Der Spiegel / 24.11.2022
Homophobie in Russland
Duma verschärft mit neuem Gesetz Verbot von »LGBT-Propaganda«
In Russland ist nun jegliche positive Darstellung etwa von lesbischer und schwuler Liebe strafbar. Das hat die Duma mit einem neuen Gesetz beschlossen. Für Kulturschaffende
drohen ernste Folgen.
Die Rechte homosexueller und queerer Menschen sind in Russland bereits massiv eingeschränkt, nun verschärft das Land mit einem neuen Gesetz die Verfolgung erneut. Nach der Verabschiedung des Gesetzes über die so bezeichnete
»LGBT-Propaganda« durch die Staatsduma ist nun jegliche
positive Darstellung etwa von lesbischer und schwuler Liebe
strafbar.
Mit
LGBT bezieht sich das Gesetz auf die englische Abkürzung für
lesbisch, schwul, bisexuell und
Transgender. Betroffen sind nun beispielsweise
Beiträge in sozialen Netzwerken, aber auch
Inhalte von Büchern, Filmen, Medien und
Werbung. Bislang galt das
2013 erlassene Verbot nur für
Äußerungen und
Darstellungen, die in
Anwesenheit von Minderjährigen erfolgten. Bereits dagegen gab es immer wieder großen internationalen Protest.
Im Umgang mit
Kindern und
Jugendlichen wurde der
Verbotskatalog nun auch noch einmal
deutlich erweitert:
So dürfen an Minderjährige keinerlei Informationen über Geschlechtsangleichungen weitergegeben werden, die sie zu einem solchen Schritt ermutigen könnten. Aktivisten haben bereits vor Monaten vor der nun eingetretenen Gesetzesverschärfung gewarnt und befürchten eine noch stärkere Diskriminierung von homosexuellen und queeren Menschen in Russland.
Flucht ins Ausland
Bei Verstößen gegen die neuen Regelungen drohen
hohe Geldstrafen – Bürgerinnen und Bürgern bis zu
200.000 Rubel (knapp 3200 Euro), Unternehmen und Organisationen bis zu
fünf Millionen Rubel (knapp 80.000 Euro).
Kinofilmen wiederum soll die Verleihlizenz verwehrt werden, wenn sie aus Sicht der russischen Justiz
»nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen fördern«. Viele kritisch eingestellte Kunst- und Kulturschaffende sind ohnehin bereits ins Ausland geflohen – auch angesichts des seit neun Monaten andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Doch auch unter den Verbliebenen sorgt das neue LGBT-Gesetz für große Verunsicherung. So brachten nach Informationen der Zeitung »Kommersant« kürzlich mehrere Verlage in einem Brief an den russischen Buchverband Bedenken zum Ausdruck. Ein Verlag etwa habe angemerkt, dass ihm nun sogar die Erwähnung bestimmter historischer Fakten zum Verhängnis werden könnte.
mrc/dpa
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