Drachten in der Provinz Friesland ist die Stadt ohne Verkehrsschilder. In dem Ort herrscht Tempolimit 30 Kilometer pro Stunde, an Kreuzungen gilt rechts vor links - aber meistens einigen sich Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger mit Blickkontakt, wer zuerst gehen oder fahren darf. Dieser Blickkontakt macht wachsam, signalisiert "Risiko" und bewirkt, dass die Menschen aufeinander acht geben und gut aufpassen: Autofahrer sind nicht nur Verkehrsteilnehmer, sondern auch Menschen.
Diese einfache Wahrheit verhindert Unfälle, sagt Heinz Moderman, Verkehrsingenieur und Unfallforscher in Drachten. Die Niederländer entfernen überflüssige Schilder - mancherorts sogar alle und die Ampeln. Das Projekt "Shared Space" hat erreicht, dass es kaum noch Unfälle gibt. Zudem spart es noch viel Geld, denn jedes Schild kostet 350 Euro und der Betrieb einer Ampelanlage jährlich 15.000 Euro.
Das Experiment aus den Niederlanden ist so erfolgreich, dass aus ganz Europa Anfragen kommen. In Bohmte in Norddeutschland laufen jetzt die ersten Planungen für einen Ort ohne Schilder. "Shared Space" wird von der EU gefördert. In Deutschland gibt es mehr als 20 Millionen Verkehrsschilder; im Durchschnitt stehen alle 28 Meter eines. Laut ADAC ist jedes dritte Schild überflüssig und sorgt für Verwirrung bei etwa drei Viertel aller Autofahrer.