Schwulenhatz und Kulturkampf - Eklat um polnische Politikerfamilie
Feine Familie: Vater und Sohn Giertych von der nationalkonservativen Rechten Polens haben in Brüssel und Heidelberg Empörung ausgelöst. Vize-Premier Roman Giertych wetterte gegen Homosexuelle. Sein Vater Maciej, Europaabgeordneter, beschwor den Kampf der Zivilisationen in der EU.
Heidelberg/Brüssel - Roman und Maciej Giertych, beide ultra-nationalistische Spitzenpolitiker, machten schon des öfteren durch streitbare Äußerungen von sich Reden. Heute brachten sie am selben Tag an zwei verschiedenen Orten ihre Berufskollegen aus dem europäischen Ausland gegen sich auf.
Sohn Roman Giertych, polnischer Bildungsminister von der katholisch-nationalistischen Familienliga und stellvertretender Regierungschef, sorgte beim informellen EU-Bildungsministerrat in Heidelberg für einen Eklat: In der Debatte über Europas gemeinsame Werte schimpfte er über Gesellschaften, in denen die Abtreibung erlaubt sei und bereits Elfjährige an die Homosexualität gewöhnt würden. "Homosexuelle Propaganda erreicht immer jüngere Kinder", sagte Giertych wörtlich.
Über die Abtreibung sagte der Bildungsminister: "Dieses von mehreren Parlamenten legalisierte Verbrechen ist eine neue Form der Barbarei." Giertych weiter: "Eine Nation, die ihre eigenen Kinder umbringt, ist eine Nation ohne Zukunft. Ein Kontinent von Menschen, die ihre eigenen Kinder ermorden, wird von jenen ersetzt werde, die sie nicht umbringen."
"Das war intolerant und doktrinär", sagte eine Sitzungsteilnehmerin über die Rede des stellvertretenden Premierministers. Giertych habe in der Runde geradezu "gewettert", hieß es. Giertychs Ausfall habe viele Teilnehmer verärgert: "Es wird noch Reaktionen geben", hieß es.
Die Vorsitzende des Bildungsausschusses im Europa-Parlament, Doris Pack (CDU), kritisierte Giertych. "Wenn wir Toleranz als einen wichtigen Wert sehen, dann muss man sich auch selber so verhalten und nicht fundamentalistische Grundsätze in die Welt setzen, die wir nicht teilen können." Dem hätten sich mehrere Minister angeschlossen, sagte die Abgeordnete. "Das war ein Eklat", so Pack.
Der polnische Politiker hatte sich zu Wort gemeldet, nachdem die Ratsvorsitzende und Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gemeinsame europäische Werte wie Demokratie, Toleranz und den Respekt der Grundrechte angesprochen hatte.
Empörung über Vater Maciej
Zeitgleich sorgte Vater Maciej Giertych, Abgeordneter im Europa-Parlament, mit einer rechtslastigen Broschüre im Europaparlament für Empörung: In dem 32 Seiten starken Heft unter dem Titel "Zivilisationen in Europa im Krieg" erklärt Giertych unter anderem: "Die Zivilisationen stehen untereinander im Wettbewerb, und in einer einzigen Gesellschaft wird letztlich eine gewinnen." Ferner heißt es, Mütter müssten zu Hause bleiben und ihre Kinder erziehen. Auf die Broschüre ist das Parlamentslogo aufgedruckt.
In einer früheren Broschüre hatte Maciej Giertych durch antisemitische Ausfälle auf sich aufmerksam gemacht. Er bezeichnete darin Juden als eine Gruppe, die sich selbst absondere und daher "ihre eigenen Ghettos" bilde. In Straßburg pries er gelegentlich auch schon den spanischen Diktator Franco, die Evolutionstheorie lehnt er aus christlicher Überzeugung ab.
Sechs der acht Parlamentsfraktionen distanzierten sich heute von der Veröffentlichung, die sie in einer gemeinsamen Erklärung als rassistisch, antisemitisch und sexistisch kritisierten. Wie das Parlamentslogo auf die Broschüre gelangte und ob möglicherweise sogar Haushaltsmittel dafür ausgegeben wurden, ist noch unklar.