Die Türkei ist zu klein geworden für diesen Mann. «Der Punkt ist gekommen, ins Ausland zu expandieren», erklärte Aydin Dogan den Lesern seiner Zeitungen unlängst. Der Medienzar will die deutsche TV-Senderfamilie ProSiebenSat1 kaufen. Genauer: Seine Dogan-Media-Holding will die 50,5 Prozent erwerben, welche die Finanzinvestoren um den US-Milliardär Haim Saban abgeben wollen. Insider berichten, die Holding habe im Bieterverfahren das höchste Angebot abgegeben.
Tatsächlich hat Dogan die Medienlandschaft in seiner Heimat abgegrast. Man stelle sich einen Schweizer vor, dem der «Tages-Anzeiger», der «Blick» und die «Mittellandzeitung» gehören, dazu «Tele Züri» und die Schweizer Werbefenster von RTL. Dann gebe man dem Mann die Schweizer Shell-Tankstellen, den Versicherer Bâloise, ein paar Stahlwerke, Autozulieferer, Hotels und Reiseagenturen in die Hand, und man bekommt eine Ahnung von der Macht des 70-jährigen Dogans in der Türkei. Ach ja, Biomilch verkauft er auch.
Hier halten sich mächtige Holdings Pressehäuser und Journalisten, deren Berichterstattung zuallererst nicht der Wahrheit und nicht der Öffentlichkeit, sondern den
Wirtschaftsinteressen des Chefs zu dienen hat.
Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer unterzeichnete 2002 nur unter Protest ein neues Mediengesetz, das darauf zugeschneidert schien, den Einfluss von Dogan noch zu vergrössern.
«Nun können sie die Regierung und ihre wirtschaftlichen Rivalen einschüchtern und die Börse mit Nachrichten manipulieren», klagte Nuri Kayis, damals Vorsitzender der Rundfunk-Aufsichtsbehörde.
Dogans Medien halfen schon einige Politiker stürzen.
Denkwürdig ist der Auftritt des damaligen Innenministers Saadettin Tantan in CNN-Türk (auch ein Dogan-Sender) 2001: Tantan, ein Kämpfer gegen die Korruption, machte Andeutungen, die auch Aydin Dogan nicht ganz koscher erscheinen liessen. Der Kritisierte rief sofort an, liess sich live zuschalten und erklärte, sollte an den Vorwürfen etwas dran sein, werde er, Dogan, sich augenblicklich auf dem Istanbuler Taksim-Platz «erhängen». Dogan brauchte sich nicht zu erhängen: Tantan trat wenig später zurück. Auch beim Sturz des islamistischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan 1997 spielten seine Medien eine Schlüsselrolle.
Einfluss auf deutsche Türken
In Deutschland ist Dogan mit zwei TV-Sendern (Euro D und EuroStar) und den lokalen Ausgaben von «Hürriyet» und «Millyet» in den türkischen Haushalten bereits heute prominent vertreten. Dogans Einfluss auf die Türken und Türkinnen in Deutschland ist gross, und deutsche Politiker sind sich dessen bewusst. 2001 liess Dogan die Chefredaktion der kurz zuvor übernommenen Deutschland-Ausgabe von «Hürriyet» auswechseln, nachdem sich der damalige Innenminister Otto Schily und Bundespräsident Johannes Rau bei ihm über die deutschlandfeindliche Linie des Blattes beklagt hatten. Grund genug für Deutschlands Spitzenpolitiker, Dogan zu hofieren: Gerhard Schröder kam ebenso zum Fototermin wie Angela Merkel. «Auch diese warmen Signale der führenden Politiker Deutschlands», teilte der Konzern nun mit, «haben uns auf den deutschen Markt gelenkt.»