Gesetzentwürfe
Kopftuchverbot beschlossen
13. Januar 2004 Der baden-württembergische Ministerrat hat am Dienstag einstimmig dem Gesetzentwurf zum Kopftuchverbot zugestimmt. Künftig sollen Lehrkräften an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg äußere Bekundungen untersagt werden, welche die Neutralität des Landes oder den Schulfrieden gefährden oder stören, vor allem aber grundlegende Verfassungsrechte mißachten könnten.
Der Entwurf, der eine Änderung des Schulgesetzes anstrebt, wurde bereits dem Landtag zugeleitet. Die erste Lesung ist Anfang Februar vorgesehen. Im März soll es eine Anhörung externer Fachleute geben, bevor der Schulausschuß über den Gesetzentwurf formal diskutiert. Das Kultusministerium hatte schon unmittelbar nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Anhörung von Fachleuten vorgeschlagen. Die zweite Lesung soll am 31. März stattfinden, bevor das Gesetz beschlossen werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht, wo mehrere Verfahren zu Kopftuchregelungen anhängig sind, hatte darum gebeten, im April über eine entsprechende Gesetzesgrundlage zu verfügen.
Verbot auch in Niedersachsen
Auch die niedersächsische Landesregierung aus CDU und FDP verabschiedete einen Gesetzentwurf über ein Kopftuchverbot an Schulen. Zuvor hatte die FDP, die vor Weihnachten das Projekt noch aufhalten wollte, eingelenkt. Dem Gesetzentwurf, der sich am Vorbild Baden-Württembergs orientiert, stimmten die Fraktionen von CDU und FDP zu. Das Gesetz soll noch im Januar vom Landtag beraten werden. Nach den neuen Bestimmungen dürfen Lehrkräfte in der Schule "keine politischen, religiösen weltanschaulichen oder ähnlichen Bekundungen abgeben", die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern zu gefährden oder den Schulfrieden zu stören.
Die Bekundung zu christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerten oder Traditionen entspreche dagegen dem Bildungsauftrag der Schule, heißt es in dem Gesetz. Damit werde Lehrkräften untersagt, durch Bekleidung oder durch das Zeigen von Symbolen politische oder religiöse Anschauungen zu bekunden, sagte Bildungsminister Busemann (CDU). Ausnahmen gelten nur für den Religionsunterricht, wo religiöse Bekundungen gestattet sind, und bei Lehrkräften im Vorbereitungsdienst.
Auch wenn Busemann versicherte, damit sei nicht ein genereller Maulkorb für Lehrkräfte beabsichtigt, blieb unklar, wie dies angesichts des vagen Umfangs der Bestimmung ("Bekundung") sichergestellt werden könnte. Unklar blieb Busemann auch bei der Frage, wie ein Lehrer die geforderte "Gewähr für die Einhaltung der Bestimmung für die gesamte Dienstzeit bieten" könnte, ohne die er nicht eingestellt werden dürfe.
Grüne sind uneins
Die Grünen haben in der Debatte um ein Kopftuchverbot bisher nicht zu einer einheitlichen Haltung gefunden. Sie lehnen gemeinsam allenfalls eine "Ungleichbehandlung religiöser Symbole in der Schule" ab, wie sie etwa im Entwurf eines baden-württembergischen Gesetzes für ein Kopftuchverbot vorgesehen sei. Überdies gibt es in der Partei mehrere Positionen dazu, ob ein Kopftuchverbot im Rahmen eines allgemeinen Verbotes auf "ausdrucksstarke religiöse Symbole im Staatsdienst" zulässig sein solle oder nicht.
Die Bundestagsfraktion debattierte am Dienstag über ein Positionspapier der Abgeordneten Christa Nickels und Claudia Roth, daß Gemeinsamkeiten und Dissenspunkte in der Haltung der Grünen zusammenfasst. Beide halten fest, es gehe den Grünen nicht um ein Verbot des Kopftuchtragens für Schülerinnen. Diese sollten weiter frei entscheiden können, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht. Die Grünen votierten auch nicht für ein Verbot religiöser Symbole in der gesamten Arbeitswelt.Im Kern führen die Autorinnen jedoch zwei gegensätzliche Standpunkte aus, die beide bei den Grünen verfochten werden.
Die Befürworter eines Kopftuchverbotes, zu denen etwa die kirchenpolitische Sprecherin Nickels gezählt wird, argumentieren, die Religionsfreiheit der Lehrerinnen müsse abgewogen werden gegen die Religionsfreiheit der Schüler und das Erziehungsrecht ihrer Eltern. Es sei daher Lehrerinnen zuzumuten, während des Unterrichts auf das Kopftuch zu verzichten, unabhängig davon, aus welchem Grund sie es trügen. Das Kopftuch stehe unter anderem auch für eine Auslegung des Islam, nach der Frauen sich Männern unterzuordnen hätten, es strahle demnach eine objektive Botschaft aus, die mit den Grundsätzen der deutschen Verfassung nicht vereinbar sei, unabhängig davon, ob die Kopftuchträgerin diese Intention teile.
Die Gegner eines Kopftuchverbots, die von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Beck, repräsentiert werden, argumentieren stattdessen, es komme auf die Einstellung der Kopftuchträgerin an. Jenen, die tatsächlich den Fundamentalismus symbolisieren wollten, könne "mit Hilfe individueller Eignungsprüfung und dem Disziplinarrecht Einhalt geboten werden".
Text: oll./Th/Lt..; Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.01.2004
Bildmaterial: dpa/dpaweb
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