Vorgetäuschte Gewalt
Bei vorgetäuschten Straftaten geht es um angebliche Überfälle durch Neonazis und Skinheads, die bei der Polizei von angeblichen Opfern angezeigt werden, in Wirklichkeit aber nie stattgefunden haben. Der bekannteste Fall ist Sebnitz.
Die taz Nr. 6412 vom 2. April 2001 (Seite 18) berichtet über drei vorgetäuschte Überfälle, die allein in Brandenburg in diesem Jahr aktenkundig geworden sind. Beim jüngsten Vorfall tischte ein 30-jähriger Potsdamer innerhalb von zwei Wochen der Brandenburger und Berliner Polizei unterschiedliche Geschichten von rechten Übergriffen auf. Am 7. März gab er in Potsdam zu Protokoll, er sei kurz zuvor in der S-Bahn einem bedrohten Afrikaner zu Hilfe geeilt und daraufhin von vier Skinheads mit einem Messer verletzt worden. Nachdem er am 22. März aus dem Krankenhaus entlassen worden war, alarmierte er die Berliner Polizei wegen eines neuerlichen Übergriffs: Zwei Personen aus der rechten Szene seien in seine Berliner Zweitwohnung eingedrungen, hätten ihn mit einem Messer verletzt und die Räume verwüstet. Für den Berliner Staatsschutz, der dieses Mal ermittelte, war nach der Besichtung des Tatorts jedoch relativ schnell klar: Die Geschichte kann so nicht stimmen. Die Schnitte waren oberflächlich und "Eine verwüstete Wohnung sieht anders aus".
Der Potsdamer legte schließlich ein Geständnis ab. Er gab zu, die Straftaten vorgetäuscht zu haben, um Aufmerksamkeit zu erregen. Seine Begründung: Seine Freundin habe ihn verlassen. Außerdem habe er finanzielle Probleme. Nach dem angeblichen Skinhead-Übergriff in der S-Bahn war der Mann für kurze Zeit ein Held. Eine Boulevardzeitung feierte ihn sogar mit Foto als Vorbild für Zivilcourage. Das Büro von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der Ausländerbeauftragten von Brandenburg, Almuth Berger, interessierten sich ebenfalls für ihn.
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zum Vorwand für eine angebliche Straftat scheint in Mode zu kommen. Da ist der Fall einer 29-jährigen aus Guatemala stammenden Deutschen. Die Frau hatte im August 2000 angezeigt, daß sie auf dem Heimweg nach einem Kneipenbesuch im Ostberliner Bezirk Friedrichshain von zwei Skinheads bewußtlos geschlagen worden sei. Wie sich später herausstellte, hatte die Frau die Geschichte nur erfunden, um ihrem Ehemann zu erklären, wo sie die Nacht verbracht hatte.
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