*Die äquivalente Ökonomie
Arno Peters ist einer derjenigen, der am meisten zu unserem Wissen über die Rückkehr zur äquivalenten, auf der Gebrauchswertlogik basierenden Ökonomie des 21. Jahrhunderts beigetragen hat. Einige seiner zentralen Gedanken über diesen Übergang sind folgende: "Die kapitalistischen wie die kommunistischen Länder können (...) die ihnen aufgegebene Rückkehr zur äquivalenten Ökonomie auf höherer Ebene historisch nur verwirklichen durch Verbindung der Arbeitswertlehre mit dem Äquivalenz-Prinzip. Dann entspricht der Lohn der auf-gewendeten Arbeitszeit...
In einer Reihe von Interviews erklärte Peters zusätzliche Aspekte des neuen Wirtschaftsystem:
(Anmerk: 'Fragesteller' mit "F" abgekürzt Peters mit "A" für 'Antwort')
F: Das gegenwärtige Brutto-Welt Produkt hat einen Wert von etwa 30 Billionen US-Dollar; geteilt durch die Weltbevölkerung von circa sechs Milliarden Menschen läge das statistische Pro-Kop-Einkommen bei etwa 500 Dollar. Würde Ihr Entlohnungsvorschlag zu einer ähnlichen Verteilung führen?
A: Nein. Das Brutto-Sozialprodukt ist die Summe der Preise alles erzeugten Güter und erbrachten Diensleitsungen. Die äquivalente Ökonomie geht nicht von den Preisen der Güter und Dienstleistungen aus, sondern von ihren Werten. Der Gesamtwert aller Produkte und Dienstleistungen fällt in der äquivalenten Ökonomie auch nicht allen Erdbewohnern zu gleichen Teilen zu. Vielmehr erhält jeder einen so großen Anteil am Gesamtwert, wie er selbst eingebracht hat.
F: Wenn die materielle Einkommensstimuli wegfallen, würde das nicht unabdingbar zu einem Produktivitätsrückgang führen?
A: Nein. Auch die äquivalente Ökonomie gibt von der Einkommenseite her echten Tätigkeits-Anreiz, denn jeder erhöht sein Anrecht auf Güter und Dienstleistungen durch seine eigene Tätigkeit (Produktion/Dienstleistung). Und da er es nur auf diese Weise erhöhen kann, ist der materielle Arbeitsanreiz größer als in der nicht-äquivalenten Ökonomie (Marktwirtschaft), in der das Anrecht auf Güter und Dienstleistungen nicht an eigene Tätigkeit (Gütererzeugung oder Dienstleistung) gebunden ist.
F: Die maximale Quanität vo Gütern und Dienstleistungen, die durch 40 Stunden Arbeit gewährleistet ist, kann nicht überschritten werden?
A: Das individuelle Anrecht auf Güter und Dienstleistungen entspricht der erbrachten Arbeitszeit und kann deshalb zwischen einer Minute und 24 Stunden an einem Tag schwanken. Die Sicherung des Existenzminimums ist eine davon abhängige Frage, die im Rahmen des jeweils weltweit verfügbaren Güter- und Dienstleistungsmenge zu beantworten ist.
F: Welche sozialen Schichten und Institutionen in der BRD würden das Äquivalentprinzip, das wohl notwendig eine Verschlechterung ihrer Einkommenssituation mit sich bringen würde, akzeptieren?
A: In den reichen Ländern würde die plötzliche Einführung des Äquivalenzprinzips voraussichtlich zu einer vorübergehenden Verschlechterung des heutigen materiellen Lebensstandards führen. Aber eine wachsende Anzahl von Menschen ist auch in unseren Ländern davon überzeugt, dass wir über unsere Verhältnisse leben. Mit der Verbreitung dieses Bewusstseins ist bei vielen Menschen die Bereitschaft verbunden, einer allmählichen Annäherung der Lebenssstandards weltweit zuzustimmen. Erhährt wird diese Bereitschaft durch die wachsende Gewissheit, dass die einzige Alternative zu dieser freiwilligen Annäherung in der gewaltsamen Einführung des Äquivalenzprinzips durch die Not leidenden drei Viertel der Menschheit besteht. Die allmähliche Überleitung zum Äquivalenzprinzip birgt durch die mit ihr verbundene weltweite schnelle Möglichkeit einer Kompensation oder Überkompensation dieser Verschlechterung des allgemeinen Lebensstandards in den reichen Ländern.
F: Ist für die Verwirklichung Ihres Voorschlages der "neue Mensch" notwendig, etwa im Sinne Che Guevaras?
A: Das Äquivalenzprinzip setzt keinen neuen Menschen voraus. Das Aufhören von Selbstsucht, Habsucht und Ausbeutung, wie es mit dem Äquivalenzprinzip verbunden ist, führt aber zu so tiefgreifenden Veränderungen des Denkens und Verhaltens, dass man nach seiner allgemeinen Einführung von einem neuen Menschen wird sprechen können.
F: Wären Ihrem Vorschlag die Warenbeziehungen aufgehoben? Oder wäre das Produkt nach wir vor Ware?
A: Waren sind Güter, die zum Verkauf bestimmt sind, also mit der Entstehung des Handels in der Welt kamen und mit dessen Ende (gleich der Marktwirtschaft) verschwinden. Dann (in der äquivalenten Wirtschaft) werden Güter nur noch zur Bedarfsdeckung produziert, und sie werden etweder vom Produzenten konsumiert oder wertgleich getauscht (gleich Grundlage der Verteilung in der äquivalenten Ökonomie).
F: Warum wird Bildung den nicht-werteschaffenden Tätigkeiten zugeordnet?
A: Bildung ist zunächst die harmonische Entwicklung aller Kräfte des Geistes und des Gemüts im Sinne einer Annäherung an das Ideal der Menschlichkeit. Zu der ihr zuzuordnenden Ausbildung besonderer geistiger und körperlicher Anlagen gehören die Tätigkeiten des Lernens und des Lehrens. Das Lernen ist in der arbeitsteiligen Welt Voraussetzung Werte schaffender Tätigkeiten zugeordnet werden. Das Lehren ist auf allen Ebenen selbst Werte schaffende Arbeit, die zu den neben der Produktion stehenden Dienstleistungen gehört.
F: Was ist Werte schaffende Tätigkeit?
A: Werte schaffend ist jede Tätigkeit, die eigene oder fremde Lebensbedürfnisse erfüllt, sie schließt also neben der Gütererzeugung die heute als Dienstleistungen bezeichneten Tätigkeiten ein.
F: Es hat den Anschein, dass für die Verwirklichung des Äquivalenzprinzips die Eigentumsform der Produktionsmittel keine große Bedeutung hat. Ist das richtig?
A: Das trifft zu. In dem Maße, wie die äquivalente Ökonomie die Marktwirtschaft überwindet, verliert mit dem Fortfall des Profits das Privateigentum an Produktionsmitteln seine Grundlage, es hebt sich selbst auf.
F: Wenn der Wert des Produktes in Arbeitszeitqualitäten ausgedrückt werden kann, was hat es für einen Vorteil, hn monetär auszudrücken?
A: Wie der Wert der Güter und Leistungen in der äquivalenten Ökonomie ausgedrückt wird, ist grrundsätzlich gleichgültig, kann also von den jeweiligen praktischen Gegebenheiten bestimmt werden. Entscheidend ist, dass ich im Wert aller Güter und Leistungen allein die Summe erbrachter Arbeit ausdrückt.
F: Welche Rolle spielt der Markt?
A: In der äquivalenten Ökonomie gibt es keinen Markt mehr:
a) weil der Preis sich nicht aus Angebot und Nachfrage ergibt, sondern dem Wert der erzeugten Güter wie des Lohnes entspricht;
b) weil Lagerung, Transport und Verteilung der erzeugten Güter zur Dienstleistung wird, deren Wert - wie der Wert aller anderen Leistungen - der angewandetn Arbeitszeit entspricht und damit in den Wert der verteilten Güter eingeht.
F: Ist Ihr Forschlag die Fortsetzung des Marx/Engels-Projektes?
A: Gedanken von Marx und Engels sind in die äquivalente Ökonomie mit eingegangen wie Gedanken anderer Philosophen, Historiker, Ökonomen und Soziologen der letzten fünf Jahrtausende.
------------------------------------------------------------------------------
Die demokratisch geplante Äquivalenzökonomie repräsentiert eine dritte, qualitativ neue Strategie, in der soziale und ökonomische Gerechtigkeit nicht mehr primär über die Intervention des Staates geschaffen wird, sondern durch die Institutionalität des Wirtschaftsystem selbst. Es handelt sich um eine dem Wirtschaftsystem immanente gesellschaftliche Lösung des Problems, nicht um eine extern staatliche...
__________________
*(aus: "Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts" von Heinz Deterich)
Peter, Arno: Das Äquivalenz-Prinzip als Grundlage der Global-Ökonomie.
Kostenloser Download, hier: [Links nur für registrierte Nutzer]