„Der alte Nationalstaat als politischer Körper ist ausgehöhlt“, sagt Ulrike Guérot. Die deutsch-französische Politikwissenschaftlerin lehrt an der Donau-Universität Krems in Österreich und gilt als „Europa-Aktivistin“. 2013 verfasste sie mit dem Schriftsteller Robert Menasse ein Manifest für die Begründung einer europäischen Republik, die ihrer Meinung nach schon in wenigen Jahrzenten kommt.
2016 legte Guérot mit ihrem Buch „Warum Europa eine Republik werden muss“, Untertitel: „Eine politische Utopie“, ein engagiertes Plädoyer für ein Europa der Regionen nach. Ihr wichtigstes Argument: „Die Region ist der natürliche politische Organisationsrahmen.“
Der Nationalstaat steckt in der Krise. Globalisierung (und EU) knabbern von oben an seiner Souveränität. Von unten fordert die Zivilgesellschaft mehr Mitsprache und Transparenz.
Nur die Demokratie setze weiter auf Methoden aus dem 19. Jahrhundert: Repräsentation und Nationalstaat. „Die Frage ist: Wie wollen wir den Modernisierungsschub überstehen – nur durch nationalstaatliche Regression oder durch etwas Neues?“, fragt Guérot provokant.
Sie plädiert für einen dritten Weg: ein Europa der Regionen. Guérot verweist auf europäische Landkarten – mit den Stadtrepubliken aus dem Mittelalter und von heute. Was die kleingliedrige Einteilung betrifft, sind die Abbildungen fast deckungsgleich. 50 bis 60 Regionen sind darauf zu sehen mit je fünf bis zehn Millionen Einwohnern.
In Deutschland könnte sich etwa eine Region Sachsen rund um die Zentren Dresden und Leipzig konstituieren