Wahre Worte und das aus dem Mund einer Muslimin.In der noblen Kulisse der Orangerie von Schloss Charlottenburg reden auf Einladung des Bundesinnenministers fünf Vertreter islamischer Verbände und fünf Einzelpersonen mit Vertretern aus Bund und Ländern Tacheles. Zum ersten Mal sitzen mit der Islamkritikerin Necla Kelek und dem Vorsitzenden des Islamrats, Ali Kizilkaya, zwei erbitterte Kontrahenten an einem Tisch.
Welt: Welche Rolle spielt für Sie der deutsche Staat in dem Konflikt zwischen den Muslimen in Deutschland, und welche müsste er spielen?
Kelek: [...] Es geht darum, die in Deutschland lebenden Muslime auf Grundrechte und demokratischen Spielregeln zu verpflichten, und dann über ihre Vertretung zu sprechen. Die Islamkonferenz ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, mit den Muslimen gemeinsam zu beraten, wie Demokratie und Islam zusammenkommen können. Bisher hat der Staat den islamischen Organisationen überlassen, wie sie den Islam leben. Dabei wurden zu viele Dinge toleriert, die der Integration schaden, zum Beispiel Koranschulen und Internate, von denen niemand weiß, was dort gelehrt wird. Dabei hat sich eine Subkultur entwickelt, die außerhalb demokratischer Kontrolle liegt. Das war ein Fehler.
Welt: Wer ist eigentlich ein Muslim. Sind Sie einer?
Kelek: Es gibt im Islam kein Recht auf eine persönliche Entscheidung, es gibt in unserem Sinne keine Religionsfreiheit. Die Menschen sind von Geburt an - wenn sie einen muslimischen Vater haben - Muslim. Deshalb bin ich Muslimin, obwohl mich niemand gefragt hat. Eine Glaubensgemeinschaft kann aber nach unserer Rechtsauffassung nicht Unbeteiligte per Definition zu Mitgliedern erklären. Und daraus dann den Anspruch ableiten, diese Menschen zu vertreten und für sie zu sprechen. Das widerspricht dem Artikel 4 Grundgesetz, der die freie Religionsausübung schützt, aber auch einen Schutz vor religiöser Bevormundung garantiert. [...]
Welt: In welcher Organisation könnten nicht-gläubige Muslime Platz finden? Oder brauchen sie keine?
Kelek: Die säkularen, aufgeklärten Muslime haben keinen öffentlichen Ort, wo sie ihren spirituellen Bedürfnissen nachgehen können. Die Moscheen sind Männervereine, in denen sie ihre Legitimation für die Herrschaft über die Frauen abholen.
Welt: Was wäre ein glücklicher Ausgang des Gipfels?
Kelek: [...] Ich fände ich es wichtig , wenn sich die Islamkonferenz für ein generelles Kopftuchverbot an Grundschulen einsetzen würde. Für das Kopftuch bei Kindern gibt es keine religiöse Begründung, trotzdem versuchen fundamentalistische Eltern das mithilfe von Islamvereinen durchzusetzen. Ich bin gespannt, ob dies von den Verbänden verteidigt wird. Jedes Kind hat ein Recht auf Kindheit und Bildung. Es muss Schwimmen lernen dürfen, an Klassenreisen teilnehmen und sich frei bewegen können. [...]
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