Frage 1: Stimmt die Darstellung wegen Copyright? Und wenn ja: Wie lange gilt das Copyright?
Antwort: Zur Rechtslage bei "Mein Kampf" kann folgendes gesagt werden:
Der Freistaat Bayern wurde nach dem 2. Weltkrieg im Rahmen von Maßnahmen der alliierten Entnazifizierung Inhaber der Urheber- und Verlagsrechte an Hitlers Buch "Mein Kampf". Im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt war der Freistaat Bayern seither stets bemüht, Nachdrucke von "Mein Kampf" und die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts im In- und Ausland zu verhindern.
Gegen unveränderte Nachdrucke von "Mein Kampf" geht der Freistaat Bayern mit allen rechtlichen Mitteln vor. Dabei ist das Ziel des urheberrechtlichen und (soweit im Ausland entsprechende Straftatbestände bestehen) strafrechtlichen Einschreitens stets die Unterlassung der Publikation von "Mein Kampf" sowie die Vernichtung bereits auf den Markt geworfener Raubkopien.
Die Schutzdauer des Urheberrechts beträgt in Deutschland und den Staaten der Europäischen Union 70 Jahre nach dem Tod des Autors; im Fall von "Mein Kampf" läuft die urheberrecht-liche Schutzfrist also am 31.12.2015 aus. In einigen Signatarstaaten der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ), dem wichtigsten multilateralen Staatsvertrag auf dem Gebiet des Urhe-berrechts, gilt hingegen nur die Mindestschutzdauer des Art. 7 Abs. 1 RBÜ von 50 Jahren post mortem auctoris.
Frage 2: Wenn ja: Erstreckt sich das Nutzungsrecht auch auf den Verkauf der Ausgaben aus der Zeit vor 1945? Ist also z.B. der antiquarische Verkauf alter Ausgaben strafbar? Ist gar der Besitz von "Mein Kampf" strafbar?
Antwort: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1979 (Urt. v. 25. Juli 1979 – 3 StR 182/79 (S); BGHSt 29, 73 ff.) erfüllt das öffentliche Anbieten einzelner alter Stücke von Hitlers "Mein Kampf" nicht den Tatbestand des § 86 I Nr. 4, II StGB, da es sich bei dem Buch "um eine vorkonstitutionelle Schrift handelt, aus deren unverändertem Inhalt sich eine Zielrichtung gegen die in der Bundesrepublik Deutschland erst später verwirklichte freiheitliche demokratische Grundordnung noch nicht ergeben konnte."(BGHSt 29, 73, 75). Hingegen ist der Straftatbestand des § 86 StGB erfüllt, wenn eine Altausgabe oder ein unveränderter Neudruck durch ein Vorwort, durch andere Ergänzungen oder Zusätze in der Weise aktualisiert wird, daß nunmehr aus ihrem Inhalt selbst die Zielrichtung gegen die Verfassung der Bundesrepublik hervorgeht. Das kann auch etwa durch eine entsprechende Umschlaghülle oder Zusammenstellung alter Texte geschehen (BGHSt 29, 73, 78 m.w.N.).
In derselben BGH-Entscheidung wird ausgeführt, daß der antiquarische Handel mit einem einzelnen in der NS-Zeit gedruckten Buch auch dann, wenn auf einem solchen Buch das Hakenkreuz als dessen ursprünglicher Bestandteil vorhanden ist und daher mit diesem zusammen im Rahmen einer üblichen Verkaufspräsentation gezeigt wird, nicht gegen § 86a StGB verstößt (BGHSt 29, 73, 84). Vieles wird jedoch in diesem Bereich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der "Art der Verkaufspräsentation", abhängen.
Der bloße Besitz von "Mein Kampf" ist grundsätzlich nicht strafbar.
Frage 3: Ich kenne den Text nur in Auszügen aus verschiedenen wissenschaftlichen Analysen, glaube aber, daß "Mein Kampf" auch ohne bayerisches Copyright wegen Volksverhetzung oder ähnliches verboten werden würde – stimmt das?
Antwort: Ein inhaltlich unveränderter Neudruck von "Mein Kampf" kann – abgesehen von einer Urheberrechtsverletzung – insbesondere einen Verstoß gegen die Straftatbestände der §§ 86 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und 130 (Volksverhetzung) StGB darstellen.