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Thema: In Memoriam Gartenschläger

  1. #11
    Mitglied Benutzerbild von Klopperhorst
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von Merkelraute Beitrag anzeigen
    Hier ist ein Bild von ihm: Die Kommunisten haben 120 mal auf ihn geschossen.
    Nicht "die Kommunisten", sondern Grenzsoldaten im Dienst.
    Das waren auch nur normale Leute, die jederzeit mit Schüssen westlicher Agenten und solcher Kräfte rechnen mussten.

    ---
    "Groß ist die Wahrheit, und sie behält den Sieg" (3. Esra)

  2. #12
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von kotzfisch Beitrag anzeigen
    Erinnerung
    Am Tag, als Michael Gartenschläger starb
    Das Leben und der Tod eines Helden der Freiheit

    Aus EF.....Danke

    Am 30. April 1976, einem Freitag, verteidigte Box-Weltmeister Muhammad Ali seinen Titel gegen Jimmy Young im Schwergewicht. Der äußerst umstrittene Kampf, der nicht durch k. o., sondern durch Punkte entschieden werden sollte, sorgte noch tagelang für Kontroversen. Am 30. April 1976, einem Freitag, wurde Victor H. Glover in der sonnigen kalifornischen Stadt Pomona geboren. Ein Afroamerikaner, der 2012 den ersten regulären Flug des SpaceX Crew Dragons zur internationalen Raumstation ISS durchführen sollte.

    Am 30. April 1976, einem Freitag, starb, gerade 32 Jahre alt, Michael Gartenschläger nach einem Schusswechsel im Sicherungsabschnitt der zwölften Grenzkompanie Leisterförde.

    Strausberg ist in den 50ern sicher einer der idyllischsten Orte im Umkreis von Berlin, angeschmiegt an einen fast vier Kilometer langen See, der den Namen der Stadt teilt. Hier kommt im Januar 1944 Michael Gartenschläger in einer zumindest nach außen hin unpolitischen Familie zur Welt. Der Junge hat wuscheliges Haar, ausgeprägte Wangenknochen und etwas abstehende Ohren, die ihm insgesamt einen ungemeinen Lausbubencharme verleihen.

    Das Land aber, in das er hineingeboren wird, ist kein Land für Lausbuben. Hier können selbst schon Witze über den Genossen Staatsratsvorsitzenden Karrieren beenden und Leben zerstören. Doch der junge Gartenschläger ist ein Rebell im Herzen und schaut geringschätzig auf die erzwungene rote Kleinbürgerlichkeit des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Die Schule, die jeden Morgen mit dem Fahnenappell beginnt, die Thälmann-Pioniere und die blauen FDJ-Tüchlein vermögen ihm nichts zu geben. Nach der achten Klasse geht er von der Schule ab, um eine Lehre zu beginnen.

    Doch Michaels wahre Leidenschaft ist der Rock 'n' Roll, der auf Schallplatten und Funkwellen über die noch durchlässige innerdeutsche Grenze schwappt. Neben den bekannten Größen wie Elvis hat es ihm vor allem der Westberliner Ted Herold angetan, der im Radio Luxemburg Elvis auf Deutsch covert. Michael, nun Teil einer kleinen unbeugsamen Gruppe, die sich die „furchtlosen Fünf“ nennt und allerlei kleines Unheil anrichtet, findet sich wieder in Liedern wir Crazy Boy. Oft fahren die Freunde nach Westberlin und haben dort ihren kleinen Teil am American Way of Life.

    Es ist der 13. August 1961, ein regnerischer Tag, der Michaels Leben für immer verändern wird. Aus einem kleinen Kofferradio dringt die Meldung: Ein „antifaschistischer Schutzwall“ werde errichtet – die DDR sperre ihre noch nicht bereits geflohene Bevölkerung ein. Michael und seine Freunde sind empört. Die Freunde beginnen Graffitis zu pinseln: „Kommunisten raus!“, „Macht das Tor auf“ oder auch einfach: „SED nee“.

    Dann, während die Mauer sich unbeeindruckt schließt, zünden die Teenager eine freistehende Scheune an. Das Tatortfoto der Stasi wird am nächsten Tag einen undefinierbaren verkohlten Haufen zeigen. Am 19. August schließlich klopft es an die Tür, Michael wird verhaftet. Es folgen Tage, dann Wochen voller Demütigungen, Gewalt und Isolation. Am 15. September titelt schließlich die Zeitung triumphierend: „Brandts Natterngezücht wird ausgemerzt.“

    Am Folgetag wird das Urteil gegen die „konterrevolutionäre Verbrecherbande“ gefällt: lebenslänglich – und das auch nur, weil Micha und seine Freunde zu jung für die Todesstrafe sind. Es folgen dunkle Jahre in der Jugendstrafvollzugsanstalt Torgau und im Zuchthaus Brandenburg – Jahre voll kurzer Momente der Hoffnung und endloser Stunden der Verzweiflung, wenn Micha die Unentrinnbarkeit bewusst wird. Verbissen kämpft er gegen die Verzweiflung an, liest sich mit unbändigem Hunger quer durch die gesamte Gefängnisbibliothek, von Altertum bis Philosophie.

    Auf der anderen Seite der Gefängnisalltag: mit elf anderen in einer winzigen Zelle eingezwängt, in der die einen noch essen, während die anderen auf dem einzigen stinkenden Kübel, der sich darin befindet, ihre Notdurft verrichten. Als „Politischer“ teilt sich der inzwischen 20-Jährige, den jetzt alle Mike nennen, seine Zelle mit Triebtätern und Mördern. Kontakte zur Familie und Außenwelt gibt es kaum noch, die Tage sind angefüllt mit stundenlanger Arbeit.

    Doch Michaels Geist ist noch immer nicht gebrochen. Schon mehrfach hat er versucht zu entkommen, mit immer neuen Basteleien. 1969 schließlich gelingt es ihm unter den Augen seines Stasi-Offiziers, eine Transportkiste zu präparieren. Er gelangt verladen als Speditionsgut bis zum Außenbereich des Gefängnisses, dann wird er geschnappt und in Isolationshaft gesteckt. Nur kurze Zeit später erklettert er einen der 50 Meter hohen Schornsteine der Anlage, fordert unter den Augen von Mithäftlingen und hektischem Sicherheitspersonal die Aufhebung der Isolation – auch außerhalb der Anstalt beginnen sich die Passanten zu sammeln. Schließlich gibt, zur Überraschung aller, vermutlich auch zu ihrer eigenen, die Leitung nach. Die Isolationshaft wird vorzeitig beendet.

    Der Stempel der Postkarte zeigt den 6. Juli 1971 – darauf abgebildet eine Stadt mit hohen Betongebäuden und davor ein VW Käfer. Es ist Gießen und die Karte stammt von Michael Gartenschläger. Nach rund einem Jahrzehnt ist Michael frei. Freigekauft vom Westen. Ein Wunder, das er nicht zuletzt einer gewissen Frau Fritz aus Hamburg verdankt, einer wohlhabenden Reederwitwe die sich mit ihrem Hilfswerk der helfenden Hände jahrelang vom Westen aus für die Freilassung der jungen Rebellen eingesetzt hat.

    Doch Michael ist noch nicht fertig mit der DDR. Kühn fährt er schon bald dank des Transitabkommens in die DDR – es ist sicher auch ein unbändiger Akt gegen die eigene Angst. Doch Michael ist in den Jahren der Haft hart geworden, gegen sich und gegen jenen zweiten deutschen Staat. Schon bald sitzen seine Fahrbegleiter nicht mehr nur im Nebensitz, sondern kauern im Kofferraum, um so unbemerkt über den Todesstreifen in die Freiheit zu gelangen.

    Doch nicht nur in der DDR wird Michael Fluchthelfer für über 30 Menschen, von denen er sechs persönlich über die Grenze bringt. Es verschlägt ihn sogar einmal nach Rumänien, wo er einen Pfarrerssohn retten will. Die Flucht misslingt, nachdem die Fliehenden eine Schranke durchbrochen haben, und so sitzt Gartenschläger 1973 wieder in einem sozialistischen Gefängnis – diesmal in einem jugoslawischen. Doch mit einem Löffel gelingt es dem ausgebildeten Schlosser zu entkommen und sich nach Deutschland durchzuschlagen.

    Februar 1976. Es ist eine kurze Zeitungsmeldung von gerade einmal fünf Zeilen, die Michael zum erneuten Handeln treiben. Wieder ein Toter an der Grenze – Selbstschussanlage. „Wir müssen etwas tun“, sagt Michael bestimmt, denn er ist überzeugt davon, dass nur internationaler Druck das DDR-Grenzregime mildern könne. Es ist ein mutiger Entschluss, denn Michael hat inzwischen einiges zu verlieren. Neben seinem unablässigen Engagement hat er sich eine berufliche Existenz aufgebaut: eine gut laufende Tankstelle, inklusive Reparaturwerkstatt. Doch weder das noch seine Freundin Brigitte schaffen es, gegen seine Entschlossenheit anzukommen.

    Bereits einige Tage später beginnen Michael Gartenschläger und seine Freunde – die meisten von ihnen wie Michael DDR-Flüchtlinge – mit den Erkundungen an der innerdeutschen Grenze. Ihr Ziel: der Abbau einer Selbstschussanlage. Quer durch einen neu gepflanzten Kiefernwald arbeiten sie sich auf den Grenzknick bei Wendisch/Rietz zu und schießen Fotos.

    Am 1. April schließlich, nachdem er beinahe von einem gescheiterten Abbauversuch getötet worden wäre, gelingt Michael das Unmögliche: In seinen Händen hält er das kalte lackierte Metall der SM-70-Sprengfallen, von denen es insgesamt rund 71.000 an der Mauer gibt. Es wird eine große Geschichte im „Spiegel“ mit dem Titel „Tödliche Würfel“, der die DDR-Führung der Lüge überführt. Hinter den Kulissen kommt der gesamte Apparat der Staatssicherheit in hektische Bewegung – eine tödliche Bewegung.

    Kurze Zeit nach dem ersten Abbau gelingt es Michael erneut, die DDR-Sicherheit zu düpieren, als er eine zweite Anlage entwendet. Am 30. April 1976, einem Freitag, nähern sich Michael und seine Freunde dann ein drittes Mal der Grenze. Kurz zuvor hatte Michael noch Geld auf die Bank gebracht, um jenes Haus zu kaufen, in dem er gemeinsam mit seiner Freundin wohnt. Was weder Michael noch seine Freunde wissen: Ausgestattet mit Nachtsichtgeräten lauert in der Dunkelheit bereits seit einer Woche eine schwerbewaffnete Todesschwadron der Stasi. Kurz vor Mitternacht kommt es zum Feuergefecht.

    Am 30. April 1976, einem Freitag, stirbt, gerade 32 Jahre alt, Michael Gartenschläger nach einem Schusswechsel im Sicherungsabschnitt der zwölften Grenzkompanie Leisterförde. Er hatte mit ungebrochenem Willen zehn Jahre im Zuchthaus gesessen, 31 Personen zur Flucht aus der DDR verholfen, ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut, die Stasi-Anstaltsleitung bezwungen, war einem jugoslawischen Gefängnis entkommen, hatte halb Westeuropa und auf einer abgebrochenen Geiselbefreiungsmission Libyen bereist und die Selbstschussanlagen der DDR weltweit bekannt gemacht. Am 30. April 1976, einem Freitag, stirbt, gerade 32 Jahre alt, Michael Gartenschläger – ein wahrer Held.
    So viele Jahre hat es gedauert. Aber Wunder geschehen wenn man nicht mehr an sie glaubt. Danke für diesen schönen Beitrag.
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  3. #13
    Rufer in der Wüste Benutzerbild von Merkelraute
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Nicht "die Kommunisten", sondern Grenzsoldaten im Dienst.
    Das waren auch nur normale Leute, die jederzeit mit Schüssen westlicher Agenten und solcher Kräfte rechnen mussten.

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    Die Auftraggeber waren die Kommunisten. Übrigens gab es in dem Regime auch andere Berufe, die man ausüben konnte. Genau so wie heute.

  4. #14
    Mitglied Benutzerbild von Klopperhorst
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von Merkelraute Beitrag anzeigen
    Die Auftraggeber waren die Kommunisten. Übrigens gab es in dem Regime auch andere Berufe, die man ausüben konnte.

    Man muss sich in jedem Land an die Gesetze und Regeln halten, auch wenn sie einem nicht gefallen.
    Dieser Typ war einfach unreif. Ein Aufschneider, Querulant, notorischer Provokateur, der in jedem System mit den Behörden kollidiert wäre!

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  5. #15
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Nicht "die Kommunisten", sondern Grenzsoldaten im Dienst.
    Das waren auch nur normale Leute, die jederzeit mit Schüssen westlicher Agenten und solcher Kräfte rechnen mussten.

    ---
    Offiziell gabs ja keinen Schießbefehl. Mein Kollege, etwas jünger als ich, sagt was anderes. Der hat bei den Grenztruppen gedient und es war eindeutig vorgeschrieben, Bürger der DDR vom Grenzübertritt auch mit Waffengewalt abzuhalten. Die Mauertoten belegen das auch.

    Da gabs genug 120%er, die ihren Dienst an der Waffe mehr als nur vorbildlich erfüllten.

    Micha war ein Sohn der Stadt in der ich jetzt lebe und in der auch Sigmund Jähn seinen Alterssitz hatte. Nach ihm wurde nicht mal ne Strasse benannt!
    __________________

    Ein Zeichen von Intelligenz ist der stetige Zweifel.
    Idioten sind sich immer todsicher.
    Egal was sie tun!

  6. #16
    Rufer in der Wüste Benutzerbild von Merkelraute
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von pixelschubser Beitrag anzeigen
    Offiziell gabs ja keinen Schießbefehl. Mein Kollege, etwas jünger als ich, sagt was anderes. Der hat bei den Grenztruppen gedient und es war eindeutig vorgeschrieben, Bürger der DDR vom Grenzübertritt auch mit Waffengewalt abzuhalten. Die Mauertoten belegen das auch.

    Da gabs genug 120%er, die ihren Dienst an der Waffe mehr als nur vorbildlich erfüllten.

    Micha war ein Sohn der Stadt in der ich jetzt lebe und in der auch Sigmund Jähn seinen Alterssitz hatte. Nach ihm wurde nicht mal ne Strasse benannt!
    Offenbar sitzen die Kommunisten immer noch an den Schalthebeln, um all ihre Verbrechen zu verheimlichen.

  7. #17
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von pixelschubser Beitrag anzeigen
    Offiziell gabs ja keinen Schießbefehl. Mein Kollege, etwas jünger als ich, sagt was anderes. Der hat bei den Grenztruppen gedient und es war eindeutig vorgeschrieben, Bürger der DDR vom Grenzübertritt auch mit Waffengewalt abzuhalten. Die Mauertoten belegen das auch.

    Da gabs genug 120%er, die ihren Dienst an der Waffe mehr als nur vorbildlich erfüllten.

    Micha war ein Sohn der Stadt in der ich jetzt lebe und in der auch Sigmund Jähn seinen Alterssitz hatte. Nach ihm wurde nicht mal ne Strasse benannt!
    Leute, die sich in Lebensgefahr begeben, müssen damit rechnen, zu Schaden zu kommen. Es wurde ja niemand gezwungen, in die Grenzanlagen zu rennen. Und überall standen auch große Schilder, die davor warnten.

    In militärischen Sperrbezirken ist Schusswaffengebrauch zudem üblich. Gilt für jede Kaserne.

    Und die Blockgrenze war milit. Sperrbezirk.

    ---
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  8. #18
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von navy Beitrag anzeigen
    Michael Gartenschläger (* 13. Januar 1944 in Strausberg bei Berlin; † 30. April 1976 an der innerdeutschen Grenze ....

    In einem Urteil[2] vom 16. Februar 2005 hat der Bundesgerichtshof einen Angeklagten freigesprochen, dem vorgeworfen wurde, die Tötung Gartenschlägers organisiert und herbeigeführt zu haben; dabei wird unter anderem auf die Feststellung der Tatsacheninstanz abgestellt, dass das Landgericht nicht habe ausschließen können, dass Gartenschläger als erster geschossen habe. [Links nur für registrierte Nutzer]
    Unsere Justizhuren sind kein Stück besser als die der DDR!

    45 Jahre kommunistische Herrschaft und Terror durch die von der SED, jetzt Linke, eingerichtete Stasi sind nach der Wende nur noch für reißerische Boulevardpresse von Interesse gewesen. Es wurden Zigtausende Ermittlungsverfahren durchgeführt - mit dem Ergebnis:
    Keiner war schuld..... Honecker durfte auf unsere Kosten nach Chile fliegen und Krenz mußte nur im Knast übernachten.

    Seit fast 30 Jahren soll ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus errichtet werden - wenn überhaupt, dann an den Stadtrand nach Marzahn.

    Kein
    Reiner Zufall,
    ist doch diese BRD schon lange vor der "Wende" linksversifft gewesen.

  9. #19
    Rufer in der Wüste Benutzerbild von Merkelraute
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Leute, die sich in Lebensgefahr begeben, müssen damit rechnen, zu Schaden zu kommen. Es wurde ja niemand gezwungen, in die Grenzanlagen zu rennen. Und überall standen auch große Schilder, die davor warnten.

    In militärischen Sperrbezirken ist Schusswaffengebrauch zudem üblich. Gilt für jede Kaserne.

    Und die Blockgrenze war milit. Sperrbezirk.

    ---
    Leute, die in einem Unrechtsstaat in der Exekutive arbeiten, müssen auch damit rechnen, in anderen Zeiten zu Schaden zu kommen. Es wurde niemand gezwungen.

  10. #20
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    Standard AW: In Memoriam Gartenschläger

    Dann legen wir einfach nach: EIGENDORF

    Hier:

    1979 floh Lutz Eigendorf nach einem Spiel des BFC Dynamo in Kaiserslautern. Vier Jahre später, genau vor 30 Jahren, kam der Ex-Nationalspieler unter bis heute nicht geklärten Umständen ums Leben.
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    Eine Geschichte aus einer Zeit, die uns heute schon unwirklich erscheint, wird dieser Tage rund. Von einem Jubiläum zu sprechen, verbietet sich jedoch. Ein Gedenken an die nach wie vor diffusen Vorgänge vor 30 Jahren nicht.

    Wer verstehen will, muss wissen. Es ist mehr als ein Kapitel Bundesligageschichte. Es ist deutsche Geschichte aus einer Zeit, als es noch zwei Deutschlands gab, BRD und DDR. Weniger die Bevölkerungen als vielmehr die Systeme standen sich feindlich gegenüber. Westen gegen Osten, Sozialismus gegen Kapitalismus, Ein-Parteien-System gegen Demokratie, Reiseverbot gegen große Freiheit. "Go West" war damals mehr als Werbeslogan für eine Zigarettenmarke, es war für viele DDR-Bürger eine Sehnsucht.

    Wer sie sich zu erfüllen suchte, machte sich strafbar. Anfangs sprangen sie noch aus Fenstern und rannten nachts über die "grüne Grenze". Später als die Mauer und die Todeszäune standen, wurden Tunnel gegraben, sogar Ballons stiegen in den Himmel.

    Mysteriöser Autounfall
    Privilegierte Sportler hatten es etwas leichter. Besonders die Fußballspieler. Das Los führte sie zuweilen in den Westen, und es kam immer wieder mal vor, dass einer die Abfahrt des Mannschaftsbusses "verpasste". Michael Polywka, Norbert Nachtweih und Jürgen Pahl hießen die ersten Überläufer, die in der Bundesliga nach einjähriger Sperre auftauchten.

    Die Geschichte, die nun rund wird, spielt in den letzten Jahren des Kalten Krieges. Am 7. März 1983 starb der Braunschweiger Profi Lutz Eigendorf in Folge eines mysteriösen Autounfalls. Bis heute ist die Ursache ungeklärt, sein Tod ist eines der größten Rätsel in der 50-jährigen Ligageschichte. Unbestritten aber ist, dass es Menschen gab, die seinen Tod wollten. Die Frage, die sich jeder Kommissar stellt – wer hatte ein Motiv? – ist längst beantwortet.

    Die Stasi, der Staatssicherheitsdienst der DDR, hatte einen Mordauftrag erteilt. Der Flüchtling Eigendorf, der am 20. März 1979 nach dem Spiel seines BFC Dynamo in Kaiserslautern bei einem Stadtbummel ausgebüchst und mit dem Taxi zur Geschäftsstelle des FCK gefahren war und um Hilfe nachsuchte, sollte sein Leben im "Goldenen Westen" nicht länger genießen dürfen.

    "Gifte, Gase? Welche, wie, wo?"



    Der Mann hatte durch seine Flucht Stasi-Chef Erich Mielke persönlich beleidigt. Denn Mielke war Ehrenvorsitzender des Serienmeisters der DDR. Ein kritisches Fernsehinterview im Februar 1983 vor der Berliner Mauer im ARD-Magazin "Kontraste" soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Nach der Wende aufgefundene Dokumente im Papierschnipselsalat der Stasi-Unterlagenbehörde lassen keinen Zweifel daran, dass Eigendorf im Visier der Stasi stand.

    Unter der zynischen Überschrift "Personengefährdung" wurden am 13. September 1983 im Zusammenhang mit Eigendorf schriftlich verschiedene Mordmethoden und deren Vertuschung aufgeführt. "Gifte, Gase? Welche, wie, wo?" Auch von "verblitzen" und "Narkosemitteln" ist die Rede. Der Bundesnachrichtendienst stellte 1990 die Theorie auf, der Griff des Autos sei mit einem Kontaktgift besprüht worden, das über die Haut ins Blut gekommen sei und zu Atemlähmung geführt habe.

    Der Autor Herbert Schwan warf in seinem ARD-Film "Tod dem Verräter" anno 2000 auch auf Grundlage der Stasi-Dokumente eine andere Mordtheorie auf. Die Stasi habe Eigendorf in dessen Alfa Romeo gekidnappt, ihm mit dem Tod gedroht und mittels einer giftigen Substanz Alkohol eingeflößt.




    "Das war zu 95 Prozent Mord"



    Da Eigendorf an jenem 5. März 1983 ohnehin schon zwei kleine Bier in der Stammkneipe "Zum Cockpit" getrunken hatte, wie Mitspieler der Eintracht bezeugten, war er nun offenkundig fahruntüchtig. An der Unfallstelle soll ihn die Stasi dann "verblitzt" haben, also geblendet – auch dieses Wort findet sich in dem Dokument.

    All das ist Spekulation. Fakt ist, dass Eigendorfs Wagen in der fraglichen Nacht aus einer Rechtskurve flog und gegen eine Ulme krachte – und dass sich im Blut des Fahrers 2,2 Promille Alkohol fanden. Mehr als genug – und weit mehr als zwei Bier verursachen könnten. Seine Frau, die heute als Kommissarin in Kaiserslautern arbeitet, glaubte schon vor zehn Jahren: "Für mich deutet bis heute alles auf Mord hin." Der 2010 verstorbene Trainer Jörg Berger, selbst ein Flüchtling, schrieb in seiner Autobiografie, "das war zu 95 Prozent Mord".

    Aber selbst das Geständnis des Stasi-Spitzels Karl-Heinz F., als "IM Klaus Schlosser" getarnt, der 2010 vor dem Düsseldorfer Landgericht aussagte, dass er von der Stasi zwar einen offiziellen Mordauftrag für Eigendorf erhalten, aber nicht ausgeführt habe, macht keine 100 Prozent aus dem Fall.

    Anfang 2011 gab die zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig bekannt, dass es keine objektiven Hinweise auf ein Fremdverschulden gibt. Vielleicht finden sich in den Millionen zu Papierschnipseln gewordenen Unterlagen, die die Stasi vernichten wollte, die letzten Prozent Gewissheit. Bis dahin bleibt der Fall Eigendorf ein großes Rätsel und auf immer unendlich traurig.

    (Quelle: WELT Archiv)

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