Sozialstaat
Alte Deutsche auf der Selektionsrampe
Neoliberalisten und linke Deutschenhasser erklären der Aufbaugeneration den Krieg
Berlin (DS). »Ich halte nichts davon, wenn 85-jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen. Früher sind die Leute auch auf Krücken gelaufen.« So äußerte sich unlängst ein junger Neoliberaler namens Philipp Mißfelder gegenüber dem Berliner »Tagesspiegel«, der seither als »Brabbel-Philipp« verspottet wird. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber meinte dazu: »Das ist unter aller Sau. Nichts gegen 23-jährige – aber der soll erst mal was in seinen Kopf kriegen.« Mit anderen Worten, Stoiber hält »Brabbel-Philipp« für einen Hohlkopf. Gebhard Glück, Chef der CSU-Senioren, schämt sich für seinen Parteifreund Mißfelder und meint, der 23-jährige Bundesvorsitzende der Jungen Union (JU) gehöre von seiner Grundeinstellung eigentlich gar nicht mehr zur Union.
In Schutz genommen wurde der Heißsporn Mißfelder ausgerechnet von dem betont christlichen Ex-CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, der zur Zeit in anderer Sache in aller Munde ist. Einige Neoliberale, wie etwa Kurt Biedenkopf oder Katharina Reiche (beide CDU) hielten Mißfelders Meinungsmüll gar für mutig! Mutig? Seit wann ist es mutig, auf über 85-jährige Alte und Kranke rhetorisch einzuprügeln?
Mutig wäre der christliche »Milchbubi« (»Bild«) gewesen, wenn er gefordert hätte, daß Hütchenspielern wie Norbert Blüm (CDU) wegen erwiesener Rentenlügen (»Die Rente ist sicher«) die Rente entzogen wird. Oder wenn er dafür gesorgt hätte, daß die skandalöse Ausplünderung der Sozialkassen durch Mitversorgung von Ausländerangehörigen in deren Heimat endlich gestoppt wird. Aber um sich mit der mächtigen Ausländer-Lobby in Politik, Wirtschaft und Medien anzulegen, fehlte ihm der Mut.
Mittlerweile hat Philipp Mißfelder Zuspruch von antideutscher Seite erhalten. Der linksextreme Schreiberling Hans-Ulrich Jörges vom Magazin »stern« unterstützt den jungen Neoliberalen bei seinem Feldzug gegen deutsche Rentner. Motiv: Haß auf die deutsche Kriegs- und Aufbaugeneration.
In seinem »wöchentlichen Zwischenruf aus Berlin« behauptet Jörges im »stern« (34/2003) allen Ernstes, Deutschland mit seinen Schuldenexzessen und »bis zum Kollaps ausgebeuteten Sozialsystemen« werde nur von einer Gruppe beherrscht. Wer nun den Atem anhält und eine Antwort nach dem Muster Hohmanns erwartet, wird enttäuscht. Nein, Jörges Antwort heißt, man faßt es kaum: Deutschland wird nur beherrscht von »den Alten und ihren von vielfältigen Tabus geschützten Interessen«. Aha. Das wird die zahlreichen am Existenzminimum darbenden Kriegerwitwen, Trümmerfrauen und Rentner auf Sozialhilfesatz aber freuen. Sie haben sich also selbst um den unbesorgten Lebensabend betrogen? Solch abenteuerliche Weltsicht kannte man früher nur von den »Besserverdienern« der FDP, während der ultralinke »stern« es immer eher mit den sozial Schwachen hielt. Aber die Zeiten ändern sich halt.
Wenn die Jungen sich »endlich zur Rebellion« entschlössen, wäre dies nach Jörges Ansicht »der Krieg der Alten«. Angeblich würden diese militanten Alten ja schon aufrüsten. Und zwar, »mit dem Vokabular des Hasses, der Ausgrenzung, der Vernichtung«. Bisher kannte man solches Horrorszenario linker Gazetten nur für virtuell knüppelschwingende Glatzköpfe. Nun scheint die Hetze auch krückstockschwingende Rentner erreicht zu haben, deren Glatzen doch wohl meistens eher unfreiwilliger Natur sind. Glatze ist Glatze, scheint der rasende Jörges in seinem Wahn zu denken, und lobt Mißfelder für dessen Mut, »das Schweigegebot der herrschsüchtigen Alten zu brechen«.
Der arme Mißfelder bekäme das »Wörterbuch der Unterwerfung und Verächtlichmachung« um den Kopf geschlagen. Denn nicht nur habe ihn »Bild« »Milchbubi« genannt, sondern andere »Boulevard-Scharfrichter, die Gesichter im Staub vor den rasenden Alten« gar »Krücken-Mißfelder«. Auch diese Gazetten vermutet Verschwörungstheoretiker Jörges also alle fest in der Hand der Rentner, dieser angebräunten deutschen Aufbaugeneration. Und dann kommt der geistige Amokläufer Jörges auf den Anlaß seines Hasses zu sprechen: »Aber wer, ihr Hitlerjungen und Rußlandfahrer, hat es (Deutschland; Anm.) vorher in Schutt und Asche gelegt?« Jörges will damit andeuten, daß die Alten keinen Dank verdienten. Denn sie haben unter Adolf nicht nur gelebt, sondern auch noch überlebt.
Zum Skandal-Satz Mißfelders mit den Hüftgelenken meint Jörges: »Wenn alle so über einen herfallen, kann der nur Recht haben.« Interessante Begründung. Dann ist Jörges sicher auch auf der Seite der NPD, über die ja auch immer alle herfallen? Jedenfalls versteht Jörges nicht, warum die Rentner nicht selbst private Versicherungen für solch »exorbitant teure Operationen« abschließen?
Jörges kramt eine Umfrage des Düsseldorfer SPD-Familienministeriums hervor, die schon in NRW abwechselnd für schallendes Gelächter und Kopfschütteln gesorgt hatte. Diese habe »bei mehr als 5.000 Haushalten aufgedeckt«, daß über 80 Prozent der 55- bis 80-jährigen in finanziell »guten bis sehr guten« Verhältnissen lebten. Sie würden durchschnittlich über ein Nettoeinkommen von 2.550 Euro verfügen und hätten 1.500 Euro im Monat zur freien Verfügung. 87 Prozent der Seniorenhaushalte würden zudem Bar-, 62 Prozent Immobilienvermögen besitzen. Die über 60-jährigen säßen demnach auf einem Netto-Vermögen von zwei Billionen Euro.
Wäre Hans-Ulrich Jörges ein seriöser Journalist, würde er fragen, wie diese abstruse »Umfrage« zustande gekommen sein könnte. Wer waren wohl diese 5.000 befragten Haushalte? Es kann sich dabei nur so zugetragen haben, daß die roten Polit-Bonzen des Familienministeriums ihre eigenen Kreise befragt haben. Sie haben die eigene Diäten-Rente ausgerechnet, sowie die ihrer Parteispender und befreundeten Hofberichterstatter in den Systemmedien. Normale Malocher, hart schuftende Putzfrauen, kinderreiche Familien oder kleinere Angestellte kommen doch im Umfeld dieser abgehobenen Politiker-Klasse gar nicht mehr vor. Und die mit einer Umfrage beauftragten auftragsabhängigen »Experten« liefern immer genau das gewünschte Ergebnis. Wer erinnerte sich nicht daran, wie einst Renate Köcher vom ach so renommierten Allensbach-Institut selbst zugab, Wahlumfragen gefälscht zu haben, um die bösen Rechten kleinzuhalten?
Aber zurück zu Jörges und Mißfelder. Jörges bastelt sich sein neues neoliberales Weltbild so zurecht, wie es ihm paßt. Und was nicht paßt, wird passend gemacht – mit allen Mitteln. Jörges: »Ein Generationenaufstand dagegen ist so überfällig wie gerecht.« Wurde ein gewisser Manfred Roeder nicht für eine nur unwesentlich andere Aussage zu einer Gefängnisstrafe verurteilt? Aber es scheint nun einmal darauf anzukommen, wer was sagt, in diesem unserem Lande. Jörges fordert, daß junge Abgeordnete aller Fraktionen die Traute hätten, »steigende Renten geschlossen zu blockieren – betongraue Mehrheiten kämen ins Tanzen«. Jörges schließt seine Volksverhetzung so: »Die Alten haben zu lernen – und zu wählen: Verzicht oder Krieg. Danke, Philipp Mißfelder!«
Kaum verwunderlich, daß Mißfelder auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember 2003 die neoliberalen »Reformen« von Angela Merkel ausdrücklich lobte. Hoffentlich haben die Alten gut zugehört. Und hoffentlich lernen sie, daß sie nationale Solidarität von diesen neoliberalen Kartellparteien ebensowenig zu erwarten haben, wie von deren willigen Auftragsschreibern in den Systemmedien.
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Zitat von Freddy Krüger
