Aus der TAZ:
Vor allem in Bezug auf Putin argumentiere ich psychologisch und psychoanalytisch. Er ist für mich ein Psychopath, und ich will verstehen, wie er tickt. Ich zitiere Masha Gessen, die den Terminus des Todestriebs für Putins Charakterzüge ins Spiel gebracht hat. Auch der Begriff der Nekrophilie trifft meines Erachtens bei Putin zu, Erich Fromm hat Nekrophilie definiert als „die Leidenschaft, das, was lebendig ist, in etwas Unlebendiges umzuwandeln; zu zerstören um der Zerstörung willen.“
Und natürlich ist es auch immer eine psychologische Frage, warum die Russen all das mit sich machen lassen. Warum sind laut Levada-Institut 75 Prozent der Russen für den Krieg?
Auch wenn ich mich im privaten Kreis umhöre, bin ich oft erstaunt, wie viele gebildete Menschen den Krieg unterstützen.
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Sie beschäftigen sich mit der Grausamkeit der Roten Armee und jener des russischen Militärs heute.
Woher kommt diese Grausamkeit?
Vielleicht ist es so, dass die Unterdrückung in diesem Staat seit 1917 eine Kehrseite hat. Sie hat eine Obrigkeitshörigkeit hervorgebracht, die für eine aufgestaute Aggression bei den Menschen sorgt.
Die andauernde Unfreiheit erzeugt eine unterschwellige Wut.
Wenn es eine Gelegenheit gibt, diese straflos herauslassen, wird sie wahrgenommen.
Der Krieg ist so eine Gelegenheit.
Sie schildern den Fall des Unternehmers und hochbegabten Informatikers Waleri Pschenitschny, der 2018 in seiner Zelle tot aufgefunden wurde. Dieser Fall ist im Westen wenig bekannt.
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Link ist auf russisch
Ja. Ich habe mit seiner Familie gesprochen und mir von den Angehörigen die Hintergründe erklären lassen. Waleri Pschenitschny hat unter anderem 3-D-Softwaremodelle für U-Boote entwickelt, mit denen man aus großer Entfernung Schäden diagnostizieren kann. Er hat einen Auftrag über rund 100 Millionen Euro vom russischen Verteidigungsministerium bekommen. Der russische Geheimdienst FSB wollte offenbar etwas davon abhaben, Offiziere sind bei ihm zu Hause erschienen und haben Geld verlangt. Das hat mir sein Sohn bestätigt. Als *Pschenitschny sich weigerte, hat man ihn nach drei Wochen Gefängnis einfach bestialisch ermordet und ihn offenbar zuvor vergewaltigt.
Sie schreiben, Russland müsse „besiegt“ werden – und sind diesbezüglich sehr viel klarer als zum Beispiel Olaf Scholz.
Ja, im Interesse Russlands bin ich dafür. Wenn dieser Staat neu anfangen will, muss er besiegt werden. Mit einer „Gesichtswahrung“ Putins und Russlands, so wie Emmanuel Macron das vergangenes Jahr vorschlug, würde man Russland nur die erneute Verdrängung ermöglichen. Ein weiteres Mal, nach der fehlenden Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen. Sie sollten ihr Gesicht eben nicht wahren dürfen