Die Bundesregierung hatte die geplante Privatisierung damit begründet, daß die DFS mehr Freiraum für unternehmerisches Handeln gewinnen müsse. Hintergrund ist die bevorstehende Öffnung des europäischen Luftraumes für den Wettbewerb im kommenden Jahr. Zu den Interessenten an dem staatlichen DFS-Aktienpaket gehören neben deutschen Fluggesellschaften, Luftfahrt- und Reiseunternehmen auch internationale Finanzinvestoren.
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Kritiker haben immer wieder auf drohende Abstriche bei der Luftsicherheit und den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten hingewiesen, sollte der Luftraum zum Spekulationsobjekt werden. So hatten Ermittlungen zum Zusammenstoß einer russischen Tupolew mit einer Boeing über dem Bodensee im Sommer 2002 ergeben, daß die Katastrophe und der Tod von 71 Menschen durch eine technische und personelle Unterausstattung der Schweizer Flugsicherung Skyguide verschuldet worden waren. Das Prüfverfahren des Bundespräsidenten hatte zusätzliche Brisanz durch ein Urteil des Landgerichts Konstanz erfahren. Demnach muß die Bundesrepublik für die Folgen des Unglücks haften, weil keine wirksame Übertragung der als hoheitliche Aufgabe ausgestalteten Flugsicherung an die Schweiz stattgefunden habe. Der Unfall hatte sich über Überlingen, also in deutschem Luftraum ereignet.
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Die DSF versucht, ihren Marktwert seit über einem Jahrzehnt mit einem rigiden Sparkurs hochzutreiben. Der »Umstrukturierung« sollen bis 2010 bis zu 1000 der gegenwärtig noch 5400 Beschäftigten zum Opfer fallen. Bei der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) registrierte man Köhlers Entscheidung deshalb auch mit »höchster Zufriedenheit«. Das einzige wirkliche Interesse der Bundesregierung bestehe in dem kalkulierten Verkaufserlös in Höhe von einer Milliarde Euro, der dazu verwendet werden solle, »die chronisch leeren Kassen« aufzufüllen, hieß es in einem Pressestatement.
Auch der Eigner des Düsseldorfer Ferienfliegers LTU, Hans-Rudolf Wöhrl, begrüßte den Privatisierungsstopp. »Die Flugsicherung nicht zu privatisieren, ist absolut richtig«, sagte Wöhrl der Rheinischen Post (Mittwochausgabe). Ein Verkauf an einen privaten Investor wäre »einer Gebührenerhöhung gleichgekommen, da ein Investor ja auch eine Rendite verlangen darf«. (...)