeld frei. Handelt so - Gnade oder Loskauf - bis der Krieg beendet ist.”
Eine wortwörtliche Wiedergabe, eine wortwörtlichen Übertragung ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wegen der Verschiedenheit der Sprachen ist selbst eine wortwörtliche Übersetzung eines normalen Buches kaum durchführbar. In jeder Sprache gibt es Wörter, Redewendungen, Nuancen, für die eine andere Sprache keinen Gegenbegriff oder keine Ausdrucksmöglichkeit kennt.
Es ist in dem besagten Koranvers ein konkretes Ereignis angesprochen, zu dem der Vers offenbart wurde.
(...)
In unserem vorliegenden Beispiel nun ist der Kriegszustand angesprochen, ein Ausnahme- und Extremfall, bei dem menschliche Grausamkeiten sich im Übermaß zeigen und sich steigern können. Obwohl es so ist, werden die Muslime in diesem Koranvers angehalten an Gnade und Barmherzigkeit zu denken und sie niemals außer acht zu lassen.
Übersetzungen geben kurzgefasst den offensichtlichen Sinn der Verse wieder, oft entsprechend dem Verständnis und dem Erfassungsvermögen des Übersetzers, aufgrund seines spezifischen Hintergrunds und Wissens oder seiner Methode und seines Stils.
Übereinstimmend sagen Islamgelehrte über Koranübersetzungen:
Das, was man Übersetzungen nennt, sind in Wirklichkeit stark zusammenfassende und unvollständige Erläuterungen. Zwischen ihnen und den wahren, lebensbringenden Versen, deren Bedeutungen mancherlei Verzweigungen neben dem sichtbaren Sinn umfassen, kann kein Vergleich bestehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Koranübersetzungen sind überaus hilfreich und nicht zu entbehren. Aber zum richtigen Verstehen mancher Verse sollte man Vergleichen, den Gesamtzusammenhang betrachten und weiterführende Bücher und Erläuterungen heranziehen. Des weiteren ist ganz entscheidend bei der Koranauslegung der Einklang mit Logik und Verstand und den immer geltenden Grundprinzipien.
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Was ich mit diesem Thema versuche zu verdeutlichen ist folgendes:
- Ich möchte den Dialog fördern und ein besseres Verständnis ermöglichen. Oberflächliches Wissen ist oftmals sehr tükisch und schürt nur ein falsches Verständnis. Ein Beispiel dass jedem geläufig sein sollte möchte ich euch nahebringen. Wenn man selektiv auf die Tatsache schaut, dass Jesus gekreuzigt wurde und sich vergegenwärtigt, dass er wegen vermeintlicher Aufrüherei von Juden umgebracht wurde, wird von manchen der Schluss gezogen, "Die Juden sind Schuld am Tode von Gottes Sohn". Dass dies jedoch keinesfalls aufrechterhalten werden kann, wird erst nach näherem Studium der gesamten historischen Ereignisse einem deutlich.
Auch in diesem Fall ist es ähnlich. Hier wird sehr schnell und von vielen Usern propagiert, dass der Koran den Gläubigen vorschreibt Ungläubige den Kopf abzuschlagen bzw. zu töten. Ich hoffe der obige Text zeigt dass dies der reinen Logik nach nicht nachvollziehbar sein kann.
Da mir wirklich sehr viel an einer wirklichen Diskussion liegt und ich leider immer mehr feststellen muss, dass die "Disziplin über das eigentliche Thema sich zu unterhalten sehr nachgelassen hat, bitte ich die Moderatoren in besonderem Maße darauf zu achten. Vielleicht ist es dann einmal möglich wirklich ohne Hass und Aggressivität sich zu unterhalten.
- themenfremdes löschen, d.h. auch pauschales wie "Islam ist Scheiße"
- persönliche Angriffe zu ahnden
Wer an diesem Thema aus theologischer Sicht interessiert ist, bzw. wirklich diskutieren und nicht diskreditieren oder die Meinung von anderen schlecht machen möchte, sollte hier schreiben. Wessen Ziel jedoch etwas anderes ist, bitte ich einfach gar keinen Kommentar zu machen