Empörung über angebliches Bin-Laden-Angebot
EU-Politiker wiesen das Angebot als unannehmbar zurück
Mit Empörung haben die EU und europäische Regierungen ein im Namen von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden ausgesprochenes "Waffenstillstandsangebot" zurückgewiesen. "Die Idee eines Waffenstillstands mit einer Gruppe, die sich durch Gewalt definiert, ist absurd", sagte ein Sprecher des britischen Außenministeriums in London. Das Angebot, das als Tonbandbotschaft von arabischen Fernsehsendern ausgestrahlt wurde, verfolge die "zynische Strategie, Europa und die Vereinigten Staaten auseinander zu dividieren".
Berlin lehnt Verhandlung mit Bin Laden kategorisch ab
Die Bundesregierung lehnt Verhandlungen mit Bin Laden strikt ab. "Mit Terroristen und Schwerverbrechern wie Osama bin Laden kann es keine Verhandlungen geben", sagte ein Regierungssprecher. Auch der italienische Außenminister Franco Frattini wies die Idee von Verhandlungen mit dem gesuchten Führer des Terrornetzwerks Al Kaida kategorisch zurück. "Es ist absolut undenkbar, dass wir uns an einen Tisch setzen könnten, um Verhandlungen mit Bin Laden aufzunehmen", sagte Frattini in Rom.
Der designierte spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos empfahl, die Botschaft zu missachten. Sie solle "weder angehört werden, noch soll ihr Beachtung geschenkt werden", sagte Moratinos in Madrid. Der Sprecher auf dem Band hatte die Attentate von Madrid gerechtfertigt, bei denen am 11. März fast 200 Menschen gestorben waren.
Prodi: Keine Vereinbarung unter terroristischer Bedrohung
EU-Kommissionschef Romano Prodi sagte, die Regierungen in Europa hätten "keine Möglichkeit", auf ein derartiges Angebot einzugehen. "Wie kann man auf diese Aussage reagieren? Es gibt keine Möglichkeit für eine Vereinbarung unter terroristischer Bedrohung. Es ist unmöglich", sagte Prodi.
Chirac lehnt Verhandlungen mit Terroristen ab
Auch der französische Staatspräsident Jacques Chirac schloss Verhandlungen mit Terroristen kategorisch aus. Terrorismus sei barbarisch und treffe Unschuldige, sagte er bei einem Besuch in der algerischen Hauptstadt Algier. Mit Terroristen dürfe nicht diskutiert werden. Erneute lehnte Chirac ab, französische Truppen in den Irak zu entsenden. Einer möglichen französischen Beteiligung an einer UN-Schutztruppe erteilte er ebenfalls eine Absage.
Tonband mit Bedingungen
Anführer des Terrornetzwerks Al-Kaida: Osama Bin Laden (Archivfoto)
Die Sender Al Arabija und Al Dschasira hatten ein Tonband veröffentlicht, auf dem ein Mann erklärte, den "Kriegstreibern" sollten weitere Möglichkeiten zum Kampf entzogen werden. Bedingung sei, dass die Länder ihre Truppen aus Afghanistan und dem Irak abzögen. "Ich verkünde einen Waffenstillstand mit den europäischen Ländern, die keine muslimischen Länder angreifen", sagte die Stimme auf der Tondbandaufnahme. Die Fernsehsender zeigten dazu ein älteres Bild von Bin Laden. Umfragen hätten gezeigt, dass eine Mehrheit der Europäer sich eine Versöhnung mit der islamischen Welt wünsche, hieß es weiter. Die europäischen Regierungen wurden aufgefordert, innerhalb von drei Monaten auf dieses Angebot zu reagieren.
Rache für Ermordung von Hamas-Führer Scheich Jassin
Scheich Jassin (Archivfoto)
Auf dem Band wurde außerdem Vergeltung für die Ermordung des Hamas-Führers Scheich Ahmed Jassin durch die israelischen Armee angekündigt. "Wir verpflichten uns vor Gott zur Rache", hieß es in der Aufnahme. Der Gründer der radikalen Palästinenserbewegung war am 22. März bei einem gezielten Angriff der israelischen Luftwaffe im Gazastreifen getötet worden.
Der Mann auf dem Band kritisierte die amerikanische Nahost-Politik. Die USA ignorierten das wirkliche Problem, die Besetzung Palästinas. Der Krieg im Irak bringe amerikanischen Unternehmen Milliarden Dollar ein, entweder für die Herstellung von Waffen oder für den Wiederaufbau. Die Stimme verwies auf die US-Firma Halliburton, die maßgeblich für den Wiederaufbau Iraks verantwortlich ist.
Bombenanschläge von Madrid waren Vergeltung
Die Anschläge von Madrid am 11. März wurden als Vergeltung für den Einsatz spanischer Truppen im Irak bezeichnet. Die Bombenanschläge auf die Vorortzüge, bei denen im vergangenen Monat 191 Menschen starben, seien die "Heimzahlung" für die Beteiligung von Spanien an Militäreinsätzen im Irak, in Afghanistan und in Palästina, sagte der Sprecher auf dem Band. "Was am 11. September und am 11. März geschah, ist eine Heimzahlung an Euch, damit Ihr wisst, dass Sicherheit eine Notwendigkeit für alle ist", sagte die Stimme auf dem Tonband.
Die Authentizität der Aufnahme war zunächst nicht nachprüfbar. Die USA machen Bin Laden unter anderem für die Flugzeug-Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlich.
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