ei Explosionen in mehreren Zügen in Madrid sind mehr als 170 Menschen getötet worden. Hinter den Anschlägen soll die baskische Separatistenorganisation ETA stecken. Die galt aber eigentlich als geschwächt.
Bei den Bombenanschlägen in Madrid sind laut eines Sprechers der Regionalregierung 173 Menschen getötet und rund 700 verletzt worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa sowie die spanische Zeitung "El Pais". Nach Angaben des spanischen Bahnkonzerns Renfe hat es am Bahnhof Atocha zwei Explosionen gegeben. Eine Bombe sei in einem dort haltenden Zug explodiert, ein zweiter Sprengsatz in einem in den Bahnhof einfahrenden Zug. Zwei weitere Attentate richteten sich gegen Vorortzüge in den Arbeitervierteln Santa Eugenia und El Pozo im Südosten der spanischen Hauptstadt.
Die Sprengsätze detonierten im morgendlichen Berufsverkehr im Abstand weniger Minuten zwischen 7.35 und 7.55 Uhr im Inneren der Züge. Die Züge befanden sich bereits in ihrem Zielbahnhof oder kurz davor. Die Bomben waren in Reisetaschen versteckt. Das Ausmaß der Anschläge war auch deshalb so verheerend, weil es keine Warnung gegeben hatte. Zur Hauptverkehrszeit waren die Züge voll besetzt.
Vor den Bahnhöfen spielten sich dramatische Szenen ab. Verletzte rannten blutüberströmt durch die Gegend, Leichen wurden notdürftig mit Zeitungen zugedeckt. Zahlreiche Reisende wurden in den Waggons eingeklemmt. Viele Opfer wurden mit Taxis und Bussen in die Krankenhäuser gebracht. Laut einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP riegelte die Polizei das gesamte Viertel ab, was ein Verkehrschaos auslöste. Krankenwagen fuhren zum Bahnhof der spanischen Hauptstadt.
ETA oder Islamistische Terroristen?
Bislang hat sich niemand zu dem Attentat bekannt. Die spanische Polizei hat die Explosionen in den spanischen Pendlerzügen als Anschlag bezeichnet, der offenbar auf das Konto der baskischen Separatistengruppe ETA gehe. Die "kriminelle Mörderbande ETA" habe einen "kollektiven Mordanschlag" auf die spanische Demokratie verübt, sagte Regierungssprecher Eduardo Zaplana am Donnerstag. Die Ausführung des Anschlags entspricht eigentlich nicht der Handschrift der Organisation. So gab es keine telefonische Vorwarnung, außerdem galt die ETA nach mehreren Verhaftungen zuletzt als geschwächt. Der Chef der verbotenen ETA-nahen Baskenpartei Batasuna (Einheit), Arnaldo Otegi, wies dies zurück. Vielmehr stünden vermutlich islamistische Terroristen hinter den Attentaten. Er sprach von einer "Operation des arabischen Widerstands".
Spanien wählt am Sonntag (14.3.2004) ein neues Parlament. Wegen der Anschläge sagten die politischen Parteien alle Wahlkampfveranstaltungen ab. Der konservative Spitzenkandidat Mariano Rajoy und wahrscheinliche Nachfolger von Präsident José María Aznar hat den Wahlkampf der Volkspartei (PP) für beendet erklärt. Die Kampagne für die Parlamentswahl am Sonntag sei vorbei, sagte Rajoy von der regierenden Volkspartei PP am Donnerstag im Radiosender Onda Cero. Die regierenden Konservativen hatten zuletzt einen zunehmend kompromisslosen Kurs gegenüber der gewalttätigen ETA eingeschlagen und Autonomiebestrebungen im Namen der nationalen Einheit des Landes eine klare Absage erteilt.
Entsetzen in ganz Europa
Politiker in ganz Europa verurteilten das verheerende Blutbad scharf. Der EU-Ratspräsident, der irische Regierungschef Bertie Ahern, sprach von einem "Anschlag auf die Demokratie". Der Bundestag reagierte mit "Entsetzen und Abscheu" auf die Bombenanschläge. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) drückte im Namen der Abgeordneten Betroffenheit und Mitgefühl mit dem spanischen Volk und dem Parlament aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sprach den Opfern und allen Bürgern Spaniens in einem Kondolenzschreiben an seine spanische Amtskollegin Ana Palacio "unsere aufrichtige Anteilnahme, unser Mitgefühl und unsere Solidarität" aus. "Diese verabscheuungswürdigen Terrorakte, die so viele Opfer gefordert haben, erfüllen uns mit tiefer Trauer und Empörung", schrieb Fischer.
Bei Terroranschlägen der ETA kamen in den vergangenen 30 Jahren über 800 Männer, Frauen und Kinder ums Leben. Das bislang blutigsteAttentat der baskischen Untergrundorganisation war ein Anschlag auf ein Kaufhaus in Barcelona im Juni 1987 mit 21 Toten und 45 Verletzten.(stl)
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