ATLANTISCHER SKLAVENHANDEL
Wandsbek und der Sklavenhandel
An die
Familie Schimmelmann erinnert in Wandsbek noch das Mausoleum, ein klassizistischer Bau in Marktplatznähe, ferner zwei steinerne Löwen, die einst zum Schlosspark gehörten, und zwei Straßennamen. Als vor einigen Jahren der Wandsbeker Marktplatz umgestaltet wurde, sollte auch verdienter historischer Persönlichkeiten Wandsbeks gedacht werden, so auch Schimmelmanns. Ein Künstler war bald gefunden und eine Büste mit dem Kopf des früheren
Gutsbesitzers und
Sklavenhalters im Herbst 2006 aufgestellt.
Anfangs zeigte sich von offizieller Seite keine Reaktion, nachdem BürgerInnen und afrikanische Kulturvereine gegen die Ehrung Schimmelmanns protestiert hatten. Doch im
Sommer 2008 war das Kunstwerk wieder
abgebaut.
Die
Familie Schimmelmann und der Sklavenhandel
„Alles, was er anfasst, wird zu Gold“, sagten einst viele Zeitgenossen bewundernd über ihn und meinten damit Schimmelmanns beispiellosen Aufstieg vom bürgerlichen Kaufmann zum dänischen Schatzmeister (Minister), der in den Adelsstand erhoben, die Herrschaft über drei Landgüter ausübte und schließlich Schlossherr in Wandsbek war.
Seine politische Karriere wurde noch von seinen wirtschaftlichen Ambitionen übertroffen. Genau genommen bedingten sie einander. Denn als Minister und Kaufmann in Personalunion verquickte er geschickt staatliche Interessen mit privaten und konnte seinen Reichtum weiter mehren.
Doch ohne Schimmelmanns
Beteiligung am Handel mit afrikanischen Sklaven, die seinerzeit auch als
„Schwarzes Gold“ bezeichnet wurden, hätte er nicht den
Ruf eines wirtschaftspolitischen
Genies erlangen können.
Graf Heinrich Carl von Schimmelmann (1724-1782) herrschte über die Güter
Lindenborg/Dänemark, Ahrensburg und
Wandsbek. In Hellebek auf Seeland/Dänemark betrieb er eine Fabrik, wo eine große Belegschaft in mechanisierten Arbeitsgängen Flinten herstellte.
In einer Raffinerie in Kopenhagen ließ er Rohzucker von den westindischen Plantagen zu Weißzucker verarbeiten. Roggen vom Gut Ahrensburg kam als Branntwein in den Wirtschaftskreislauf, wöchentlich bis zu 1000 Liter. In Wandsbek wurde westindische Baumwolle zu Kattunstoffen verarbeitet bzw. bedruckt. Um die Kattunfabrik aufbauen zu können, erhielt der Wandsbeker Fabrikant Peter von Lengercke von Schimmelmann ein Darlehen. Schließlich waren dort bis zu 250 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Druckplatten für den Kattundruck stellte man ebenfalls in Wandsbek her. Die Straße Kattunbleiche erinnert noch an diese Zeit.
Darüber hinaus gehörten Schimmelmann
vier Plantagen auf den westindischen Inseln, die er dem dänischen König abgekauft hatte.
Obwohl der dänische Anteil an Besitzungen auf den karibischen Inseln im Vergleich mit England und Frankreich eher gering war, wird Schimmelmann in der historischen Literatur als größter Sklavenhalter Dänisch-Westindiens bezeichnet, der auch international zur Spitzengruppe gehört habe.
Sklavenhandel war der wichtigste Wirtschaftsfaktor im so genannten
Atlantischen Dreieckshandel mit seinen gigantischen Wirtschaftsströmen zwischen
Europa, Afrika und
Amerika. Zwar war es den europäischen Staaten mehr oder weniger mühelos gelungen, in Übersee Kolonien zu erwerben, auch mangelte es nicht an Plänen diese landwirtschaftlich zu nutzen, allerdings
fehlten allerorten
Arbeitskräfte.
Die Lösung schien nahe liegen, man brauchte sie nur aus Afrika auf die überseeischen Plantagen zu bringen. Dabei mischte der
„Global-Player“ Schimmelmann mit. Er schaffte es auch ohne die heute üblichen schnellen Kommunikationsmittel, seine Geschäfte zwischen den drei Kontinenten zu koordinieren.
Er verließ sich allein auf Personen seines Vertrauens, die ihm bis in alle Einzelheiten rechenschaftspflichtig waren und seine brieflich erteilten Anweisungen auszuführen hatten. Die meisten der in Europa hergestellten Waren gelangten auf Schiffen der Königlich-Ostseeischen-Guineischen Handelsgesellschaft, an denen Schimmelmann als Großaktionär beteiligt war, nach Afrika.
Dort verwendete man sie,
um Sklaven einzukaufen und das
Rekrutierungspersonal – Weiße wie Schwarze – zu entlohnen.
1750 betrug der „Marktwert“ eines männlichen Sklaven
96 Reichstaler, 30 Jahre später waren es bereits 160 Reichstaler. Dafür bekam der Sklavenhändler folgenden Gegenwert an Waren: 5 Flinten, 80 Pfund Pulver, 1 Anker Branntwein (38 Liter), 1 Stück Kattun zu 24 Ellen, diverse Textilwaren, diverse Stangen Metall.
1775 brachte das dänische Schiff Christiansborg Waren im Wert von 80.298 Reichstalern auf den dänischen Stützpunkt Christiansborg an der afrikanischen Goldküste: 2.458 dänische Flinten, 44.830 Pfund Pulver, 27.784 Pott dänischen Branntwein, 9.305 Pott Rum und 534 Stück dänischen Kattun.
Entlang der afrikanischen Goldküste lagen
viele Stützpunkte der Sklavenhandel treibenden europäischen Nationen. Jedes Fort versuchte, die Sklavenströme aus dem Landesinnern in sein Interessengebiet zu lenken. Um den „Nachschub“ sicherzustellen, hatten die Dänen
Verträge mit Küstenstämmen abgeschlossen, in denen festgelegt war, dass „dänische Sklaven“ nur an dänische Forts verkauft werden durften. Die Afrikaner wurden mithilfe der in Dänemark hergestellten Waffen eingefangen.
Überall entlang der Westküste spürten europäische Händler und Gesellschafter in harter Konkurrenz zueinander schwarze Menschen auf und verfrachteten sie zu Millionen über den Atlantik.
Die Verhältnisse an Bord waren brutal.
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