Christenverfolgung mitten in Deutschland - gibt es das? Der evangelische Pfarrer Hans Jürgen Kutzner ist mit der Seelsorge von Iranern betraut, die zum Christentum konvertiert sind. In ihrem Heimatland droht ihnen die Todesstrafe. Viele haben zudem Angst vor den Aktivitäten des iranischen Geheimdienstes in Deutschland. Einige berichten von Internetseiten, auf denen ihr Namen veröffentlicht wurde. Für die im Iran zurückgebliebenen Familien bedeutet der Name eines Familienmitglied auf einer solchen Liste nichts Gutes. Aber auch die Konvertiten sind in Gefahr, können nicht auf Religionsfreiheit hoffen: „Für uns als Kirche ist die Situation etwas Neues“, sagt Kutzner im Gespräch. „Die letzte Christenverfolgung liegt in Deutschland einige Jahrzehnte zurück. Das war im Dritten Reich, als die Bekennende Kirche verfolgt wurde. Heute stehen wir hilflos da, wenn Konvertiten bedroht werden. Wir haben noch keine Strategie entwickeln können, wie wir als Kirche helfen und schützen können.“
Einzelne islamische Gruppierungen verstoßen gegen die geltende Religionsfreiheit und bedrohen die Angehörigen von christlichen Kirchen, mitten in Deutschland. Nicht selten fordern die gleichen Gruppen für sich große Moscheen und islamischen Religionsunterricht. Wie geht das zusammen? „Es gibt innerhalb des Islam einzelne ideologische Gruppen, die offenbar Religionsfreiheit wie eine Art Ehrschutz für ihre Religion verstehen“, erklärt Heiner Bielefeldt. Bielefeldt ist Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin. „Diese Gruppen reagieren sehr empfindlich, wenn Religionskritik am Islam geübt wird, was ja legitim ist in einer freiheitlichen Gesellschaft“, sagt Bielefeldt. Und weiter: „Es gibt einzelne Gruppen, die so genannte islamische Menschenrechte vertreten. Das sind Menschenrechtsvorstellungen, die ganz unmittelbar auf religiöse Quellen zurückgreifen. Und in diesen Konzepten kommt ganz oft die Religionsfreiheit, aber auch die Gleichberechtigung der Geschlechter gar nicht oder jedenfalls nicht eindeutig vor. Das sind problematische Konzepte von Menschenrechten, die mit den Strukturen einer freiheitlichen Gesellschaft nicht in Übereinstimmung sind“, hebt Bielefeldt hervor.
Liegt dies am Islam selbst? Ist diese Religion, die sich in Europa um ein tolerantes, friedvolles Gesicht müht, im Kern doch intolerant? Eine Antwort ist nicht einfach. Pauschalurteile werden der Wirklichkeit nicht gerecht. Doch Einzelschicksale lassen aufhorchen. Auch das der Konvertitin Sabatina James, die in Österreich lebt. Die gebürtige Pakistani muss seit ihrer Konversion zum Christentum ständig ihren Wohnsitz wechseln. „Ich bin damals zu Polizei gegangen. Dort hat man mir gesagt, ich solle einfach sagen, ich sei wieder Moslem, um der Verfolgung zu entgehen. Wo ist denn da der staatliche Schutz der Religionsfreiheit?“, fragt sie.
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