Indem man erkennt, daß jedes Wollen Leiden ist und sich selbst vereiteln muss, verneint man in der Askese die Genüsse des Lebens und durch moralisches Handeln den eigenen Egoismus. Dadurch lehnt man den Wahn des Willens ab, reisst die Grenzen der Individualität nieder und findet Erlösung, so wie sie auch das echte Christentum propagiert. Sinn des Lebens ist demnach nicht das Streben nach Glück, sondern Entbehrung, Arbeit, Not - gekrönt durch den Tod.
Das ist es, was in den Leiden Jesu ausgedrückt werden sollte.
Unserer Zeit mangelt es nicht am Willen sondern am Nicht-Willen. Je weiter wir entwickelt sind, umso größer erscheinen uns die Probleme und Aufgaben. Jeder erfüllte Wunsch gebärt einen Neuen und der Hauptwunsch scheint der nach ewigem Leben in diesem Jammertal zu sein. Daher rühren unsere Gesundheitssysteme und technischen Raffinessen, mit denen wir selbst das verfallene Leben noch einige Sekunden erhalten wollen. Der Wahn des Willens, sich selbst zu bejahen, ist in dieser Epoche auf seinem Höchstpunkt angelangt.
Doch hat er die Menschen glücklicher, besser oder moralischer gemacht? Der Optimismus in Ungestalt der angloamerikanischen Lebensweise will uns das Glück als Hauptziel des Lebens weis machen, eine falsche Prämisse, schon den Kleinsten eingepflanzt und sie auf ewig ins Verderben stürzend. So streben, irren und leiden sie dahin, in einer Welt des Überflusses und materialler Befriedigungen.
Wir können meiner Meinung nach nur in den allegorischen Leiden Jesu die Antwort erhalten, den Wahn des Willens zu verneinen und als Individuen und Gesellschaft wieder Erlösung und Freiheit zu erlangen.
---